Lauter Einser und trotzdem keine Streberin

Einige der Sieger_innen mit Laudator_innen und andere Würdenträger_innen
Zum 20. Mal zeichneten die Vienna Business School (ehemalige) Schüler_innen, Projekte, Lehrkräfte aus. Alle Preisträger_innen sowie mehr als 80 Fotos hier im Online-Kinder-KURIER.

Lauter Einser – und das in jedem Zeugnis und trotzdem keine Streberin, sondern sozial engagiert und hilfsbereit. Vielsprachig, Deutsch sogar erst die dritte Sprache, ein anderer fünfsprachig, wieder ein weiterer neben der Schule sportlich erfolgreich als semiprofessioneller Radfahrer... Der Mund bleibt einem vor Staunen offen angesichts der Schilderungen der nominierten Jugendlichen für die Titel als Student of the Year der Handelsschulen bzw. -akademien der Vienna Business School, der privaten kaufmännischen Schulen des Wiener Handels.

Seit 20 Jahren werden die besten der besten Schüler_innen, Lehrer_innen und Projektgruppen mit an die fünf Kilo schweren Statuen feierlich bei einer Gala (seit Jahren in den Studios 44 der Lotterien am Rennweg vor 400 Gästen) ausgezeichnet – dem Merkur. Die von Thomas Kosma geschaffene Trophäe huldigt dem römischen Gott der Händler (und Diebe). Spannend bis zuletzt – mit Ausnahme des Absolventen weiß bis zuletzt nur ein klitzekleiner Kreis Bescheid, wer die Merkur-Statuen überreicht bekommt. Jeder der sechs Schulstandorte (Akademiestraße, Hamerlingplatz, Schönborngasse, Floridsdorf/Franklinstraße, Augarten/Untere Augartenstraße sowie Mödling) nominiert beste Projekte bzw. Einzelpersonen in sieben Kategorien (ökonomisches, innovatives sowie soziales Projekt; Schüler_in/HASch bzw. HAK, Lehrperson und Absolvent_in).

Beste Schülerinnen

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Tuğba Ünal und Sophie Sögner, die besten Schülerinnen der Handelsschulen bzw. -akademien
Tuğba Ünal und Sophie Sögner durften Dienstagabend die gewichtigen Merkure für die Students oft the Year in Empfang nehmen. Erstere wurde besten Handelsschülerin, zweitere die beste an den HAK. Sögner (HAK Akademiestraße, Laudator Rainer Trefelik, Spartenobmann Handel in der Wr. Wirtschaftskammer) bezeichnet sich selbst „als schon ehrgeizig, in sprachen tu ich mir leicht, für andere Gegenstände muss ich schon viel lernen“. Ihr Notendurchschnitt: 1,0 – und das in jedem ihrer Zeugnisse. Das reicht ihr aber nicht, Zusatzkurse stehen auf dem Programm, u.a. der Freigegenstand Cambridge Englisch Zertifikat – im fünfstündigen Abschlusstest erreichte sie 188 von 190 möglichen Punkten. Weiterer Zusatzunterricht: Kunst und Kultur. Ein Auslandsmonat am Waterford Institute of Technology, einer der größten Unis Irlands, mit einem Kurs-Mix aus Volkswirtschaft, Marketing, und Kommunikationswissenschaften, bezeichnet sie als „eines meiner besten Erlebnisse meines ganzen Lebens“.

Und dennoch entspricht Sögner, wie viele der hervorragenden Schülerinnen und Schüler so ganz und gar nicht gängigen Klischees von Streber_innen. Soziales Engagement und Hilfsbereitschaft stehen für sie sowohl in der Schule als auch außerhalb weit oben auf der Prioritätenliste – von Lern- und Nachhilfe für Mitschüler_innen bis zu einem Faschingsfest in einem Mutter-Kind-Heim...

Humorvolle Vielsprachigkeit

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Tuğba Ünals Schwester samt tochter - noch vor der Preisverleihung
Ihre Merkur-Kollegin bei den Handelsschulen ist Tuğba Ünal (HASch Hamerlingplatz, Laudator Werner Vogelsang, Human-Resources-Direktor bei DHL) ist ein kommunikatives Sprachentalent. Mit Türkisch und Kurdisch (Kurmandschi) in den ersten Lebensjahren aufgewachsen, kam sie mit fünf Jahren nach Wien „hab im Kindergarten, einem christlichen, schnell Deutsch gelernt, und dann im Gymnasium Englisch und ab der 4. Klasse auch Französisch gehabt.“ Einsatz für ihre Kolleginnen und Kollegen bewog sie dazu, schon im Gymnasium Rosasgasse als Klassen- und später als Unterstufen-Schulsprecherin zu kandidieren. 2012 bekam sie im Rathaus ein Zertifikat als erfolgreichste Unterstufensprecherin. Außerdem nahm sie am mehrsprachigen Redebewerb „SAG’S MULTI!“ teil. Nach der Handelsschule „will ich den Aufbaulehrgang und dann die HAK machen“. Ihr Ziel: Psychologie zu studieren.

