Von Bambara bis Visayans

Am Wort im Festsaal der HAK Hamerlingplatz: Ethem Serttaş aus der HTL Mödling mit Türkisch - und natürlich Deutsch
An die 600 Jugendliche treten zum neunten Durchgang des mehrsprachigen Redewettbewerbs „SAG’S MULTI!“ an – mit mehr als 50 verschiedenen Sprachen.

Stellen wir uns drei Menschen vor: Einen Juden aus dem Senegal, einen Muslim aus den USA und einen Christen aus der Türkei, lädt Ethem Serttaş seine Zuhörerinnen und Zuhörer zu einem Gedankenxperiment ein, das angesichts seiner Wahl schon Klischees durcheinander bringt. Doch die Unterschiede spricht der Redner aus der HTL Mödling gar nicht an. Er fokussiert auf das Gemeinsame: „Sie sind Menschen!“

Von Bambara bis Visayans
Am Wort im Festsaal der HAK Hamerlingplatz: Ethem Serttaş aus der HTL Mödling mit Türkisch - und natürlich Deutsch

Es wäre so einfach, wenn alle einander mit Respekt begegnen, meint Serttaş – auf Deutsch und Türkisch. Er ist einer von 592 Jugendlichen, die in diesem Schuljahr beim mehrsprachigen Redebewerb „SAG’S MULTI!“ antreten. Derzeit sind nach den absolvierten Vor- die Regionalrunden im Gange. Jene rund 100 Schüler_innen, die von den Juror_innen weitergeschickt werden, halten ihre neuen Reden in drei Bundesfinaltagen, bei denen die 16 Sieger_innen ermittelt werden. Die gestarteten fast 600 Jugendlichen bringen mehr als 50 verschiedene Erst- bzw. erlernte Fremdsprachen in den Bewerb ein und unterstreichen damit die Wichtigkeit und den Stellenwert von Mehrsprachigkeit – als Gewinn, als Schatz und nicht als Defizit.

Es lohnt sich… - ehrenamtlich zu arbeiten

Zurück zum eingangs zitierten Redner, der zum Hauptthema des diesjährigen, neunten Durchgangs von „SAG’S MULTI!“ sprach: „Dafür lohnt es sich zu leben“. Ethem Serttaş plädierte für ehrenamtliches Engagement – bei der Leistungen erbracht werden ohne dafür Gegenleistungen zu erwarten. Er selbst, derzeit im Maturajahr und in einem Diplomprojekt in der Abteilung Bautechnik für ein Wohnhaus in Traiskirchen, war im Vorjahr Schulsprecher. Da verbesserte er vor allem die interne Kommunikation mit den Klassensprecher_innen und allen Schüler_innen, engagiert sich seit sieben Jahren in einer Jugendorganisation und kündigte an, später als fertiger Bautechniker, Projekte mit Jugendlichen zu organisieren.

157 Schulen, mehr als 50 Sprachen

Beim Festival der Sprachen, an dem in diesem Schuljahr fast 100 Jugendliche mehr mitmachen - aus 157 Schulen aller Bundesländer – erklingen neben jeweils Deutsch - mehr als 50 verschiedene Sprachen, darunter erstmals in diesem Bewerb Bambara (in Teilen von Burkina Faso, Mali und der Elfenbeinküste), Luxemburgisch, Inguschisch und Visayans (neben Tagalog eine der Sprachen auf den Philippinen). Zwei Drittel der Jugendlichen, die ihre Gedanken vor den fach- und vor allem sprachkundigen Jurys und Alterskolleg_innen vortragen (werden) sind Mädchen. Stark aufgeholt haben – so die Organsiator_innen vom Verein Wirtschaft für Integration und EduCult – die Neuen Mittelschulen. In dieser Altersgruppe stellen die Redetalente aus diesen Schulen fast zwei Drittel gegenüber einem Drittel AHS-Schüler_innen.

Die Unterthemen des großen Mottos „Dafür lohnt es sich zu leben“ lauten „Freiheit beginnt im Kopf“, „Nobody is perfect“ (wofür sich sehr viele Redner_innen entschieden haben), „Social Media - mein echtes Leben?“ sowie in diesem Jahr ein Zitat von Martin Luther King: „Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit an jedem anderen“.

