Stonehenge Nr. 2 entdeckt

Durrington Walls wurde mit motorisierten Magnetometern und Bodenradar aufgespürt.
Unweit des berühmten Steinkreises liegt ein zweites riesiges Monument - unter der Erde: Durrington Walls ist größer und älter als Stonehenge.

Was ist jetzt mit den Daten?" Klaus Löcker hat eben so gar kein Ohr für ein Interview mit dem KURIER. Der österreichische Geophysiker ist mit Nachmessungen im Boden von Stonehenge beschäftigt, wo er und seine Kollegen soeben eine Reihe aus zumindest 200 Steinen entdeckt haben – ohne eine einzige Grabung nur mit Hilfe von Hightech-Methoden.

Genauer gesagt, haben sie knapp drei Kilometer vom berühmten Steinkreis entfernt ein zweites Stonehenge ausgemacht. Die Forscher sind natürlich vorsichtig und nennen es "neue prähistorische Stein-Monumente".

Stonehenge Nr. 2 entdeckt
A general view of Stonehenge during the annual Perseid meteor shower in the night sky in Salisbury Plain, southern England August 13, 2013. The Perseid meteor shower is sparked every August when the Earth passes through a stream of space debris left by comet Swift-Tuttle. Picture taken using a long exposure. REUTERS/Kieran Doherty (BRITAIN - Tags: SOCIETY TRAVEL ENVIRONMENT TPX IMAGES OF THE DAY)
"Bisher dachte man, dass Stonehenge der einzige Steinkreis der Region war. Jetzt sieht es ganz danach aus, dass sich im benachbarten Durrington Walls ebenfalls ein Kreis mit sehr großen Steinen befand", sagt Löcker. Die eingangs erwähnten Messungen haben nun ergeben, "dass die Anlage von Durrington Walls damit wohl das größte Steinmonument Großbritanniens gewesen sein dürfte", ergänzt der britische Archäologe Vincent Gaffney.

Vor 4500 Jahren

Löcker lässt vor dem inneren Auge die Szenerie um das Jahr 2500 v. Chr. wieder aufleben: "Es handelte sich um eine etwa 300 Meter lange Steinreihe, mit bis zu 4,5 Meter hohen Blöcken. Das muss wie eine großartige C-förmige Arena ausgeschaut haben".

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"In Durrington Walls dürfte lange vor Stonehenge ein Steinmonument gestanden haben", sagt Wolfgang Neubauer. Der virtuelle Archäologe vomLudwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie(LBI-ArchPro) in Wien hat dort in den vergangenen Jahren mit seinem Team zwölf Quadratkilometer vermessen. Mit ihrem Mini-Traktor sind die Forscher über die Wiesen rund um Stonehenge gefahren und haben mit neu entwickelten motorisierten Magnetometern, Bodenradar, 3-D-Laser-Scannern und magnetischen Sensoren, die Abweichungen vom Erdmagnetfeld zeigen, den Boden durchleuchtet.

Computerbilder

Neubauers Mitarbeiter Mario Wallner war derjenige, der auf den Computerbildern die verdächtigen Stein-Spuren entdeckte. Um die 200 Steine sind es mittlerweile, jeden Tag sind es mehr geworden. Etwa 40 davon befinden sich noch unter der Erde des Walls. Aber: "160 davon sind weg", sagt Löcker. "Wir konnten nur noch die Gruben nachweisen."

Wenn man die Forscher fragt, wo die Blöcke hinverschwunden sind, wird es interessant. Neubauer hat eine Vermutung: "Die Steine von Durrington Walls waren das Rohmaterial für Stonehenge", sagt er. "Sie wurden definitiv überarbeitet und dort wieder aufgestellt. Es sieht auch ganz danach aus, als wären jene Steine, die gebrochen sind, als sie nach Stonehenge transportiert werden sollten, in der Erde von Durrington zurück blieben."

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Anscheinend wurde das jetzt entdeckte Monument zerstört, um einen Wall darüber zu bauen. Der ist ein typisches Merkmal sogenannter "Henges". Sie stammen aus der Jungsteinzeit und bestehen aus runden oder ovalen Flächen, die von einem Erdwall und einem Graben umgeben sind und innen oft auch Steinkreise haben. Durrington Walls, eines der größten Henge-Monumente, hat einen 40 Meter breiten, bis zu einem Meter hohen Wall und einen Durchmesser von 500 Metern. Es ist umgeben von einem 1,5 Kilometer langen und knapp 18 Meter breiten Graben.

Die Erbauer

"Als man den Wall anlegte, wurden auch einige Häuser verschüttet", sagt der Archäologe Neubauer. Diese Siedlung aus der Jungsteinzeit wurde kürzlich ausgegraben, wird jetzt ebenfalls untersucht und könnte helfen, mehr über die Leute herausfinden, die Stonehenge gebaut haben.

"Durrington ist ein alter Fluss-Mäander aus der Eiszeit. Dort gibt es viele Feuerstein-Bänke", hat Neubauer mit seinem Team festgestellt. Das habe die Leute sicher angezogen, weil man hier ganz einfach Feuerstein gewinnen konnte. Mit der Aufstellung der Stein-Monumente wurde der Ort noch attraktiver gemacht. Für Kulte? "Genau!"

Trotz vieler Jahre Forschung weiß man nur wenig über die Bedeutung der Steinkreise. Tempel? Friedhof? Parlament? Das Lourdes der Jungsteinzeit? "Sicher ist, dass ganz viele Menschen hier zusammengekommen sind." Es wurden wohl unterschiedliche Rituale abgehalten – politische, religiöse, zur Heilung. Alles ist denkbar. Neubauer: "Vielleicht haben die Menschen einen Führer bestimmt oder Bestattungen durchgeführt."

Löcker abschließend: "Wir wollen natürlich im laufenden Projekt keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber diese Entdeckung könnte auf jeden Fall ein Meilenstein in der Erforschung der Rätsel rund um Stonehenge sein".

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