Bei der merkur-Verleihung sorgte sie humorvoll für einige Lacher. Zuerst bedankte sie sich bei ihrer Direktorin, dann bei ihrer Klassenvorständin und auf die Frage der Moderatorin, was sie in der Schule am liebsten mache: „Mich bei den Lehrern reinschleimen, aber nur ein bisschen!“

Als Sorge nannte sie im Vorstellungsvideo aller Nominierten: Ich bin schon Tante zweier Nichten und hoffe, dass ich deswegen nicht schon für alt gehalten werde!“

Dabei sein ist schon Gewinn

Und dabei hatten die Merkur-belohnten Schülerinnen gar nicht mit dem Sieg gerechnet, beide fanden schon die Nominierung als Sieg. Das verwundert angesichts der starken Konkurrenz keineswegs. Alle Nominierten sind hervorragend, nur als Beispiele: Nedžad Mahmić etwa, geboren in Bosnien und Herzegovina, kam erst kurz vor der ersten Klasse Handelsschule nach Österreich und trotzdem ohne Probleme bis zur Abschlussklasse. Und das obwohl er die meiste Zeit am Fahrrad sitzt – als semiprofessioneller Rennfahrer mit 48 Podestplätzen und acht Staatsmeistertiteln. Liviu-Bogdan Timis beherrscht mit Rumänisch, italienisch, Spanisch, Deutsch und englisch fünf Sprachen verhandlungssicher, studiert bereits neben der Schule als außerordentlicher Student an der wirtschaftsuni und betätigt sich als persönlicher Assistent bei Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Bestes ökonomisches Projekt

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Ehrung von Katharina Hauer und Verena Steck für das beste ökonomische Projekt - Laudator: Alfred Berger, NÖM-AG-Vorstand
Am Anfang war eine der beiden Schülerin eigentlich „nur“ von einem Detail der Elektro-Motorräder angefixt. „Alle Informationen wie Kilometerstand, Geschwindigkeit, Tankfüllung ... werden im Rückspiegel angezeigt“, berichtet Katharina Hauer den Keim der Diplomarbeit, die sie mit ihrer Klassenkollegin Verena Steck (5b der HAK Untere Augartenstraße, Laudator Alfred Berger, NÖM-AG-Vorstand) verfasst hat. Der Hersteller noch dazu stylischer eBikes, Johann Hammerschmid, so fanden die beiden heraus, hatte sich naturgemäß vor allem auf die Entwicklung des einspurigen Fahrzeugs konzentriert. Vertrieb, Werbung, ja sogar Finanzierung waren nicht seine große Stärke. Die beiden Maturantinnen setzten sich in ihrer Arbeit genau damit auseinander. Und bekamen den Merkur für das beste ökonomische Projekt der VBS.

Innovativstes Projekt

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Ehrung des innovativsten Projekts (Teilnehmerinnen: Laura Schuhmann, Jelena Djodjević, Celina Kisielewski und Marija Tokić) im Zusammenspiel mit dem Architekten Martin Huber (links) fürs innovativste Projekt durch Peter Voithofer, KMU-Forschungs-Direktor (rechts)
Mit dem Zusammenspiel von On- und Offline-Shopping beschäftigten sich Laura Schuhmann, Jelena Djodjević, Celina Kisielewski und Marija Tokić im Zusammenspiel mit dem Architekten Martin Huber. Die Idee hinter dem Projekt (VBS Floridsdorf, Franklinstraße, Laudator Peter Voithofer, KMU-Forschungs-Direktor): VR oder andere digitale Brillen erleichtern die Auswahl von Produkten – sogar samt Bestellung etwa ein paar Minuten vor Betreten des Cafés – in dem dann schon kurz nach dem Eintreten die Bestellung serviert wird. Eventuell wird auch andere Ware dann während des Kaffee-Trinkens hier zugestellt. Dafür gab's die Auszeichnung als innovativstes Projekt.

Bestes Sozialprojekt

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Ehrung des besten Sozialprojekts - "Freundschaft verbindet" (Teilnehmer_innen: Sandra Fornalczyk, Alexander Fuchs, Adriana Hecht, Elena Kornberger, Nikola Milić, Martin Nawrot, Anika Stary) durch St.-Stephan-Dompfarrer Toni Faber
Seit mittlerweile fünf Jahren läuft in der HAK Akademiestraße ein Projekt – gemeinsam mit dem Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik/ZIS Hernals, der Pfarre Sühnekirche und em Verein Panairobi -, um Kindern aus einem riesigen Slum (Mathare) am Rande der kenianischen Hauptstadt Nairobi den Schulbesuch zu ermöglichen. Kinder des ZIS gestalten künstlerisch Gebrauchsgegenstände, Jugendliche der HAK bieten diese gegen Spenden bei verschiedenen Gelegenheiten an. Das gesammelte Geld – derzeit an die 6000 Euro – sorgt davor, dass Kinder aus Mathare dem Slum entkommen, in einem Internat wohnen und die Schule besuchen können. Für 18 Kinder ist dies bereits gelungen, 25 Kindern zu helfen lautet das Ziel von „Freundschaft verbindet“ von Sandra Fornalczyk, Alexander Fuchs, Adriana Hecht, Elena Kornberger, Nikola Milić, Martin Nawrot, Anika Stary aus der 2E.

