Sporno ist das neue Metro

Männer wollen neuerdings aussehen wie sportliche Pornostars.

Die Muskeln gestählt, die Tattoos großflächig darauf verteilt, die Körperhaare penibelst entfernt. Die Männer, die Designer Philipp Plein vor ein paar Wochen in Mailand über den Laufsteg schickte, strotzten nur so vor maskuliner Perfektion. Nun gut, ist ja auch ihr Job.

Doch Models sind längst nicht mehr die einzigen Männer, die aus ihrem Körper ein Gesamtkunstwerk formen. Profi-Fußballer à la Cristiano Ronaldo führen aktuell bei jedem WM-Match eine neue, geometrisch getrimmte Frisur aus. Zusammengewachsene Augenbrauen? Ungezähmter Bartwuchs? Tattoo-lose Arme? Schwere Fouls in Kicker-Kreisen.

Ego-fixiert

Cristiano Ronaldo ist spornosexuell. Genauso wie Hollywood-Schönling Zac Efron, Pop-Bubi Justin Bieber und Millionen anderer Männer, die ihre freie Zeit auch abseits der Badehosensaison im Fitnesscenter verbringen. Spornosexuell wurde von den Medien zum Nachfolger von metrosexuell erkoren. Wir erinnern uns: Das waren jene heterosexuellen Männer, die bei "Nägeln" plötzlich nicht mehr zuerst an den Werkzeugkasten dachten.

Sporno ist das neue Metro

Zac Efron poses after he threw off his shirt as he
Sporno ist das neue Metro

Portugal's soccer star Ronaldo poses during the la
Sporno ist das neue Metro

REUTERSItalys Mario Balotelli celebrates after scoring his second goal against Germany during their Euro 2012 semi-final soccer match at the National stadium in Warsaw, June 28, 2012. REUTERS/Leonhard Foeger (POLAND - Tags: SPORT SOCCER)
Sporno ist das neue Metro

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Sporno ist das neue Metro

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Der Erfinder ist in beiden Fällen Mark Simpson, ein britischer Journalist. In einem Essay im Telegraph hob er nun – etwa ein Jahrzehnt nach der Geburtsstunde des Metro-Mannes – den Spornosexuellen aus der Taufe. "Sporno" setzt Simpson aus "Sport" und "Porno" zusammen – weil die betroffenen Männer sehr viel Sport machen und aussehen wie Pornodarsteller. Das passt, denn in beiden Bereichen hat sich das Körperbild in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Schmächtige Kerle mit – Gott bewahre! – Bauchansätzen sind heute weder am Tennisplatz noch im Pornofilm erwünscht.

Eitel ist in

Mit der Annäherung an weibliche Attribute hat der neue Körperkult nichts zu tun. Spornosexualität, das ist auf die Spitze getriebene Männlichkeit, Testosteron pur. Spornos interessieren sich nicht für Frauen – und schon gar nicht für Männer –, nicht für Mode, nicht für Stil. Sie interessieren sich für sich selbst. Jede Muskelfaser ist ein Statussymbol. Ich trainiere, also bin ich.

In seinem Essay führt Simpson den Trend zur Körper-Schau auf die Neuen Medien zurück. Seine These: "Für die heutige Generation sind Selfies, soziale Netzwerke und Pornos die zentralen Eckpunkte der Begehrlichkeit. Sie wollen für ihren Körper begehrt werden."

Eitelkeit galt lange Zeit als unmännlich. Jetzt ist sie nicht nur salonfähig, sondern auch Karriere-Helfer, erklärt Trendforscher Peter Wippermann. "Unsere Gesellschaft ist überaltet, Jugend noch wichtiger geworden. Es ist erwiesen, dass gut gepflegte Männer 15 Prozent mehr verdienen als andere." Das physische Fine-Tuning dient auch dem Liebesleben. Simpson: "Die plötzliche Lust an der eigenen nackten Erscheinung ist eine ganz natürliche Entwicklung im Paarungsverhalten mit den emanzipierten Genossinnen." Falls für Paarungsverhalten zwischen Fitnessstudio und Haar-Waxing überhaupt noch Zeit bleibt.

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