Wenn Gold und Honig die Sicht verblenden

Szenenfoto aus "Reineke Fuchs" von Zentih Productions
Eine bunte Version von Goethes „Reineke Fuchs“ im Hof des Wiener Volkskundemuseums.

Bis 12. Juli wird der Innenhof des Volkskundemuseums Wien in einen Wald voller Tiere verwandelt, denn seit 15. Juni präsentiert dort Zenith Production ihr neues Stück „Reineke Fuchs“ als Freilufttheater. Das Stück ist eine Abwandlung von Goethes „unheilige Weltbibel“ und richtet sich an Erwachsene und Kinder ab 10 Jahren. Auch werden damit Kinder unterstützt, denn der Eintritt basiert auf freiwilliger Spende und kommt zur Hälfte SOS Kinderdorf zu Gute.

Märchenwelt

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Szenenfoto aus "Reineke Fuchs" von Zenith Productions
Schon wenn man den Hof betritt hat man auf eine Weise das Gefühl in eine Märchenwelt einzutauchen. Umgeben von einem seidenen, lilafarbenen Vorhang steht mitten auf den Pflastersteinen des Hofes eine Bühne, direkt vor einem großen, alten Baum, der selbst viele Geschichten zu erzählen scheint. Zehn Darsteller_innen (fünf Profis und fünf Schauspiel-Schüler_innen) verkörpern voller Energie unterschiedliche Tiere und auch ohne genau auf die schönen Kostüme zu achten, lässt sich schnell erahnen wer welches darstellt.

Honig ums Maul

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Szenenfoto aus "Reineke Fuchs" von Zenith Productions
Immer wieder steht eine/r der Protagonist_innen mit einem Buch in der Mitte der Bühne und gibt einen Überblick über die Geschichte, die von Reineke dem Fuchs (Tanju Kamer) handelt, der durch seine raffinierten und bösen Taten die ganze Tierwelt in Ärger versetzt. In Absprache mit König Nobel (Eri Bakali) wird schließlich immer eines der Tiere zum Fuchsbau geschickt, um ihn zur Rede zu stellen, allen voran Braun der Bär (Kari Rakkola). Doch niemandem gelingt es seinen schelmisch durchdachten Streichen zu entkommen. Immer schafft Reineke es die Kolleg_innen zu täuschen, ihnen sozusagen auch Honig ums Maul zu schmieren und sie auf seine Seite zu ziehen, letztlich sogar den König, indem er ihm erzählt, all die anderen Tiere hätten sich in Wirklichkeit gegen ihn verschworen und nur er sei ihm treu. Den König kriegt er nicht zuletzt rum, weil er von einem vergrabenen Schatz erzählt – und schon siegt im Löwen die Gier und lässt ihn „anbeißen“. Fake News – oder wie sie früher einfach hießen Lügen – fallen dort auf fruchtbaren Boden, wo jemand gern glauben will, was sie/er hört/liest/sieht. Und die Aussicht auf Gold/Geld verblendet viele ziemlich leicht. Nicht viel weniger das Umschmeicheln mit Komplimenten...

Gestik, Mimik, Bewegung, Musik

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Szenenfoto aus "Reineke Fuchs" von Zenith Productions
Abseits von Worten spielen Gestik, Mimik und Bewegung eine besonders große Rolle im Stück. Da gibt es den Bären mit den großen Tatzen und etwas unkontrollierten Schritten. Die kleine Katze, gespielt von Henrietta Rauth, der leichtfüßig, elegant und scheu dem Fuchs gegenübertritt, Lampe den Hasen (Anna Zöch), der ein wenig ängstlich und immer aufmerksam über die Bühne hoppelt, oder das Huhn (Alexe Schmid), der sich mit erhobenem Hals gackernd über den diebischen Reineke beschwert.

Die ausdrucksstarke Gestik wird schließlich noch durch die Stimmen der Tiere bestärkt: Das tiefe Brummen des Bären, das Gackern des Hahns, oder das etwas zerstreute und ängstliche Stottern des Hasen. All die verschiedenen Tierlaute mengen sich oft zu einem lebendigen Chor, der manchmal sogar durch echtes Vogelgezwitscher ergänzt wird, das man leise aus dem Hintergrund wahrnimmt. Vor allem aber wird das Geschehen durch die Musik belebt, die Walter Nikowitz am Rand der Bühne mit einer Gitarre spielt. Auf die jeweiligen Szenen abgestimmt unterstreichen ihre Klänge die Stimmungen. So sorgen sie beispielsweise für Spannung, wenn sie sich langsam immer wieder steigern und schneller und lauter werden, als der Kater an die Türe des Fuchses klopft und dieser sich versteckt und ihn immer wieder hinterlistig erschreckt.

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Adrian Stowasser & Tanju Kamer
Oder am Ende, bei dem Duell zwischen Reineke und dem Wolf (Adrian Stowasser). Dieses ist als Boxkampf in drei Runden angelegt. In einer fallen sie in Super-Zeitlupe übereinander her und ihr Kampf ist fast vergleichbar mit einem Tanz, der die anderen Tiere, wie auch das Publikum zu fesseln scheint.

Auch wenn sich viel auf der Bühne abspielt, so wird eigentlich der ganze Platz immer mehr zur Bühne. An allen Seiten laufen die Darsteller_innen vorbei und zuletzt hat man das Gefühl selbst mitten im Wald zu sitzen.
Rosanna Wegenstein, 18 und Heinz Wagner

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Eri Bakali & Bircan Batir
Reineke Fuchs
Eine tierische Gaunerkomödie; ab 12 J.
Zenith Productions

Konzept und Regie: Kari Rakkola
Musik: Walter Nikowitz
Es spielen:
König Nobel, der Löwe: Eri Bakali
Reineke, der Fuchs: Tanju Kamer
Isegrim, der Wolf: Adrian Stowasser
Gieremund, die Wölfin: Magdalena Mair
Henning, das Huhn: Alexe Schmid
Hinze, die Katze: Henrietta Rauth
Grimbart, der Dachs: Deborah Gzesh
Lampe, das Kaninchen (& Affe): Anna Zöch
Merkenau, die Krähe (& Affe): Bircan Batir
Braun, der Bär: Kari Rakkola

Regie-Assistenz: Ayşe Bostancı

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Szenenfoto aus "Reineke Fuchs" von Zentih Productions
Wann und wo?
Bis 12. Juli 2017
Volkskundemuseum Wien, Gartenpalais Schönborn
1080 Wien, Laudongasse 15-19

Der Eintrittspreis ist eine freiwillige Spende
(empfohlen: 15 € / 10 €), von der die Hälfte
SOS Kinderdorf zugutekommt.

Infos
www.facebook.com/zenithproductionsvienna
Telefon: 0677/614 05 081

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