Ballonhotel, Computerspiele und ein Gefühls-Musik-Spiegel

Ballonhotel, Computerspiele und ein Gefühls-Musik-Spiegel
U 19 - Create your World, das ist die Jugendkategorie des Prix Ars Electronica: Kinder und Jugendliche denken sich (verspielte) Projekte für ihre (bessere) Welt aus. Wir stellen die Preisträgerinnen und Preisträger vor.

Eine seitlich offene Vitrine – drinnen ein blau gestrichener großer Ballon mit mehreren hölzernen Körben – daneben liegt auf dem Tisch eine große Mappe mit vielen Zeichnungen – Details dieses „Ballon-Hotels“.

Ballonhotel, Computerspiele und ein Gefühls-Musik-Spiegel
Und davor stehend erläutertLara-Marie Pascherdem Kinder-KURIER ihr Projekt. Mit diesem gewann sie die Unterkategorie U10 der Jugendkategorie „U 19 – create your world“ des renommierten Computer-Kunst-Preises Prix Ars Electronica.
Die Preisverleihung sowie ein Gutteil des mehrtägigen Festivals gingen im Sporthof des Linzer Akademischen Gymnasiums über die Bühne. Das traditionsreiche Gym mit musikalischem Schwerpunkt war unter anderem die Schule des Oscar-Preisträgers Stefan Ruzowitzky und des Dirigenten Franz Welser-Möst. Sein knapp vor dieser Preisverleihung bekannt gewordener Rücktritt als Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper verzögerte auch das Eintreffen von Kulturminister Josef Ostermayer.

Viel Zeit zum Erfinden

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„Seit drei Jahren hab ich da dran gearbeitet“, beginnt die junge Erfinderin zu erzählen. „Zu Hause habe ich viel Zeit nachzudenken. Ich bin zwar noch nie mit einem Ballon gefahren, aber ich hab mir vorgestellt, dass das ein schönes Gefühl sein könnte, nicht nur eine Strecke zu fliegen, sondern auch eine Zeitlang dort zu wohnen. Dann hab ich mich immer mehr damit beschäftigt, zu zeichnen begonnen und mir überlegt, wie das Cockpit eines Piloten aussehen könnte und wie die Wohnräume ausschauen. Es sollte aber nur ein Hotel für so ungefähr zwei Tage sein, damit man nicht zu lange in der Luft ist und andere es auch genießen können.“
Ballonhotel, Computerspiele und ein Gefühls-Musik-Spiegel
Lara-Marie Pascher dachte sich in der Folge immer mehr Details aus, wie sie weiter schildert, etwa eine ausklappbare kleine Wiese für Hunde. Und natürlich überlegte sie sich auch eine Klo-Lösung. „Da gibt’s unter dem Zimmer-Korb noch einen weiteren kleinen, dort ist das Klo drinnen. Zum Runter- und wieder Raufklettern gibt’s eine Strickleiter. Und natürlich wie auch oben Netze zur Sicherung. Und beim Rauf- und Runtergehen ist man gesichert – mit einem Klettergurt, der aber weicher ist.“

Modell und vieles mehr

Ballonhotel, Computerspiele und ein Gefühls-Musik-Spiegel
Aufbauend auf den vielen Zeichnungen fertigte die junge Designerin mit Hilfe eines Architekten dann das 3D-Modell an. „Das hat nur ungefähr zwei Tage gedauert.“ Am Rande des Interviews zeigt ihre Mutter stolz ihre stylishen mit Zeitungspapier und einer schwarzen Stoffrose beklebten Schuhe her – die hat auch ihre Tochter kreiert, die neben vielen Erfindungen noch gerne Eis läuft, reitet, schwimmt, klettert und kocht und bäckt, "ich hab auch einen eigenen Kochblog im Internet" -http://lara-marie-kocht.mp2.at/

Werken und Kunst – „also eigentlich Craft and Arts, weil ich geh auf eine englische Schule und ich lese auch gerne“.

