Leidenschaft: Österreichs ungekrönter Puzzlekönig

Seine neue Puzzle-Herausforderung hat Günther Simetsberger schon daheim.
Der Oberösterreicher Günther Simetsberger organisiert jährlich eine Weltmeisterschaft für Vielpuzzler.

Es führt Emma González aus Mexiko mit 46.348 Teilchen. Puzzlespieler rechnen nur in Teilchen. Es ist egal, dass Frau González seit 1. Jänner 46 Puzzles vollendet hat, wichtig ist, dass sie fast 20.000 Teilchen vor der Deutschen Annette Goldau liegt und nur mehr 8051 Teilchen unter ihrem eigenen Rekord.

Im oberösterreichischen Lambach sitzt Günther Simetsberger derzeit fast rund um die Uhr vor Statistiken von 270 Puzzlern aus 31 Ländern. Der 50-Jährige organisiert seit fünf Jahren die "World Puzzle Days" (WPD), eine inoffizielle Puzzle-WM. Dabei reichen Spieler von 1. Jänner bis 28. Februar erstellte Puzzles ein, wer die meisten Teile verbaut, gewinnt. Zur Kontrolle muss beim Baufortschritt jeweils das "secret symbol" mitdokumentiert werden. Was das ist, verrät Simetsberger am Spätnachmittag des 31. Dezember per Videobotschaft. 2017 war es ein beliebiger Kugelschreiber. Heuer ein beliebiger Kühlschrankmagnet.

Der Teilchenbeschleuniger

Wenn man sich im Video ansieht, wie Simetsberger im Wohnzimmer das "secret symbol" mit viel Pathos aus einer Handkassa fischt, taucht man in eine fremde Welt. In der sich mittlerweile 1400 Puzzler vernetzt haben und seit Jahresbeginn 3,7 Millionen Teilchen verbaut wurden. Der Rekord liegt bei 4,75 Millionen aus dem Jahr 2016, dann musste Simetsberger eine kleine Teilnahmegebühr einheben. "Die Arbeit war einfach nicht mehr bewältigbar", sagt der ungekrönte Puzzlekönig Österreichs. Die Teilchen bestimmen sein Leben, seit er 2007 einen schweren Unfall hatte und seinen Job in der Bauwirtschaft nicht mehr ausüben kann. Aber Simetsberger kann lachen, etwa bei der Frage, ob man nicht vereinsamt, wenn man bis zu 14 Stunden am Tag puzzelt. "Meine Freunde sind zu 99 Prozent Puzzler aus dem Internet. Und die sind nicht anders als ich." Vor der gravierenden Wirbelsäulenverletzung war er Marathonläufer. "Heute mache ich eben Ausdauersport im mentalen Bereich." Natürlich hätte er gerne ein eigenes Puzzlezimmer und würde alle Werke aufhängen. "Aber dazu bräuchte ich eine Villa." Bei ihm ist dafür der Schlafzimmerkasten voller Puzzles, unter 1000 Teilen greift er keines mehr an. "So eines mache ich an einem Tag. Ich mag Puzzles, auf denen Natur ist. Oder Fantasiegemälde." Simetsbergers Erklärungen werden zur Liebeserklärung. "Es wächst Stück für Stück ein riesiges Bild heran. Das hat auch mit dem Leben zu tun. Zwei Puzzleteile, die harmonieren. Passen sie nicht, kann man sie nicht zwingen."

Da wundert es kaum, dass es nicht allen Teilnehmern seiner WM um den Wettbewerb geht. Manche lieben den Austausch und bestaunen Puzzles aus anderen Erdteilen. Insgesamt wurden bei den WPD schon 339 Marken aus der ganzen Welt präsentiert. "In Österreich sieht man höchstens zehn davon", sagt Simetsberger, der sich selbst als "Genusspuzzler" bezeichnet. Aber auch als Statistikfreak, er bezeichnet die WPD auch als "Runtastic für Puzzler", schließlich bekommt jeder Spieler ein persönliches Album und die Facebook-Seite eine wöchentliche Puzzleparade. Wenn er selbst an großen Puzzles arbeitet, trägt Siemetsberger jedes Teil in den "Puzzlezähler" ein. "Sonst verzweifle ich, wenn ich nach Stunden keinen Fortschritt sehe. Die Excelliste zeigt mir: Du hast heute eh 827 Teile gefunden. Das hilft, nicht auf der Strecke zu bleiben." Auch das sei wie beim Marathon. Bei seinem "Event" zeige er die ausführlichen Rankings auf einer eigenen Seite. "Viele wollen es gar nicht sehen, manche schon. Ich biete beiden Gruppen Vergnügen."

Heimische Spieler

Ganz ohne Rekorde kommt die Puzzlewelt nicht aus. In Simetsbergers Wohnzimmer hängt das 33.600-teilige "Wildlife" von Hersteller Educa. Er brauchte 115 Tage für das heute drittgrößte Puzzle – nach Teilen. Das größte der Welt mit zusammenhängendem Bild hat 42.000 Teile. Simetsberger hat es daheim.

"Ich weiß nicht, ob ich es heuer schaffe. Nach dem Event kann ich einmal keine Puzzles mehr sehen", sagt der Oberösterreicher, der stolz über die internationale Beteiligung ist. Nur mehr Österreich wünscht er sich. Ab September kann man sich für die WPD 2019 anmelden.

Oder in die laufende Meisterschaft einsteigen. Aber Emma González wird kaum mehr zu holen sein.

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