Nichts Schöneres, als einen Weg zu finden, der unmöglich scheint

Nichts Schöneres, als einen Weg zu finden, der unmöglich scheint
Max J. Kobbert ist der Erfinder des "verrückten Labyrinths"

Das Spiel mit den quadratischen Gänge-Karten, die so verschoben werden müssen, um mit der eigenen Spielfigur an Zielkarten zu kommen, wurde weltweit mehr als acht Millionen Mal verkauft.
Der Erfinder dieses Erfolgsspiels, Max J. Kobbert, ist Wahrnehmungspsychologe und war Dozent an verschiedenen Universitäten und Kunstakademien. Der 66-Jährige erklärt dem Ravensburger-Pressedienst, was das Spiel mit anschaulichem Denken zu tun hat, warum diese Form des Denkens unterschätzt wird - und was Menschen auf allen Kontinenten daran fasziniert.

Schon als Student hatte er Spaß daran, sich Wahrnehmungsaufgaben auszudenken. Und während seiner Lehrtätigkeit kam es ihm immer darauf an, zu zeigen, dass Denken mehr ist als logisches Denken oder sprachliches Denken. "Wir denken eben auch in anschaulichen, bildhaften Kategorien. "Das verrückte Labyrinth" verlangt gerade dieses anschauliche Denken. Ich habe das Spiel konzipiert, um das anschauliche Denken bei Kindern und Erwachsenen zu trainieren."

Sind dann ältere Menschen vielleicht die besseren Labyrinth-Spieler, weil sie einfach mehr Zeit hatten, anschauliches Denken zu üben?
"Eher im Gegenteil. In unserer Familie zum Beispiel war die jüngere Tochter im Alter von sieben Jahren die beste Labyrinth-Spielerin. Kinder sind da Erwachsenen in der Regel überlegen. Deswegen ist das Spiel ja auch so gut geeignet als Familienspiel. Wenn wir mit dem anschaulichen Denken Probleme haben, dann hat das auch mit dem Unterricht in unseren Schulen und auch in den Universitäten zu tun. Da wird noch immer versucht, das mathematisch-logische Denken von anschaulichen Anteilen zu säubern. Man begründet das mit den Theorien des einflussreichen Entwicklungspsychologen Jean Piaget. Der hatte das anschauliche Denken lediglich als eine kindliche Vorstufe zu abstrakteren Formen des Denkens abgehandelt. Und das hatte große Auswirkungen auf die Didaktik. Anschauliches Denken müsste gezielt interdisziplinär trainiert werden. Die verschiedenen Arten des Denkens entwickeln sich nämlich parallel zueinander weiter. Und Anschaulichkeit hilft beim Begreifen enorm. Sie hilft sogar beim logischen Denken. Die binomischen Formeln der Mathematik zum Beispiel machen so manchem 14-, 15-Jährigen in der Schule zu schaffen. So richtig durchschaut habe auch ich sie erst als Erwachsener, als ich eine räumliche Veranschaulichung dazu kennen lernte. Man kann ja so vieles im wahrsten Sinne des Wortes "ein"sehen.

Warum haben Sie ausgerechnet das Labyrinth gewählt, um diese Art des Denkens zu trainieren?
Labyrinthe haben mich schon immer fasziniert. Allerdings hat mich bei den Labyrinthen in Rätselheften immer gestört, dass der Spaß schnell vorbei war, wenn man den einen, richtigen Weg gefunden hatte. Ich wollte etwas erfinden, das seinen Reiz behält. Bei meiner Version des Labyrinths ist nun das System selbst permanent im Wandel. Es verändert sich, indem wir darin herumspazieren. Jede Veränderung, die einer vornimmt, verändert das Ganze und zwingt den Nächsten, sich anders zu verhalten als geplant. Diese Form des Labyrinths ist wie ein Modell des modernen Lebens. Es handelt sich um ein chaotisches oder rückbezügliches System und es erfordert nicht-lineares, vernetztes Denken. Die Pädagogik ist leider auf die Anforderungen solches Denkens noch immer nicht eingerichtet. Dabei wäre das so wichtig, wenn ich nur an den Umgang mit der Umwelt denke. Auch da hat unser Handeln Konsequenzen für das große Ganze.

"Das verrückte Labyrinth" wird in vielen Ländern der Welt gespielt. Ist die Fähigkeit, anschaulich zu denken, also überall auf der Welt gleichermaßen verbreitet?
Jedes Land hat seine eigene Spielkultur, und doch spricht "Das verrückte Labyrinth" offensichtlich ein Urbedürfnis in allen Menschen an. Man versteht es auch ohne Sprache allein vom Zuschauen schnell und verspürt das Bedürfnis mitzuspielen. Junge und Alte oder Menschen aus verschiedenen Schichten begegnen sich auf dieser Ebene. Ob in Amerika oder im Fernen Osten - überall findet "Das verrückte Labyrinth" Freunde, weil das Denken in räumlichen Zusammenhängen universell ist.

Was meinen Sie mit "Urbedürfnis"?
Ich bin überzeugt, dass es für uns Menschen nichts Schöneres gibt, als einen Weg zu finden, der unmöglich schien.

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