Vorstellung erstmals mit Untertiteln

Jugendliche mit schwer oder nichts hören - der gesprochene Text der Bühne läuft auf dem Monitor - rechts oben
Das Theater der Jugend untertitelte erstmals - eine Vorstellung von "The Miracle Worker" über die taubblinde Helen Keller. Gespräch mit Jugendlichen, die wenig bis nichts hören.

Diese Gruppe Jugendlicher aus der HLMW Michelbeuern (Höhere Lehranstalt für Mode und Wirtschaft, Wien-Alsergrund) waren die sicher bestens vorbereitenden Besucherinnen und Besucher des derzeit im Theater im Zentrum (Wien) laufenden Stücks „The Miracle Worker“. Das dreht sich um die Kindheit von Helen Keller. In den USA eine Berühmtheit, bei uns weniger bekannt.

„Seiten“titel

Lucas, Elisabeth, Mohamed, Özlem, Medine, Zeynep, Arina und Carina, die selbst nichts oder nur schwer hören, kannten die Geschichte der 1880 geborene US-Amerikanerin, die im Altern von eineinhalb Jahren blind und gehörlos, erst auszuckte und später Schriftstellerin wurde, bestens. „Wir haben den Film gesehen, aber auch im Fach ÖGS (österreichische GebärdenSprache) über sie gelernt“, erzählen sie in der Pause – dank Lucas, der von Laut- in Gebärdensprachen übersetzte, dem Kinder-KURIER, der schon nach der Premiere vor mehr als einem Monat über das Stück – samt Interview mit der jungen Hauptdarstellerin – geschrieben hatte. Aber diese Vorstellung war eine von mehreren mit einer Besonderheit. Um auch Menschen, die nichts oder sehr wenig hören, den Besuch zu ermöglichen laufen auf einem seit am Rande einer Loge angebrachten Monitor Untertitel mit. Alles Gesprochene aber auch atmosphärische Infos (leise Geigenmusik, lautes Japsen...) steht dort als Text.

Viel echter als Film

Vorstellung erstmals mit Untertiteln
Das Team des Stücks in jener Szene, als die Hauptfigur die Bedeutung der Wörter be-greift und weiß, dass sie Helen ist.
Das fanden die jungen Besucher_innen aus der Schule, in der auch in Gebärdensprache unterrichtet wird, nicht ganz optimal. „Der Monitor war zu weit weg von der Bühne. Wenn du auf den Bildschirm schaust, siehst du fast nicht, was auf der Bühne los ist und umgekehrt“, merkten die Gäste an, für die es allesamt „das erste Mal war, dass wir in einem Theater sind, wir hatten gar keine Idee, was Theater ist“, weil es sonst kaum Angebote gibt. Und der Blick auf die Bühne hat sie sehr berührt, mitgenommen. „Es ist irgendwie wie Film, aber viel intensiver, richtig echt und mit mehr Emotionen“, meinen vor allem Mohamed, Medine und Lucas, der selbst noch Schüler, von der Laut-in die Gebärdensprache – und natürlich umgekehrt – das Gespräch mit dem KiKu-Reporter übersetzt. Die Jugendlichen sind von der schauspielerischen Leistung begeistert. „Die Frau, die die Helen Keller spielt, ist sehr überzeugend. Es wirkt so, als ob sie echt nichts sehen und hören würde!“, meinen alle übereinstimmend – und sagen das nach der Vorstellung auch den Darsteller_innen in einer Gesprächsrunde am Bühnenrand. „ich hab mich so gefreut, euren Applaus (Hände in die Höhe und schnell links, rechts schütteln) zu sehen“, eröffnet Felicitas Franz, Darstellerin von Kellers Lehrerin, Annie Sullivan, das Gespräch.

Fingeralphabet

Vorstellung erstmals mit Untertiteln
Gespräche der Schauspielerinnen mit den Jugendlichen - teils im Fingeralphabet, teils mit Übersetzung eines bilingualen Schülers
Sie, sowie Maresi Riegner, die phänomenale Helen-Darstellerin und Stephanie K. Schreiter (Helens Mutter) haben das Fingeralphabet, wie sie auf Fragen der Jugendlichen erzählen, in einem drei Stunden Kurs erlernt, „und dann haben wir einfach viel geübt“. Lynne Williams (Haushälterin Viney) mit Bühnenerfahrung in den USA berichtet, „in Amerika ist es üblich, auch am Broadway, dass Gebärdendolmetscher übersetzen“. Gegenseitig stellen sich Jugendliche und Darstellerinnen vor. Der Darsteller von Helens Vater, Uwe Achilles, gesteht, „dass ich das erst lernen muss“. Die Schülerinnen und Schüler stellen sich aber nicht nur namentlich mit fingeralphabet vor, sondern auch mit ihren Gebärdennamen – die einer/einem von andere Gehörlosen gegeben werden und meist ein optisches Merkmal aufgreifen. Lucas hält Daumen und Zeigefinger unter die Nase. „Ich hab einmal ein Nasenpiercing gehabt.“, Elisabeth greift sich ans recht Ohr, „weil ich oft Ohrringe trage“, Carina reicht ein deutliches C, Medine greift sich mit der rechten Hand an den Kopf – die Gebärde für Prinzessin...

Lieber „Über“Titel

Vorstellung erstmals mit Untertiteln
Untertitel auf dem Monitor
Als Feedback zur Vorstellung mit den Untertiteln merken die erstmaligen Theaterbesucher_innen noch an: „Es wäre besser, wenn die Untertitel über der Bühne wären, dann muss man nicht dauern hin und her schauen!“

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