Wer bekommt die Nobelpreise 2014?

Wer bekommt die Nobelpreise 2014?
Er ist die höchste Auszeichnung für Wissenschaftler. Die Chance, ihn zu bekommen, ist aber gering.

Jugendpreise sind sie keine, die Nobelpreise, deren Preisträger 2014 ab heute, Montag, bekannt gegeben werden (siehe Fahrplan). Wer sich das Alter der Preisträger ansieht, bemerkt, dass die meisten mehr als ihr halbes Leben auf die höchste wissenschaftliche Auszeichnung warten mussten.

Astrid Gräslund, die ständige Sekretärin des Nobelkomitees für Chemie drückt es so aus: "Ein Nobelpreisträger hat in der Regel mindestens zehn Jahre seines wissenschaftlichen Lebens damit verbracht, sehr hart an etwas zu arbeiten." Dazu kommt, dass nicht jeder geehrt wird, der es eigentlich verdient hätte. Der Genetiker Markus Hengstschläger meint, dass ihn Carl Djerassi schon längst hätte bekommen sollen (siehe Interview unten). Der in Wien geborene Chemiker hat vor mehr als sechzig Jahren die "Verhütungspille" erfunden und wird seit Jahrzehnten als Kandidat für den Chemie-Nobelpreis gehandelt.

Besonders bitter ist, dass einige zwar geehrt werden, dies aber nicht mehr miterleben können. 2011 traf es Ralph Steinman, den Entdecker der Dendritischen Zelle. Gemeinsam mit zwei Kollegen wurde er mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet, starb aber vor der Bekanntgabe. Das Nobelkomitee wusste nichts davon.

Nicht umsonst bekam der österreichische Genetiker Josef Penninger von einem Nobelpreisträger, der wie viele erst im hohen Alter geehrt wurde, einen besonderen Rat: "Viel Sport machen, weil man so die anderen alle überlebt." Im KURIER-Gespräch beim vergangenen Science-Talk erzählte Penninger, dass er auch schon einmal gedanklich das Szenario durchgespielt hat, einen Anruf aus Schweden zu bekommen. "Aber Forschung zu machen, nur damit man das gewinnt – da kann man sofort aufhören, weil die Chancen sehr gering sind."

06.10.: Bekanntgabe des Preisträgers für Physiologie oder Medizin um 11.30 Uhr
07.10.: Physik um 11.45 Uhr
08.10.: Chemie um 11.45 Uhr
10.10.: Frieden um 11 Uhr
13.10.: Wirtschaft um 13 Uhr –
Literatur wird erst bekannt gegeben
5.–13.12.: Die Nobelwoche inkl. Preisverleihung am 10.12. findet in Stockholm statt.

Wer bekommt die Nobelpreise 2014?
Wer bekommt die Nobelpreise 2014?
APAHOG14 - 10112008 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Der Quantenphysiker Markus Arndt (43) von der Universitaet Wien erhaelt den Wittgenstein-Preis 2008. Der jaehrlich vergebene, mit je 1,5 Mio. Euro dotierte hoechste Wissenschaftspreis des Landes gilt als "Austro-Nobelpreis". Im Bild: Markus Arndt; fotografiert am Sonntag, 09. November 2008, in Wien. APA - FOTO: GEORG HOCHMUTH
... das Spannende an ihrem Fachgebiet
Markus Arndt:Physik verbindet alles, was man von Wissenschaft erwartet: scheinbar unveränderliche Wahrheiten und Gesetze – und dann doch immer wieder Überraschungen, die unser Weltbild komplett auf den Kopf stellen. Die Familie der Elementarteilchen wurde erst im Laufe meines Lebens entdeckt. Die Kosmologie sieht plötzlich die Welt ganz anders zusammengesetzt als noch vor 30 Jahren. Es sind neue Materialien entdeckt worden, mit denen keiner gerechnet hat, wie zum Beispiel Graphene und Fullerene.
Markus Hengstschläger:Wenn man medizinische Genetik an der Medizinischen Universität betreibt, hat man drei Hauptschwerpunkte: die Lehre, die Forschung und die Patientenbetreuung. Die Kombination aus Forschung, Arbeit mit Studenten und Patienten helfen zu können, das ist enorm befriedigend.
Wer bekommt die Nobelpreise 2014?
... die Kaderschmieden für potenzielle Nobelpreisträger
Arndt:So etwas gibt es nicht. Es gibt statistisch eine gewisse Häufung in den Stammbäumen von NobelpreisträgerInnen, weil die besten ForscherInnen in der Regel auch wieder SpitzenforscherInnen nachziehen. Natürlich häufen sich Preise statistisch vor allem an Orten, an denen man sowohl die Möglichkeit hat, frei zu denken, die Forschungsbedingungen wie Finanzierung und Infrastruktur optimal sind und man besonders häufig auf besonders spannende Menschen trifft. Aber man sollte die Statistik nicht überstrapazieren: brillante Ideen und auch experimentelle Nobelpreise sind oft an kleinen Institutionen entstanden. Das wichtigste Element ist die Neugier, das Verwundern und die Zeit zum Forschen bei minimaler Bürokratie und Administration. Jede/r hat eine Chance, einen wichtigen Puzzlestein beizutragen.
Hengstschläger:Ich war an der Yale University in Amerika, die bei Universitätsrankings immer unter den zehn besten Universitäten der Welt aufscheint. Ich glaube allerdings, dass es heute fast von jeder Arbeitsstätte aus sehr gut möglich ist, in seinem spezifischen Fach, in seiner speziellen Thematik, international ganz vorne mit dabei zu sein.

... das Erkennen eines genialen Studenten
Arndt: Es gibt keinen festen Kriterienkatalog. Weder Abschlusszeugnis noch Publikationslisten und erst recht nicht Geschlecht oder Nationalität. Man darf nicht übertreiben: die Intelligenz ist in der Bevölkerung normal verteilt. Es gibt eine sehr große absolute Anzahl von Menschen, die von Psychologen als hochintelligent oder höchstbegabt eingestuft würden. Wenn Intelligenz alleine ein Kriterium wäre, müsste Österreich Tausende von NobelpreisträgerInnen haben. Das zeigt uns aber auch: Ein Nobelpreis kann nicht zum Maß aller Dinge stilisiert werden. Das verzerrt den Blick auf die Welt.
Hengstschläger: Es ist die Kombination aus dem Stellen der richtigen Fragen, den Weg zu den Antworten zielgenau gehen zu können und dem starken Willen, hart an der Lösung zu arbeiten.

... ihren Favoriten 2014
Arndt: Nicht wer, sondern was: Ich denke, dass die Entdeckung der erdähnlichen extrasolaren Planeten eine sehr gute Chance hat. Sie sind natürlich nicht unerwartet. Es muss unzählige davon geben, aber sie waren lange sehr schwer nachzuweisen.
Hengstschläger: Ich würde mir wirklich wünschen, dass jemand, der wie Carl Djerassi mit seiner Entdeckung die Welt, die Gesellschaft, so sehr verändert hat, den Nobelpreis bekommen würde. Bin aber nicht so zuversichtlich.

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