Die nächste Unterkategorie (U14) wurde von einem Team, viel mehr einer ganzen Klasse gewonnen, der damaligen 2. Klasse der Modellschule Graz (ein Realgymnasium mit bildnerischem Schwerpunkt). Von den 22 SchülerInnen kamen Viola Baur, Katharina Rohrer und Elias Krainer mit ihrer Lehrerin Magdalena Strauss zur U19-Ceremony und dem Festival. An einem Computer in der Ausstellung der ausgezeichneten U19-Arbeiten zeigen sie eines ihrer Computerspiele her. „Wir haben insgesamt 13 Spiele gemacht: Geschichten ausgedacht, Figuren gezeichnet, eingescannt und mit Scratch die Spiele programmiert“, erzählen die beiden Mädchen dem KiKu den Entstehungsprozess während der Bub gerade sein eigenes Spiel ausprobiert. Alles erfolgte im Gegenstand Bildnerischer Erziehung, „da haben wir fünf Stunden in der Woche“.
http://prix2014.aec.at/prixwinner/14228/

Die höchste Auszeichnung – in dieser wie auch allen „erwachsenen“ Kategorien, die Goldene Nica, ging an Sarah Oos von der HBLA für künstlerische Gestaltung in Linz. Mit „Femme Chanel – Emma Fenchel“ schuf sie einen Schwarz-Weiß-Film mit vielen Begegnungen der Schauspielerin Audrey Tautou mit oft überraschenden Wendungen. „Ich hab mich viel mit Bildfolgen und Filmschnitten beschäftigt und damit, warum wo wie worauf geschnitten wird. Dabei bin ich dann auf diese Schauspielerin und auch die berühmte Parfumwerbung, die ein eigenes kleines filmisches Kunstwerk ist, gestoßen. Und damit hab ich begonnen zu arbeiten – auch zu spielen. Ich hab viele Filmausschnitte mit ihr angeschaut und bewusst auf Französisch, das ich nicht kann, damit ich mich nicht vom gesprochenen Text ablenken lasse, sondern nur auf die Bilder und Schnitte achte.“ Immer und immer wieder zog sie sich Sequenzen rein, begann zu überlegen, wie sie wo was zerlegt und neu zusammensetzt – und damit verfremdet (Found Footage). Die im Original eher klischeehaft zurückhaltend reizende Dame wird durch die neue Schnittfolge eher zur aktiven „Femme fatale“, was auch den Titel des Siegerprojekts hervorrief.
http://prix2014.aec.at/prixwinner/14249/

Richard Sadek aus dem Grazer Kepler-Realgymnasium dachte sich eine ganz gefinkelte Installation aus. Du setzt dich vor den Spiegel, schaust rein – und hörst auf einmal Töne und Geräusche. Hinter dem Spiegel ist eine Kamera montiert, die deine Gesichtszüge aufnimmt – ob du lächelst, grantig drein schaust oder wie auch immer, „aber sie reagiert nicht nur auf die Augen, sondern aufs ganze Gesicht“, erläutert der Schöpfer des (e)motion-mirror. Am Anfang stand die Aufgabe, in der Schule ein Kunstprojekt zu machen“, erinnert sich Sladek im KiKu-Gespräch an die Anfänge. Und an seinen Gedanken, jeder Mensch kann etwas viel besser als jeder Computer – Gefühle ausdrücken aber auch blitzschnell interpretieren, darauf reagieren. Und auch fast jede und jeder schneidet oft vor einem Spiegel gern Grimassen…
http://prix2014.aec.at/prixwinner/12698/

Auch Jonas Bodingbauers mit einer der beiden Top-Auszeichnungen belohnte Arbeit ist ein cross-over-Projekt: Smart Clock ist eine analoge Uhr, die mit einem Farbleitsystem auf der Uhr und in einem kleinen Display darunter anstehende Termine aus dem digitalen Kalender anzeigt. In einem Kurzvideo stellt er sich selbst als Chaoten dar, der immer wieder Schwierigkeiten hat, Termin einzuhalten. „In einer schlaflosen Nacht ist mir dann diese Idee gekommen.“
http://prix2014.aec.at/prixwinner/12529/

Ballonhotel, Computerspiele und ein Gefühls-Musik-Spiegel
Die Jugendkategorie, die in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit dem Untertitel „freestyle computing“ eingeführt worden war, läuft seit ein paar Jahren unter dem Motto, eine eigene – bessere – Welt zu erschaffen. Damit sind nicht mehr nur digitale Grafiken, Spiele, Programme, Filme oder Robotik-Tools, möglich, sondern auch alles Mögliche andere – wie in diesem Jahr beispielsweise die mechanische Handprothese aus billigen Abfallstoffen, die Stützräder für eine Gebirgstrage oder das Ballonhotel. Außerdem steigt seither rund um die eigene U19-Ceremony ein mehrtägiges Festival mit Stationen, in denen sich Kinder und Jugendliche kreativ betätigen können – oft unter Anleitung und Animation jugendlicher Künstler_innen.
Dieses läuft noch bis 8. September
www.u19.at

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