Lassen sich Jugendliche durch eine Handy-App steuern?

Party
Zwei Spielklubs des Theaters der Jugend (Wien) erarbeiten Stücke, die Mitte Mai auf der Bühne aufgeführt werden: „wildfremd“ und „lost in reality“.

Party, Party, Party – mit Flaschendrehen und anderen Trinkspielen – schön langsam, oder vielleicht sogar schneller - droht es den meisten fad zu werden. Da fragt Chris (gespielt von Sebastian), ob die anderen schon was von „Delirium“ gehört hätten. Nein, nicht dem Begriffe für den Zustand des Besoffen-Seins, sondern von einem neuen interaktiven Spiel.

Probenbesuch

Lassen sich Jugendliche durch eine Handy-App steuern?
Proben zu "Lost in Reality" eines der beiden Theater-der-Jugend-Spielklubs
Das funktioniert über eine App einerseits und einen metallenen Armreifen andererseits. Wer den Reifen am Arm anlegt, kann von anderen über die SmartPhone-App gesteuert werden. Das ist sozusagen eine Schlüsselszene in „lost in reality“. Und dieses ist eines von zwei Stücken, die seit Herbst in den beiden Spielklubs des Theaters der Jugend entstanden sind. Mitte Mai werden an zwei Abenden jeweils beide Stücke im Theater im Zentrum, dem kleineren der beiden TdJ-Häuser gezeigt. Der Kinder-KURIER war bei Szenen-Proben des genannten Stücks.

Macht über andere!?

Lassen sich Jugendliche durch eine Handy-App steuern?
Ein Handy-App-Spiel macht Menschen programmierbar...
Zunächst steht die Eingangsszene mit einem Freeze am Vorhang in verschiedenen Posen auf dem Probenplan, später Teile der Party und auch des schon erwähnten Steuer-die-anderen-Spiels. Es scheint Teil eines wissenschaftlichen Experiments zu sein. Die Wissenschafterin Conny (Sophie K.) führt einen emotionalen Funktionstest durch: 60 % Zorn/40 % Liebe, 270% Trauer/30% Eifersucht usw. „Ich muss mir immer vorstellen, dass ich schon 40 oder 50 Jahre bin, zwei Kinder habe oder so – einfache, damit ich leichter als Gleichaltrige die erwachsene Leiterin des Experiments spielen kann“, verrät die jungen Schauspielerin.

Im Stück wird dieses Macht haben (wollen) über andere in einigen Dialogen angesprochen:
„Das ist so cool, Macht über jemanden zu haben“, sagt dieser Chris.
„Bitte? Was ist daran cool? Du hast sie zum Weinen gebracht“, kontert Lotte (Anna) und Florian (Fatih) setzt noch eins drauf: „Das kannst du nicht machen! Du bist nicht Gott!“ Aber Lizzy (Chiara) meint nur: „Ich will das auch mal ausprobieren!“

Werdegang

Lassen sich Jugendliche durch eine Handy-App steuern?
Streit
Ob und wie das Spiel, der Konflikt zwischen dem Macht-haben-wollen über andere und dem Widerstand dagegen weiter- oder gar ausgeht – das sei hier natürlich NICHT verraten. Die Mitwirkenden – neben den schon Genannten noch Lena als Amelie, Sophie Z. als Alexandra, Polina als Nici und Elisabeth als Leo – wollten, wie sie in einer Probenpause im Gespräch dem KiKu erzählen, „am Anfang eine Mafia-Geschichte spielen, dann kam die Idee eines Fantasy-Stücks, einer Parallelwelt mit Irrsinns-Szenen und extremen Charakteren“. Aus Improvisationen, Übungen oft auch „nur“ einem ausgefallenen Gang oder übertriebenen Posen entwickelten sich einzelne Szenen und Figuren und schließlich das Grundkonzept des Spiels mit verschiedenen Ebenen zwischen Realität und virtuellen Welten. Die Hospitantin des Theaters hat fleißig bei den Proben mitgeschrieben, um letztlich in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen und der Regisseurin einen Stücktext zu entwickeln.

Einige der Jugendlichen sind schon seit ihrem 12. Lebensjahr mehrmals Teil des Theaterklubs, allen ist die Leidenschaft fürs Spiel, fürs Schlüpfen in Rollen, für die Bühne schon bei der Probe anzumerken. Manche wollen dem Theater treu bleiben, „aber es ist sicher schwierig da einen Job zu bekommen“.

