Das sind die Bad-Vorlieben der Österreicher

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Die Sommersaison ist eröffnet. Hierzulande zieht es die Menschen nach wie vor ins öffentliche Bad und an den See mit Zusatzangebot. Im ländlichen Bereich wollen viele ihren eigenen Pool.

"Wem heiß ist, der sucht sich die nächstbeste Abkühlung." Martin Kotinsky von der MA 44/Wiener Bäder sieht die Sommerfreuden zwischen blitzblauen Pools und grünen Liegewiesen ganz pragmatisch. Seine Kollegen sind bereits seit 1. April im Einsatz. Die Becken wurden geputzt, in Stand gesetzt und ab 20. April mit Wasser gefüllt. Im Moment liegt die Auslastung von der Alten Donau bis zum Krapfenwaldbad bei 33 Prozent, die Wassertemperaturen bei 20 C steigend.

Die Badesaison ist eröffnet – Zeit fürs Planschen und Rutschen, fürs Flirten und Faulenzen, für zügige Tempi, gewagte Sprünge und seichte Abkühlung, für Pommes und Eis und das Aufblasen von Luftmatratzen, Reifen, Flügerln und Bällen. Die Wiener Bäder rechnen bis Mitte September mit gleichbleibenden Besucherzahlen: 1,6 Millionen bei schlechtem Wetter. 3,2 Millionen unter günstigsten Bedingungen. "Die privaten Pools, die in Wien vor allem in den 1990er-Jahren in Mode kamen, haben uns nie getroffen", sagt Kotinsky.

Private Schwimmanlagen boomen in ländlichen Gebieten mit günstigen Grundstückspreisen mehr als im urbanen Bereich. Insider wissen, dass der Pool neben dem See keine Ausnahme ist: "Die Österreicher sind Häuselbauer, sie wollen ihre eigenen vier Wände, da gehört das Schwimmbad dazu", sagt Hans Poinstingl, Präsident des Verbands der Schwimmbad- und Saunawirtschaft. Der Markt sei gesättigt, die Nachfrage nach Qualitätsprodukten nach wie vor da. Viele Jungfamilien z.B., die es beim Hausbau beim Becken billig gegeben haben, tauschen später den aufblasbaren Aufstellpool gegen ein versenktes Stahlwand-Becken. "Früher waren die Becken teilweise größer. Jetzt sind die Leute mit 8-Meter-Becken zufrieden und werten es mit Technik wie Massagestation oder Gegenstromanlage auf", kennt Poinstingl die Kundenwünschen von Leidenfrost Pools.

Chlor

Mit einer Chloranlage samt Messstation lässt sich die Wasserqualität einfach halten. Von den stark beworbenen Salzwasser-Pools rät er ab: Frauen mit blond gefärbten Haaren und rotem Bikini könnten dort bei schlechter Wartung ein grün-rosa Wunder erleben, Edelstahlwände oder -zubehör schnell rosten. Ungeachtet der Ausführung wird das Abtauchen daheim an Beliebtheit zulegen, glaubt Poinstingl: "Durch den Klimawandel wird es immer mehr heiße Tage geben. Auch angesichts des Weltgeschehens wollen es sich viele zu Hause schön einrichten."

Doch auch die Abkühlung außer Haus bleibt attraktiv. "Die Badeseen in Österreich haben sich aus touristischer Sicht sehr stark weiterentwickelt", weiß Klaus Bichler von der Österreich Werbung: "Der See ist zum Erholungsraum geworden." Laute Festivals rund um die Stillgewässer, Radrouten entlang der Ufer und kulinarische Angebote machen die Destination noch interessanter. Dabei entsprechen die Badefreuden ungebrochen dem Zeitgeist. 36 Prozent der Sommerurlauber hierzulande gehen schwimmen oder baden. Nur Wandern zieht mehr Gäste an.

Naturisten

Etwas aus der Mode geraten ist das Nacktbaden. Trotz der Freizügigkeit der heutigen Zeit und der vielen abgeschiedenen Bademöglichkeiten ist die Zahl der Fans der Freikörperkultur überschaubar. "Derzeit haben wir 650 Mitglieder", bedauert Heidi, die im Naturistenpark Lobau für die Gästebetreuung zuständig ist. Für sie sind die Vorzüge von FKK klar: "Wenn man aus dem Wasser kommt, hat man nichts Glitschiges am Körper." Und: "Wo gibt es das noch, dass man sich beim Reden in die Augen schaut?"

Aus gänzlich anderer Perspektive sieht Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung das Pool-Thema: "Man muss Baden und Schwimmen unterscheiden. Das In-der-Wiese-Liegen und Plaudern ist gar nicht erforscht. Schwimmen dagegen gehört – gleichauf mit dem Skifahren – zu den fünf beliebtesten Sportarten." Um die Freibäder macht er sich "keine großen Sorgen" – wiewohl er Verbesserungspotenzial sieht. Die Familienlandschaften mit Kindergetobe sollten klar vom Schwimmbereich der sportlichen Badegäste getrennt werden. Alles in einem Becken funktioniere nicht. Und das Angebot für die Sportler sollte ausgebaut werden. Zellmann: "Da geht es nicht um den Alibi-Tischtennistisch, sondern um eine Veränderung zu einer Freiluft-Fitness-Anlage."

Klar ist für alle Experten: Ab 30 Grad Celsius im Schatten werden die Aktivitäten rund ums Wasser immer cool bleiben – ob im öffentlichen Bad unter 100.000 Tagesgästen, im See oder auf Tauchstation im eigenen Garten.

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