Vielfalt ist bereichernd!

Sogar eine Supermarktkette dankt ihren Kund_innen beim Ausgang in vielen verschiedenen Sprachen!
Pädagoginnen und Pädagogen der Volksschule 1 Leibnitz (Steirmark) verfassen offenen Brief
 für Mehrsprachigkeit und Vielfalt.

Dienstag Abend findet im großen Festsaal des Wiener Rathauses die Preisverleihung des 8. Durchgangs des mehrsprachigen Redebewerbs "SAG'S MULTI!" statt. Mehrsprachigkeit ist kein Defozit, sondern im Gegenteil ein Gewinn - für die einzelnen Menschen, die Gesellschaft insgesamt und nicht zuletzt die Wirtschaft - ist die Philosophie dieses Redebewerbs für Schülerinnen und Schüler ab der 7. Schulstufe.

Kürzlich wandten sich die Pädagoginnen und Pädagogen der Volksschule 1 im steirischen Leibnitz mit einem offenen Brief, in dem sie
 sich gegen manipulatives Spiel mit der Vielsprachigkeit von Kindern aussprechen, an die Öffentlichkeit. Natürlich wünschen sie sich sehnlich mehr Ressourcen, um Kinder - noch - besser begleiten zu können, die mit anderen Sprachen in die Schule kommen. Der offene Brief wurde in "Meine Woche/mein Bezirk" erstveröffentlicht. Hier der ...

... volle Wortlaut des offenen Briefes

Sehr geehrte Eltern, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, werte politische Verantwortungsträger,

in den vergangenen Tagen gab es wieder eine Reihe von Meldungen in den Medien, was die Anzahl an Schülern anbelangt, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Wie so oft in diesem Zusammenhang, gab es eine Vielzahl von Mutmaßungen, die zuweilen auch in plakative Forderungen verpackt wurden. Als Pädagogen, denen das Wohl aller uns anvertrauten Kinder am Herzen liegt, möchten wir festhalten, dass wir uns immer bemühen, alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu betreuen.

Durch die steigende Anzahl an Kindern in unseren Klassenzimmern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, werden wir zweifelsohne vor so manche Herausforderung gestellt. Diese Herausforderungen jedoch mit so dramatischen Begriffen wie "schockierend hohe Zahlen" umschreiben zu wollen, so wie das manche Politiker nun tun, halten wir für einen völlig falschen Ansatz. Wir leben in einer vernetzten Welt. Diese Welt macht weder vor unseren Haustüren noch vor unseren Schultoren Halt und das soll sie auch nicht. Wir können nicht so tun, als ob es den einen oder anderen Wandel in unserer Gesellschaft nicht gäbe und ihn einfach ignorieren. Noch schlimmer wäre es, diesem Wandel nur Schlechtes andichten zu wollen, gerade, wenn es um Kinder geht, denen unser aller Sorge gelten sollte.
Dass Kinder eine andere Muttersprache als Deutsch haben, bedeutet übrigens nicht, dass sie kein Deutsch sprechen. Viele der Kinder, die zu Hause in einer anderen Sprache sprechen, können unserem Unterricht nach der anfänglichen Eingewöhnungsphase ohne Probleme folgen. Sie werden ausnahmslos wohlwollend von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern in die Klassengemeinschaft aufgenommen. Die Kinder lernen viel voneinander und übereinander und vor allem auch, wie wichtig es ist, für einander einzustehen und einander zu helfen. Das sind Dinge, die nicht im Lehrplan stehen, aber für das weitere Leben eine große Bedeutung haben. Wir leisten als Pädagogen nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung der uns anvertrauten Kinder, sondern wir sind durch unsere Arbeit an den Schulen auch ein bedeutender Pfeiler unserer Gesellschaft, wenn es darum geht, von frühester Kindheit an, die Bedeutung und den Wert von friedlichem Miteinander nicht nur zu lehren, sondern auch aktiv zu leben.
Dieser Aufgabe, die sicherlich nicht immer einfach zu bewältigen ist, stellen wir uns gerne und wir dürfen auch sagen, dass wir dies sehr erfolgreich tun. An unserer Schule, an der Vielfalt gelebt und geschätzt wird, werden alle Kinder auf ihren weiteren Bildungsweg hervorragend vorbereitet. Wenn wir uns auch mehr Unterstützung von politischer Seite (und damit meinen wir nicht das Plakatieren von vermeintlichen Hiobsbotschaften) wünschen würde, so können wir mit Überzeugung sagen, dass wir die Vielfalt an unserer Schule als sehr bereichernd empfinden.
Wir sind natürlich auch dankbar für die Ressourcen, die wir bereits erhalten. Auf diese Weise können wir zum Beispiel Sprachstartkurse anbieten. Diese Kurse sind sehr erfolgreich. So konnten wir auch im Mai 2015 bei der Überprüfung der Bildungsstandards in allen Bereichen des Deutschunterrichts Ergebnisse erzielen, die zum Teil über den Erwartungen lagen und die belegten, dass wir sogar weit bessere Werte erreichen konnten als viele andere Schulen, auch solche, in denen weniger Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Als Pädagogen stellen wir uns jeden Tag den Herausforderungen, die unser Beruf mit sich bringt. Ein Beruf, dem auch gesamtgesellschaftlich große Bedeutung beikommt. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und erfüllen unsere Aufgaben mit großem Engagement.
Gerade aus diesem Grund halten wir es auch für wichtig, dass sich die Menschen nicht durch einseitige und nicht fundierte, bewusst manipulierende Aussagen verunsichern lassen. Wir können Ihnen versichern, dass alle uns anvertrauten Kinder bestens ausgebildet werden. Durch die an unserer Schule gelebte Vielfalt erhalten sie zudem ein wesentliches Rüstzeug für ihren weiteren Lebensweg, der - auch wenn das manche nicht wahrhaben wollen - nun einmal in einer vernetzten und globalisierten Welt eingebettet sein wird.
Wir laden alle Interessierten ein, sich persönlich davon zu überzeugen, wie wir in unserer Schule arbeiten. Persönliche Kontakte sind jedenfalls besser geeignet, sich ein Bild von unserer Arbeit zu machen als so manches Werbeplakat.

Mit freundlichen Grüßen
die Pädagoginnen und Pädagogen der VS 1 Leibnitz

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