Krähen sind Rechts- oder Linksschnäbler

Neukaledonische Krähen sind geschickt im Werkzeuggebrauch - und gut erforscht.
Wenn die Vögel nach Larven stochern, brauchen sie gute Sicht.

So wie Menschen Rechts- oder Linkshänder sind, haben auch Neukaledonien-Krähen eine „bessere Seite“. Ob die Tiere Rechts- oder Linksschnäbler sind, hängt von ihrem Sehvermögen ab. Das berichten britische Forscher in der Fachzeitschrift „Current Biology“.

Neukaledonien-Krähen sind für ihren geschickten Werkzeuggebrauch bekannt. Sie nutzen z.B. kleine Stöckchen, um in Baumstämmen nach Käferlarven zu stochern. Dabei ragt die Stöckchenspitze bei manchen Tieren rechts aus dem Schnabel, bei anderen links.

Die Forscher um Alex Kacelnik von der Universität Oxford entdeckten nun, dass die Sehstärke der Krähen für die Vorliebe ausschlaggebend ist. Corvus moneduloides – so die wissenschaftliche Bezeichung der Vögel – haben ein ungewöhnlich weites Sichtfeld. Zunächst dachten die Forscher darum, dass die Rabenvögel beide Augen nutzen, um das Stöckchen oder andere Werkzeuge zu steuern. Stattdessen dient das weite Sichtfeld aber wohl dazu, mit einem Auge ein Objekt noch jenseits der Schnabelspitze sehen zu können.

Anpassung

Bemerkenswert ist die Erkenntnis allemal: Es handelt sich um eines der wenigen bekannten Beispiele von einer körperlichen Anpassung an den Werkzeuggebrauch. Sieht eine Krähe auf dem rechten Auge besser, hält sie die Stöckchenspitze auf der linken Schnabelseite und umgekehrt. So liegt das Werkzeug beim Stochern immer im Blickfeld des besseren Auges.

Die Krähen kommen nur auf der Pazifikinsel Neukaledonien vor. Sie sind neben Menschen und Schimpansen die einzigen bekannten Arten, die zu "sequenziellem Werkzeuggebrauch" fähig sind, d.h. sie können mehrerer Werkzeuge hintereinander nutzen, um an ein Ziel zu kommen.

Dass Krähen intelligente Tiere sind, ist schon in antiken Fabeln beschrieben: Mit Steinen soll eine Krähe in einer Erzählung des griechischen Dichters Äsop den Wasserstand in einem Krug so weit erhöht haben, dass sie trinken konnte.

Forscher um Sarah Jelbert von der Universität Auckland ahmten das Experiment vor kurzem nach und trainierten dazu sechs Neukaledonische Krähen: Den Tieren wurde Futter präsentiert, das sich auf einem Korkstück unerreichbar in einem Plexiglas-Zylinder befand, dazu legten sie eine Auswahl von Steinen und anderen Gegenständen.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Tiere die Wirkung von Steinen im Wasser schnell erfassten, ganz wie in Äsops Fabel: Sie warfen unter anderem Steine in halb mit Wasser, nicht jedoch in halb mit Sand gefüllte Gefäße. Sie bevorzugten eher schwere Objekte als leichte, die im Wasser schwammen, und ebenso eher feste als hohle Gegenstände. Sie wählten unter zwei Wasserzylindern den aus, der bereits am höchsten gefüllt war. In allen Fällen konnten sie dadurch den Wasserstand erhöhen und so an ihr Futter gelangen.

Die Geschicklichkeit der Vögel entspreche etwa der von fünf- bis siebenjährigen Kindern, schrieben die Forscher in der Märzausgabe des Fachjournals „PLOS ONE“.

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