Sommer-Schnitzerei: Den Feitel immer im Sack

Sommer-Schnitzerei: Den Feitel immer im Sack
Klappmesser waren die Stars unserer Kindheitsabenteuer. Ein Engländer erinnert uns daran und gibt Schnitz-Tipps.

Die Lausbuben von früher lösten alles mit dem Taschenmesser, junge wie alte: vom Würmersezieren nach dem Regen über das Apfelteilen auf der Alm bis zum Pflasterzurechtschneiden, nachdem man sich mit dem Taschenmesser verletzt hatte. Diese immer gleiche Problembewältigung haben wir alle beim ständig schnitzenden Tom Sawyer gelernt oder bei Captain Ahab, als er die „sechs Zoll lange Klinge“ seines Messers in Moby Dick stieß, um „die tiefliegende Lebensader des Wals aufzureißen“. Solch Zauberkraft wurde dem Messer oft zugeschrieben, Rambos Machete gegen Hunderte Soldaten, Crocodile Dundees Buschmesser gegen New York und MacGyver verteidigte den Weltfrieden immer wieder mit dem kleinen Schweizer Alleskönner.

Aktuell zeigt Matt Collins im neuen Buch, warum wir diesen Sommer unmöglich ohne Taschenmesser aus dem Haus gehen sollten.

 

Sommer-Schnitzerei: Den Feitel immer im Sack

Der Engländer appelliert an ein Kindheitsgefühl, den Feitel immer in der Tasche, das Abenteuer immer vor der Nase. Feitel ist der österreichische Dialektausdruck für das, was Deutsche Klapp- oder Fixiermesser und Schweizer Sackhegel nennen. Das älteste Modell wurde in Hallstatt gefunden, ein keltisches Klappmesser aus der Zeit 600 v. Chr., auch die Römer kämpften nachweislich mit Ähnlichem. Ab dem Spätmittelalter entstanden in Europa mehrere Formen, etwa das heute traditionelle spanische Navaja mit leicht gebogener Klinge. Aus dem entwickelte sich das französische Laguiole, das allerdings fast immer einen Holzgriff hat. Eine Spezialmarke davon, das Opinel (siehe großes Bild oben), wurde im Französischen zum Synonym für „Klappmesser“. Außerhalb Europas wurde vor allem das japanische Higonokami berühmt, das stark unserem Rasiermesser ähnelt. Sie alle einte das Prinzip der einklappbaren Klinge, was den Transport sicherer machte und die Klinge länger scharf hielt.

 

Sommer-Schnitzerei: Den Feitel immer im Sack

Ein einfacher Bescheid der Schweizer Armee im Jahr 1891 legte die Basis für den späteren Lausbuben-Fetisch: Alle Soldaten sollten mit einem klappbaren Messer ausgestattet werden, das beim Essen und Gewehrzerlegen hilft. Daher hatte das Schweizer Messer – der spätere Star unter den Feiteln – Klinge, Dosenöffner, Schlitzschraubenzieher und Spitzbohrer. Der Kampfeinsatz war nicht vorgesehen, daher entschied man sich für kurze Schneide und den so genannten „Zweihand“-Öffnungsmechanismus. Noch heute werden Messer danach eingeteilt: Braucht man beide Hände oder nur eine zum Öffnen („Einhandmesser“).

Schnitz it yourself

Mit „Das Taschenmesser“ holt Matt Collins nun Feitel & Co. wieder vor den Vorhang. Der englische Gärtner entwickelte seine Schnitz-Passion über Jahrzehnte und weiß, dass sich Schnitzen in die Liste sinnloser, quasi-meditativer Beschäftigungen einfügt, die zuletzt so populär waren: Häkeln oder Marmelade einkochen oder Bildvorlagen ausmalen etwa. Menschen suchen die Ruhe im Tun und Collins bringt dazu Vorschläge: 50 Ideen – er nennt sie „Knife-Hacks“ – von Brieföffner und Pfannenwender über Zelt-Hering und Kopfhörer-Spule bis zur Karottenflöte. Die Projekte eignen sich für Anfänger, dauern zwischen zwei Minuten und ein paar Stunden und werden gut erklärt. Dazu gibt es Wissen zu Messer, Schnitzmaterial und -techniken. Für Lausbuben auch: „Wie man einen Fisch ausnimmt.“ Tom Sawyer wäre stolz auf uns.

Captain Ahab auch.

Sommer-Schnitzerei: Den Feitel immer im Sack

Buchtipp: „Das Taschenmesser – 50 geniale Knife-Hacks“ von Matt Collins, mit Illustr. von Maria Nilsson. Knesebeck Verlag, 12,40 €

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