19 Jahre und mehrmals geflüchtet

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Taha Al Khashmany aus dem Gymnasium Horn (NÖ) sprach in zwei erlernten Fremdsprahen: Englisch und Deutsch

Am ersten der Regionalrundentage berührte Taha Al Khashmany (19) aus dem Horner Gymnasium (NÖ) in seinem Beitrag nicht nur mit seinem gediegenen Deutsch (nach erst zweieinhalb Jahren) und damit, dass er Englisch als erlernte Fremd-, anstelle seiner Erstsprache Arabisch einsetzte, sondern vor allem mit der Schilderung seiner mehrfachen Fluchterfahrungen. Im Alter von fünf Jahren musste die Familie aus Bagdad weg, fand Zuflucht in der Heimatstadt des Vaters, Tikrit. Die Konflikte zwischen den religiösen Gruppen wurden angeheizt. „Bist du Schiit oder Sunnit?, wurde ich in der Schule gefragt“ – und in der Frage schwang die Drohung mit, wehe, wenn du zur „falschen“ Gruppe und so weiter… Tahas „Pech“: Mutter das eine, Vater das andere – also immer irgendwie falsch. Dieses Schwarz-Weiß-Denken lehnt der Redner definitiv ab. Er versteht sich als Weltbürger und hält Freiheit für das höchste Gut, das den Menschen erst zum Menschen macht.

Also wieder einmal Flucht auf verschlungenen Wegen, um nicht bei Kontrollen den „Flaschen“ in die Hände zu fallen – diesmal nach Syrien. Wenige Jahre später brach dort der Krieg aus – also noch einmal Flucht. Vor zweieinhalb Jahren landeten er und seine Familie in Österreich. „Ich habe für mich gewählt, zu keinem Land, zu keiner Religion zu gehören. Nein zum Hass zu sagen, ist der erste Schritt zur Freiheit!“

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Asta Proksch aus dem Gymnasium Sacré Coeur (Wien) sprach Dänisch

Freiheit war auch das Thema von Asta Proksch aus dem Gymnasium Sacré Coeur (Wien). Auf Dänisch – und natürlich Deutsch (das muss jede/r) setzte sie sich mit der Frage auseinander, wie weit eigene Entscheidungen immer selbstbestimmt seine oder nicht doch häufig auch von anderen beeinflusst würden.

Für das echte Leben

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Hannah Tripes ebenfalls aus dem Gymnasium Sacré Coeur (Wien) sprach in ihrer Erst- bzw. Muttersprache Englisch

Ihre Schulkollegin Hannah Tripes sprach auf Englisch – als ihrer Erst- bzw. Muttersprache – über die Zeit, die mitunter vergeudet werde, wenn man sich in sozialen Netzwerken tummle. Trotz aller Vorteile, die sie mit sich bringen, solle nie vergessen werden, „dass es die echte Welt ist, die zählt und wer du bist – lass nicht die sozialen Netzwerke dein Leben bestimmen!“

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Denise Ponholzer aus dem Gymnasium Horn (NÖ) entschied sich für die erlernte Fremdsprache Englisch.

Denise Ponholzer aus dem Gymnasium Horn (NÖ) gab in ihrer Rede (Englisch, erlernte Fremdsprache) den Tieren eine Stimme. Sie wies auf Leid in der Massentierhaltung ebenso hin wie darauf, dass diese auch in Kriegen Opfer seien wobei sie konkret das Beispiel der Zootiere von Mossul erwähnte. Konsument_innen hätten es aber in der Hand, sich gegen Billigfleisch aus Massentierhaltung zu entscheiden.

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Emilie Askeljung (B/RG Purkersdorf, NÖ, Schwedisch)

Emilie Askeljung (B/RG Purkersdorf, NÖ, Schwedisch) sprach sich vor allem dagegen aus, sich immer mit anderen zu vergleichen, auf Egoismus und eigene Vorteile zu setzen. Teilen, den Nachbarn auch Gutes zu wünschen – das wäre DIE Alternative.

