Was im Körper eines Astronauten passiert

Scott Kelly
Zwei Astronauten arbeiteten ein Jahr auf der ISS. Nach ihrer Landung am Mittwoch werden sie erforscht.

Noch zwei Tage: "2 days left and a wake-up", schreibt US-Astronaut Scott Kelly auf seinem Twitter-Account. Eine Formulierung, die einst Vietnam-Soldaten benutzten, wenn sie zurückkehrten. Der 52-Jährige aus New Orleans hat zwar in keinem Krieg gekämpft, aber durchaus sein Leben riskiert. Im Dienste der Wissenschaft. Er und sein russischer Kollege Michail Kornijenko verbrachten fast ein Jahr auf der Internationalen Raumstation ISS, die sich 400 Kilometer über der Erde befindet. So lange wie noch kein Mensch zuvor. Unbeeinflusst von dem, was sich politisch zwischen ihren Herkunftsländern auf der Erde abspielte.

Körper baut ab

Auf einer Friedensmission waren die beiden aber nicht. Sie sollten wichtige medizinische Erkenntnisse sammeln – für bemannte Flüge zum Mars. Das erklärte Julie Robinson, NASA-Forschungsleiterin, vergangenes Jahr bei einer Konferenz in Wien: "Wir konnten viel bei unseren sechsmonatigen Missionen lernen, aber wie sich der Zustand der Astronauten über einen längeren Zeitraum auf ihren Körper auswirkt, wissen wir noch nicht."

Was bereits bekannt ist: Der Körper baut im All alles ab, was er nicht braucht. Die Schwerelosigkeit schwächt Knochen und Muskeln, genauso wie Sehvermögen und Immunsystem. Umso mehr achten die betreuenden Ärzte darauf, dass Astronauten für ihre Mission topfit sind, diesen Zustand konservieren und so ins All fliegen. Sie haben später möglichst wenige negative Effekte und können sich schneller rehabilitieren. Das zeigte sich auch beim deutschen Astronauten Alexander Gerst, der sechs Monate auf der ISS war. Nach seiner Rückkehr musste er ein intensives Reha-Programm mit Gymnastik, Massagen und Physiotherapie absolvieren. Es dauerte nur eine Woche, bis sein Immunsystem wieder in Schwung kam.

Weltraum-Salat

Für die Astronauten Kelly und Kornijenko wird es schwieriger. Sie verbrachten doppelt so viel Zeit in Schwerelosigkeit. Laut NASA wird neben der mangelnden Kraft auch die Ernährung einer großen Umstellung bedürfen. Denn frisches Obst und Gemüse gab es auf der ISS selten. Nur ein Mal aßen sie eigens auf der Raumstation gezüchteten Römersalat. Es war das erste Mal, dass dort ein solches Gewächs verspeist wurde. Die Hälfte mussten sie aber übrig lassen – sie wurde eingefroren und wird mit auf die Erde fliegen. Die NASA will auch die Verpflegungsmöglichkeiten für eine Mars-Mission untersuchen – und wissen, wie Gemüse in der Schwerelosigkeit wächst.

Wie sich der Körper der Astronauten nach 340 Tagen im All verändert hat und ob sie es eigenmächtig aus der Sojus-Kapsel schaffen, zeigt sich am Mittwoch. Eine wichtige Rolle wird auch Scott Kellys Zwillingsbruder Mark spielen: Er ist ebenfalls Astronaut, blieb aber auf der Erde. Er ist der ideale Vergleichsproband, um zu sehen, wie sich Scott Kelly während seiner Jahres-Mission verändert hat.

Einen neuen Freund hat der Amerikaner durch seine Mission jedenfalls gefunden. In einer Video-Grußbotschaft aus dem All erklärte der russische Astronaut Michail Kornijenko, mit Blick auf seinen US-Kollegen: "Eine Freundschaft im All ist für immer."

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