Du bist, wer du bist!

Übrigens ein Satz aus dem Stück, der auch fürs Leben außerhalb der Bühne ganz wichtig ist: „Du bist, wer du bist und du stehst dazu! Das finde ich voll cool und das ist das, was ich nicht kann“, sagt Amelie (Lena) zu Lotte (Anna).

Das Verhältnis zu moderner Technik samt Steuerung durch sie – das ist übrigens auch das Thema von „Wildlinge“, dem Stück, das in der (Tanz-)Theaterwerkstatt im Dschungel Wien entstanden ist und dort einige Tage zu sehen und erleben war.

Aufführungen der Theaterspielklubs

„lost in reality“
„Gute Nachrichten für alle Spielebegeisterten! Die Firma ,Next Reality‘ bringt schon bald ihre neueste Errungenschaft auf den Markt: Ein Produkt namens ,Delirium’ gibt den Spielenden die Möglichkeit in eine virtuelle Realität einzutauchen.“ Neun Jugendliche wagen den Schritt in eine neue Realität. Doch was als harmloses Party-Spiel beginnt, entpuppt sich bald als wilder Trip durch eine ganz eigene Parallelwelt. Wie fühlt es sich an, Macht über jemanden auszuüben? Wo liegen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit? Und welches Geheimnis verbirgt sich hinter diesem neuen Spiel?
Neun Jugendliche wagen den Schritt in eine neue virtuelle Realität. Doch was als harmloses Party-Spiel beginnt, entpuppt sich bald als wilder Trip durch eine ganz eigene Parallelwelt. Wie fühlt es sich an, Macht über jemanden auszuüben? Wo liegen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit?

Konzept / Regie: Frederike Stolzenburg

Darsteller_innen:
Amelie: Lena Aschauer
Chris: Sebastian Delmestri
Flo: Fatih Duman
Lizzy: Chiara Maria Höffinger
Conny: Sophie Kraft
Leo: Elisabeth Schmidt-Schmid
Lotte: Anna Sophia Schmiederer
Nici: Polina Yakimenko
Alex: Sophie Zillner

Hospitanz: Christiane Silberhumer

„wildfremd“
„Es gibt Kinder in Afrika, die verhungern.“ – „Jaja, wir wissen‘s.“ Zu abstrakt ist die Vorstellung von Not und Flucht in unserer ablenkungsreichen Welt. Smartphones, Leistungsdruck und Statuskämpfe ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Oberflächliche Happy Musik entspannt die Gemüter. Was aber, wenn das alles von einem Moment zum nächsten nichtig wird? Was passiert, wenn man der mittelschichtigen Komfort-Zone plötzlich entrissen wird? 14 Kinder erzählen von einem Abenteuer, das sie sich so nicht ausgesucht haben. Und ganz plötzlich ist das Handy nicht mehr Status-Symbol sondern überlebenswichtig und das Fremde nicht mehr ganz so fremd.
Zu abstrakt ist die Vorstellung von Not und Flucht in unserer ablenkungsreichen Welt. Smartphones, Leistungsdruck und Statuskämpfe ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. 14 Kinder erzählen von einem Abenteuer, das sie sich so nicht ausgesucht haben. Plötzlich ist das Handy nicht mehr Status-Symbol sondern überlebenswichtig und das Fremde nicht mehr ganz so fremd.

Konzept / Regie Klub: Lisa Brameshuber

Darsteller_innen:
Phillip: Niklas Aichberger
Fiona: Marlene Forgberger
Leona: Amelie Hammer
Franz: Tim Kirnbauer
Frau Müller, Lehrerin: Kiki Labres
Kevin: Paul Mangold
Mia: Oona Mortimore
Chiara: Caroline Naiwirt
Lena: Neela Benita Pfneiszl
Herr Jürgen, Busfahrer: Florian Posch
Katja: Julie Ramharter
Sascha: Raphael Steineck
Lukas: Daniel Strömmer
Alyssa: Amelie Wolf

Hospitanz: Jessica Steiner

Wann & wo?
16. und 17. Mai 2017; jeweils 19.30 Uhr
Theater im Zentrum, 1010, Liliengasse 3
Karten und Info: theaterklubs@tdj.at
www.tdj.at

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