Im Jugendstück „Schlamm oder Die Katastrophe von Heath Cliff“ im Theater im Zentrum (Wien) geht's sowohl um Gefahren von Experimenten als auch um Jugend-Freund- bzw. -Feinschaft.
Packend, spannend, mitunter sogar gruselig geht’s im jüngsten Stück im kleineren Haus des Wiener Theaters der Jugend zu. Und trotzdem bleibt auch Platz für manches Lachen und auch sanfte Emotionen. In einer recht trashig wirkenden Bühne wird in fast zwei Stunden (eine Pause) ein Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts angeseidelte und dennoch fast zeitlose Geschichte erzählt.
In „Schlamm oder Die Katastrophe von Heath Cliff“ des US-Erfolgs-Jugendautors Louis Sachar verknüpft sich eine durchaus alltägliche Teenager-Schul-Jugend-Freund- und –Feindschaft mit einem ernsten Umweltproblem. Der Schlamm im Wald, den Tamaya nimmt und Chad ins Gesicht schleudert, weil der Marshall verprügeln will führt zunächst zu einem Ausschlag. Aber was für einem! Rasend schnell wird die Kleinstadt unter Quarantäne gesetzt, weil schon Dutzende Menschen damit in Berührung gekommen sind.
Das Gute, das Böses schafft
Die schädlichen bis tödlichen Mikroorganismen sind bei Experimenten mit neuen Energieformen in einem an sich abgeriegelten Labor entwichen. Die rasche Ausbreitung erinnert die Streberin Tamaya an eine Schulstunde in der sie über die Pest gelernt hatten – und dass da nicht die Ratten, sondern die Flöhe der Ratten die Überträger waren – die Ratten gestorben sind und die Flöhe offenbar etwas in sich trugen, das sie überleben ließ. Das wird – ohne den Schluss zu verraten – zum Schlüssel für die Lösung. Das Mädchen wird zur Retterin der Welt, nein „nur“ der Menschheit. Und eigentlich ist es ja die, die die Welt zerstört. Also schuf sie mit ihrer Rettung die Basis für die weitre Zerstörung? Diese Fragen stellen sich die jugendlichen Figuren. Und kann dem Einhalt geboten werden?
Verwandlungen
Neben dieser inhaltlich gesellschaftspolitischen Grundfrage, die sich alle paar Jahrzehnte immer wieder aufs Neue stellt – ob das die Erfindung des Dynamits oder später der Atomkernspaltung – selbst für friedliche Zwecke – war oder heute reale sowie virtuelle Viren sind, spielt auch die für praktisch alle Jugendlichen viel näher liegende Fragen eine zentrale Rolle: Ausgrenzen, Mobben auf der einen und gegenseitiges Helfen sowie im Verlauf der Geschichte Interesse für die/den Anderen und die Beweggründe bösen Handelns. Und so schaffen vor allem Claudia Waldherr als Tamaya und Stefan Rosenthal als Chad meisterhaft ihre Verwandlungen authentisch zu spielen: Die eine von der Streberin zur Retterin, indem sie sich über viele Regeln hinweg setzt und der andere vom Schläger zum Kumpel, weil er sich endlich verstanden fühlt.
Schlamm oder Die Katastrophe von Heath Cliff von Louis Sachar
in der Bühnenfassung von Jethro Compton Deutsch von Gerald Maria Bauer und Anna Klein Ca. 2 Stunden, ab 11 J.
Regie: Jethro Compton
Tamaya: Claudia Waldherr Marshall: Johannes Huth Chad: Stefan Rosenthal Monica: Soffi Schweighofer Summer / Ärztin: Mieke Biendara Mr. Davison / Dr. Fitzman: Rafael Schuchter Dr. Humbard: Uwe Achilles Senator: Frank Engelhardt In weiteren Rollen: Ensemble
Regie / Bühne: Jethro Compton Kostüme: Susanne Özpınar Bühnenbildassistenz: Clio van Aerde Dramaturgie: Gerald Maria Bauer Licht: Fritz Gmoser Assistenz und Teilinspizienz: Anna Klein Teilinspizienz: Felix Metzner Hospitanz: Carmen Wessiak
Aufführungsrechte: Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co. Ges.m.b.H.
Wann & wo? Bis 24. Juni 2017 Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3 www.tdj.at
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