Gewinn statt „Handicap“

Dajana Radić (HAK/Hasch Waidhofen/Thaya, NÖ; Serbisch) sprach über das Leben zwischen zwei Kulturen. „Es ist wichtig, aus beiden Kulturen das Beste herauszuholen.“ Das werde aber nicht immer leicht gemacht, etwa wenn folgendes erlebt wird: „Da bin ich zum ersten Mal auf das Wort Handicap gestoßen, das eine Lehrerin mit meiner Muttersprache verbunden hat. Das hat mich sehr verletzt. Das Wort hat mich in meiner persönlichen Entwicklung und Freiheit sehr gebremst. Ich habe sehr lange gebraucht, meinen eigenen Entschluss zu finden, um dieses Handicap eigentlich als einen Gewinn zu sehen. Somit habe ich mich entschlossen, dieses als Vorteil zu nutzen und mir die nächste Tür in meinem Leben zu öffnen.“

www.sagsmulti.at

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Sag's MULTI! 2017/18, 5. Dezember, HAK Hamerlingplatz
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Riegmalha, der Einfachheit halber fast nur Richi genannt, Kuong, früherer erfolgreicher SAG'S MULTI!-Teilnehmer als Moderator mti den beiden Obleuten des "Vereins Wirtschaft für Integration", Georg Kraft-Kinz und Ali Rahimi

Riegmalha, meist Richi genannt, Kuong, früherer erfolgreicher SAG'S MULTI!-Teilnehmer als Moderator mti den beiden Obleuten des "Vereins Wirtschaft für Integration", Georg Kraft-Kinz und Ali Rahimi

„,SAG’S MULTI!‘ präsentiert nicht nur junge mehrsprachige Talente. Dieser Wettbewerb ist ein Signal für Weltoffenheit, Engagement und politisch wache junge Menschen!“, so die Obleute von Wirtschaft für Integration, Georg Kraft-Kinz und Ali Rahimi zum Start der Regionalrunden des mehrsprachigen Redewettbewerbes. Gemeinsam mit Robert Gulla, Geschäftsführer von LUKOIL (neben UNIQA wesentlich unterstützender Sponsor) waren sie Zuhörer bei der Regionalrunde auf dem Bertha-von-Suttner Schulschiff in Floridsdorf. An insgesamt 13 Tagen (neun in Wien, zwei in Innsbruck und zwei in Graz) werden die Teilnehmer_innen vor Jury und Publikum antreten. Ende Jänner sind dann jene Jugendlichen ermittelt, die ab 22. Februar 2018 in drei Finalrunden neue Reden halten – die 16 besten gewinnen eine gemeinsame mehrtägige Reise in ein europäisches Land, alle rund 100 Finalist_innen werden zur Gala mit Siegerehrung in den großen Festsaal des Wr. Rathauses (12. März 2018) eingeladen.

„Diese Vielfalt der Sprachen, die die SchülerInnen mitbringen, zeigt das enorme Potenzial, das in den jungen Menschen dieses Landes steckt“, so die beiden Obleute von Wirtschaft für Integration.

Riesenplus

„Mehrsprachigkeit ist längst Realität. Und das ist gut so! Wer neben Deutsch noch eine weitere Sprache perfekt beherrscht, verfügt über ein Riesenplus. Und zwar gleich im doppelten Sinne: Denn Sprachen erweitern nicht nur den persönlichen Horizont und sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für ihre berufliche Zukunft, sie stärken unsere Gesellschaft und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes“, zeigen sich Kraft-Kinz und Rahimi überzeugt.
„Diese jungen Menschen sind die Zukunft Österreichs und das stimmt uns extrem positiv. Wer schon einmal bei ‚SAG’S MULTI!‘ dabei war und das Talent, die Ideen, Träume und Ziele dieser jungen Menschen mitbekommen hat, weiß, wovon wir sprechen. Jede und jeder, die bzw. der mitmacht, ist bereits ein/e Gewinner/in!“, ergänzt Sponsor Robert Gulla, der auch Mitglied im Vorstand von Wirtschaft für Integration ist.

Wirtschaft für Integration

Der Verein Wirtschaft für Integration wurde im März 2009 von Dr. Georg Kraft-Kinz (Stv. Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien) und dem in Teheran geborenen Wiener Unternehmer Mag. Ali Rahimi gegründet. Gemeinsam mit Peter Wesely (ab 2009 Generalsekretär und seit 1.1.2016 Geschäftsführer) setzt der Verein innovative und modellhafte Projekte für einen potenzialorientierten Umgang mit dem Thema Integration um. Die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen und Interessensvertretungen ermöglichte so u.a. den Österreichischen Integrationspreis, dreimal den Österreichischen Integrationstag oder bereits achtmal den mehrsprachigen Redewettbewerb „SAG’S MULTI!“. Das Leitmotiv lautet „fordern und fördern“. Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien ist Gründungs- und Hauptsponsor von Wirtschaft für Integration. Die Wien-Holding ist unterstützender Sponsor

www.vwfi.at

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