Laudator Toni Faber, Dompfarrer von St. Stephan, erinnerte an den Spruch, dass wer ein Kind rettet, die Welt rettet. „Dieses Projekt schenkt Kindern eine Zukunft. Wer 18 Kinder rettet, hat sicher schon einen Platz im Himmel!“

Sami und die Leine

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Maria Aigner, Nina Koller, Nicole Wagner, Sarah Stickler, Sami Demirel & Hadis, Sara Dräxler, Bernhard Irschik
Von den weiteren sozialen Projekten, die nominiert wurden, sei nur eines kurz noch erwähnt: „Sami und die Leine“ aus der VBS Schönborngasse. Über ein von Maria Aigner, Nina Koller, Nicole Wagner, Sarah Stickler und Sara Dräxler aufgesetztes Crowdfunding-Projekt gelang es in wenigen Tagen das Geld zusammen zu kriegen, um dem Mitschüler Sami Demirel die Ausbildung für seinen Blindenführhund Hadis zu finanzieren.

Schüler_innen loben Lehrerin

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
ehrung der besten Lehrerin, Petra Steinlechner, durch Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer
Freudestrahlend stürmte Petra Steinlechner fast die Bühne, als ihr Name nach dem Öffnen des vesiegelten Kuverts als Teacher of the Year genannt wurde. Sie unterrichte in der Schönborngasse die kaufmännischen Fächer – und zwar so, dass schon Klassen Rechnungswesen als ihr Lieblingsfach genannt haben. Einige Fächer hält sie auch auf Englisch. Darüber hinaus unterrichtet sie Persönlichkeitsbildung.

Ihr Laudator, Heinrich Himmer, amtsführender Präsident des Wiener Stadtschulrates, selbst Schüler einer VBS-Hak und später HAK-Lehrer, griff Statements von Jugendlichen im Nominierten-Vorstellungsvideo auf und meinte: „Was mich besonders freut, ist, dass sich so viele Schülerinnen und Schüler positiv geäußert haben, das ist wohl das Schönste, was uns als Lehrerinnen und Lehrer passieren kann.“

Reisefreudiger Absolvent

Lauter Einser und trotzdem keine Streberin
Zur Ehrung des Absolventen des Jahres, Martin Fast kam auch seine ehemalige Lehrerin Gertraud Geisler, selbst in ihrem letzten Dienstjahr Merkur-Gewinnerin. Die Laudatio hielt WU-Professorin Bettina Fuhrmann.
Seit zehn Jahren vergibt der Fonds der Wiener Kaufmannschaft – Träger der Vienna Business School – auch jeweils einen Merkur für die Absolventin/den Absolventen des Jahres. Heuer fiel die Wahl der Jury auf Martin Fast aus der VBS Mödling.

Zur Ehrung des „Graduate of the Year“ kam auch seine ehemalige Lehrerin Gertraud Geisler. Sie hatte selber in ihrem letzten Dienstjahr (2005) die Auszeichnung als Teacher of the Year bekommen.
Auf die Frage der Moderatorin (Daniela Zeller), wie Fast denn so in der Schule gewesen sei, meinte er selbst verschmitzt: „Auf und ab“.
Die ehemaligen Lehrerin auf die gleiche Frage: „Er war immer sehr charmant!“

Nach der Schule machte er bald seine Leidenschaft zum Beruf. Martin Fast jobte zuerst auf einem Kreuzfahrtschiff und wurde später Manager in der Touristikbranche, derzeit ist er Geschäftsführer der Rewe Austria Touristik.
Der Schule ist er weiterhin verbunden – nicht nur dadurch, dass eine seiner Töchter in derselben Schule ebenfalls Schulsprecherin war, sondern auch als Referent aus der Praxis und als Auftraggeber für Projekte bzw. Diplomarbeiten.
Seine Laudatorin, die WU-Professorin Bettina Fuhrmann lobte ihn mit den Worten: „Martin Fast macht keine halben Sachen! Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, hat aber seine Wurzeln nie vergessen: Es ist wichtig, dass es Menschen aus der Wirtschaft gibt, die Jugendliche fördern und ihr Know-How an Schulen weitergeben.“
Als sein persönliches Motto nennt er: „Red’ nicht immer nur darüber – Tu es einfach!“

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