Weniger Urlaube für arme Kinder

Urlaub und Erholung - für arme Kinder immer weniger möglich
Volkshilfe und Kinderfreunde kritisieren Rückzug der öffentlichen Hand von Zuschüssen für Erholungsaktionen.

Die öffentliche Hand verabschiede sich immer mehr davon, Kindern aus armen Familien Erholungsurlaube zu ermöglichen. Das kritisierten am Dienstag Kinderfreunde und Volkshilfe in einer Pressekonferenz und untermauerten dies mit einigen ausgewählten Zahlen.

So habe das Land Steiermark vor fünf Jahren noch für 211 Kinder die Kosten eines Ferienaufenthalts übernommen, im Vorjahr nur mehr für 39 Kinder. In Niederösterreich zahlte die Kinder- und Jugendhilfe für 263 Kinder Ferienaufenthalte, heuer nur mehr für 94. Tirol reduzierte die Urlaubshilfe von 32 auf 16 Kinder – und obendrein von zwei Wochen Unterstützung auf die Hälfte. In Innsbruck hat der Stadtsenat sogar die Zuschüsse für Tagebetreuung in den Ferien komplett gestrichen. So musste eine Alleinerzieherin mit zwei Volksschulkindern, nennen wir sie Frau X., die so wenig verdient, dass sie unter dem Jahr von den Betreuungskosten ihrer Kinder befreit ist, von Pontius zu Pilatus laufen, um die Kosten von 96 Euro pro Woche zu „erbetteln“.
Selbst einige Krankenkassen haben Unterstützungen für Erholungsurlaube aus gesundheitlichen Gründen (z.B. Lungenerkrankungen) komplett eingestellt, etwa Steiermark und Tirol.

Nur Wien gibt mehr

Weniger Urlaube für arme Kinder
Daniel Bohmann (Kinderfreunde) und Erich Fenninger (Volkshilfe)
Die Stadt Wien finanzierte im Vorjahr mehr als 4000 Kindern, Jugendlichen und Familienangehörigen Erholungsurlaube im Wert von 1,86 Millionen Euro, für heuer stehen rund 100.000 € mehr zur Verfügung, wobei ein Teil davon auch für Kostensteigerungen drauf geht. Es gebe immer wieder aber auch Umschichtungen, so werde es heuer mehr Familien- und weniger reine Kinderurlaube geben, so Susanne Pauer, Geschäftsführerin des Vereins Wiener Jugenderholung, der für die Stadt Wien diese Aktionen für Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien organisiert.

Kinderrechte, Artikel 31

Gesamtüberblick gebe es leider aufgrund der unterschiedlichsten Förderungen von Ländern, Gemeinden und anderen Trägern nicht – bedauerten die beiden Geschäftsführer Erich Fenninger (Volkshilfe) und Daniel Bohmann (Kinderfreunde Österreich). Insgesamt gesehen sind in Österreich 14 Prozent der Bevölkerung – 1,2 Millionen Menschen – armutsgefährdet, bei Kindern und Jugendlichen liegt dieser Anteil mit 16 Prozent etwas höher, in Absolutzahlen sind davon rund 290.000 Kinder und Jugendliche betroffen. Da gerade armutsgefährdete Familien anteilsmäßig stärker von steigenden Wohnkosten betroffen sind, kommen ihre Kinder auch immer weniger in den Genuss einmal aus den ohnehin tristen Verhältnissen durch die eine oder andere Urlaubswoche rauszukommen, bedauern die beiden Organisationen. Und verweisen darauf, dass damit auch eines der Kinderrechte – auf aktive Erholung und Freizeitbeschäftigung – gebrochen werde. Im Artikel 31 der UNO-Kinderrechtskonvention heißt es: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.. achten und fördern das Recht des Kindes auf volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben und fördern die Bereitstellung geeigneter und gleicher Möglichkeiten für die kulturelle und künstlerische Betätigung sowie für aktive Erholung und Freizeitbeschäftigung.“

Löcher im Familienbudget

Bei armutsgefährdeten Familien reißen auch Schulkosten, insbesondere im September (ca. 300 Euro), ein großes Loch ins Budget, und finanzielle Unterstützung von Sozialämtern fließen auch eher in solche oder in Abdeckung für Winterkleidung als in mögliche Erholungsurlaube. Die Teilnahme an gemeinsamen Urlaubsaktionen wäre für solche Kinder aber nicht nur eine Möglichkeit, aus beengten Verhältnissen wenigstens für die eine oder andere Woche rauszukommen, sondern auch Teil einer anderen Gemeinschaft zu sein, nicht ausgeschlossen zu werden. Teilhabe wäre noch in den 80er Jahren erklärtes Ziel von Sozialpolitik gewesen, heute führten Kürzungen im Sozialbereich immer mehr dazu, dass Jugend- und Sozialarbeit nur mehr Feuerwehraktionen zur gröbsten Armutsbekämpfung leisten könnten, so Volkshilfe-Geschäftsführer Fenninger.

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