Hoffnung gegen Ängste-Schürer

Einige fallen aus dem Boot und recken verzweifelt ihre Arme um hilfesuchende Hände
Jugendliche einer Klasse des Schwechater Gymnasiums erarbeiten mit Künstlerinnen ein Tanztheaterstück :ICH :KRIEG :KRISE, Aufführungen im Theater Forum Schwechat.

Durchsichtige Kunststoffplatten in verschiedener Größe - mit batteriebetriebenen LED-Lampen – stellen Tablets, manche kleinere Smart-Phones und eine aufklappbare einen Laptop dar. Mit solchen symbolisierten digitalen Kommunikations- und Arbeitsmitteln werden sich alle 26 jugendlichen Darsteller_innen die meiste Zeit ihres einstündigen Tanztheaterstücks auf der Bühne im Theater Forum Schwechat bewegen. Wenige Tage davor darf der Kinder-KURIER bei einer Probe im Musikzimmer des Gymnasiums Schwechat zuschauen – und fotografieren. „:ICH :KRIEG :KRISE“ heißt das Stück, an dem die Jugendlichen seit Monaten gemeinsam mit zwei Künstlerinnen des Vereins „Tathenmut - tanz theater netzwerk für mutige“ arbeiten und das am 21. und 22. Februar im Theater Forum Schwechat zu sehen sein wird.

Familiäre Fluchtgeschichten

Hoffnung gegen Ängste-Schürer
Viele, viele weitere Fotos von den Proben im Musikzimmer des Schwechater Gymnasiums
Flucht und damit Flüchtlinge sind kein neues Phänomen. Als die 4a des Gymnasiums Schwechat mit den beiden zwei Künstlerinnen an dem Stück zu arbeiten begann, recherchierten die Jugendlichen zunächst einmal in der eigenen Familie. Klar, ein Mädchen kam erst vor kurzem in die Klasse. In Afghanistan geboren, lebte sie als Flüchtling im Iran und musste auch von dort weiter fliehen. Aber auch andere haben Eltern und Großeltern, die etwa vor dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien flüchten mussten oder aus Tschechien bzw. aus Bulgarien nach Österreich kamen. Eine weitere Schülerin wurde im Alter von sechs Monaten in einem äthiopischen Waisenhaus von einem österreichischen Paar adoptiert.

Aus diesen eigenen Familiengeschichten sowie aus vielen medialen Berichten über Flucht und die Haltung Schwechater Bewohner zu einer Flüchtlingsunterkunft entstanden Szenen des Tanztheaterstückes: :ICH :KRIEG :KRISE. Dieses wird nächste Woche (21. Und 22. Februar) im Theater Forum Schwechat aufgeführt.

Die Kündigung der Mutter einer Mitschülerin war Anlass für weitere Szenen – wirtschaftliche Krise, Bewerbungen und damit verbunden nicht selten erlebte Ungerechtigkeiten.

Spiel zwischen virtueller und realer Welt

Hoffnung gegen Ängste-Schürer
Viele, viele weitere Fotos von den Proben im Musikzimmer des Schwechater Gymnasiums
Das Stück beginnt sozusagen mit einem Blog-Eintrag der Erzählerin – und endet auch mit einem solchen. Dazwischen tauchen die anderen auf, filmen und fotografieren sich symbolisch gegenseitig mit den eingangs beschriebenen Devices, feiern Pyjama-Party, lassen witzige Sprüche vom Stapel wie „ich hab gern Oktopusse mit Augenbrauen“ oder „ich mag Einhörner, die auf Regenbögen tanzen“.

Sie schlüpfen dann aber auch in die Rolle von Flüchtlingen in einem wackeligen Boot. Einige fallen ins Meer und versuchen verzweifelt wieder an Bord zu kommen. Szenen in verschiedenen Sprachen – allesamt auch in der Klasse gesprochen – kommen ebenso vor wie solche, in denen andere durch zugehaltene Augen zeigen: Noch immer – oder schon wieder (?) gibt es (zu) viele Menschen, die wegschauen, wenn andere um ihr (Über-)Leben kämpfen.

Starker Schluss-Beitrag

Hoffnung gegen Ängste-Schürer
Viele, viele weitere Fotos von den Proben im Musikzimmer des Schwechater Gymnasiums
Azmera, die (virtuelle) Erzählerin zitiert aus dem letzten Blogeintrag: „Wir habe alle eine Familiengeschichte die mit Flucht und Krieg zu tun hatte....doch manchmal kann man das schon vergessen...manchmal kann man schon vergessen wie Krieg sich anfühlen könnte....bei all der Angst die in uns steckt, vor dem Unbekannten, dem Unverstandenen, dem Ungewohnten....eine Sprache, die man nicht versteht, eine Kultur die einem fremd ist, .....da kann man schon vergessen wie sich Krieg wohl anfühlen könnte.!“

Worauf alle gemeinsam im Chor dies zum besten geben:

„Fang an zu träumen und
Stell‘ dir vor, es ist Krieg
und keiner geht hin,
das Schlachtfeld bleibt leer
und alle gewinnen,
das Leben ist fair.

Können wir denn wirklich so tun
als hätten wir nichts gesehen,
können wir denn wirklich so tun
als wäre nichts geschehen,
können wir denn wirklich so tun
als wär das immer so gewesen?

Nein, da muss ich nur die Zeitung lesen
oder ins Internet schau’n:
Es fließt Blut über Syrien bis nach Europa,
und wir wollen kein Flüchtlingsheim bau’n.
Ihr setzt auf Angst und auf Isolation,
eure Angst und Vorurteile
werden an der Front zur Munition.“

:ICH :KRIEG :KRISE
Tathenmut - tanz theater netzwerk für mutige

Regie und Leitung Michaela Illetschko und Christine Nocker

Schauspiel:
Livia Carina Apolin, Marie Brezina, Sarafina Brucker, Emily Byrne, Viktoria Dabrowska, Nicole Fichtinger, Alena Fodor, Johanna Haschka, Azmera Emili Hingel, Florian Klaus, Barbara Knapp, Lea König, Katharina Macek, Lisa Mariaux, Evelyn Martinek, Sonia Momeni, Melina Paitli, Julia Rittmann, Veronika Schall, Lilly Schweitzer, Jessica Spehar, Lisa Steckbauer, Jessica Stöffel, Natalia Teverny, Sophie Elisabeth Wukitsevits (auch Live-Cello-Spiel), Nina Zwitkovits - 26 Schüler_innen der 4A des Gymnasiums Schwechat

Videos und Fotos: Alexander Zechmeister
Bühnenbild: Paul Otto Sukopp

Wann & wo?
21. Februar, 19 Uhr
22. Februar, 19.30 Uhr
Theater Forum Schwechat
2320, Ehrenbrunngasse 24
Karten: 0699/195 654 68
tathenmut@gmx.at

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