Nach Anti-Rassismus-Projekt: Ansturm auf DNA-Tests

YouTube-Hit „The DNA Journey“: Mit Wissenschaft gegen Nationalstolz
Das Video einer Reisesuchmaschine berührte Millionen. Viele wollen nun selber wissen, woher sie stammen.

Die deutsche Nationalelf sei schon lange nicht mehr deutsch, polterte kürzlich AfD-Vizechef Alexander Gauland, verhaltensauffälligster Politiker des Landes. Grund seines Unmuts: Nicht alle Kicker der Weltmeister-Mannschaft heißen Müller und Schweinsteiger und sehen dementsprechend aus; einige haben türkische, afrikanische oder polnische Wurzeln. (Und schießen trotzdem Tore.) Bevor Herr Gauland das nächste Mal über seine Mitbürger hetzt, sollte er sich zur Sicherheit einem DNA-Test unterziehen – es ist nämlich gut möglich, dass er selbst einen erheblichen Anteil an nicht-deutschem Blut in sich trägt.

Er könnte sich auch einfach das berührende Video der dänischen Reisesuchmaschine Momondo ansehen, das momentan durch die sozialen Netzwerke gereicht wird und auf YouTube binnen weniger Tage 2,7 Millionen Mal angeklickt wurde. (Alle Infos dazu finden Sie hier.)

Gute Werbung

Ist es tatsächlich möglich, anhand einer Speichelprobe seine Wurzeln zurückzuverfolgen? Ja, sagt Roman Scholz. Er ist Geschäftsführer von Igenea, einer Firma, die Herkunftsanalysen für Schweizer, Deutsche und Österreicher anbietet. Das Video von Momondo war nicht nur ein gute Werbung für das Unternehmen, sondern auch für DNA-Analysen. Seit es veröffentlicht wurde, melden sich täglich neue Menschen bei Scholz, um etwas über ihre Herkunft zu erfahren.

"Mit einer Speichelprobe kann man auf jeden Fall feststellen, wo die Vorfahren gelebt haben", sagt Scholz. Zumindest die Regionen lassen sich genau festlegen – also etwa, ob die Wurzeln in Ost- oder Westeuropa liegen. Eine Auflistung der einzelnen Länder sei schon komplizierter. "Das hängt stark vom individuellen Ergebnis ab und von der Datenlage.

"Reinrassig" extrem selten

Bis zu 2000 Jahre können die Wurzeln zurückverfolgt werden, erklärt Scholz. "Reinrassige" Europäer seien aufgrund von Kriegen und Völkerwanderungen extrem selten: "Menschen, die zu hundert Prozent einer Ethnie entstammen, findet man höchstens bei Urvölkern im Amazonasgebiet", sagt er. „Österreicher stammen im Durchschnitt zu fünf Prozent aus dem Nahen Osten und zu 30 bis 40 Prozent aus Osteuropa ab.“

Ab 199 Euro ist die Herkunftsanalyse bei Igenea zu haben. Wem das zu teuer ist: Momondo verlost derzeit auf seiner Website einen DNA-Test inklusive Reise in alle Länder, von denen man abstammt. Um herauszufinden, was einen mit der Welt verbindet – und um alte Barrieren endgültig zu überwinden.

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