Liebe, (Un-)Treue, Intrigen, Tragödie mit Komödien-Momenten

Liebe, (Un-)Treue, Intrigen, Tragödie mit Komödien-Momenten
eher unbekanntes Stück von William Shakespeare im Wiener Renaissancetheater

Der Anfang zieht sich ein bisschen wie ein Strudelteig. Wie der auf Händen, so kleben Text und Spiel auf der Bühne. Beim Versuch, sie in die Backform - hier in den "Rest" des Theaters, den Zuschauer_innen-Raum zu bringen, schnalzt alles eher wieder zurück auf die - spannend gestaltete - Bühne des Renaissancetheaters (der größeren der Spielstätten des Theaters der Jugend). Doch langsam kommt die zu Shakespeares Zeiten ein Renner, heute selten gespielte Tragödie mit etlichen komödiantischen Anteilen "Cymbelin" in die Gänge.

Ein Knäuel von Konflikten

Liebe, (Un-)Treue, Intrigen, Tragödie mit Komödien-Momenten

Ein unentwirrbar scheinender Ausgangsplott - gleich auf mehreren Ebenen Wickel, die nur tragisch enden können: Der alte, gebrechliche König (Klaus Huhle), dessen Namen dem Stück den Titel gibt. Die deutlich jüngere Königin (Nora Dirisamer), die noch deutlicher zu verstehen gibt, dass sie nicht den Mann, sondern nur seine Macht will. Zwei Söhne, die im Kleinkindalter entführt wurden, Thronfolgerin Innogen (Ulrike Schlegel), die den "falschen" Mann liebt. Posthumus (Daniel Jeroma) ist von niedrigem Stand. Diese Liebe soll im Verlauf des Stücks ganz massiv auf die Probe gestellt werden. Ein Haufen von Intrigen lässt beide die Untreue der/des jeweils anderen annehmen.
Ja und zum "Drüberstreuen" Krieg zwischen Briten und Römern.

Knisternde Spannung

Liebe, (Un-)Treue, Intrigen, Tragödie mit Komödien-Momenten

Verzweifeltes Abhauen mit dem Versuch, unterzutauchen der beiden Liebenden, tragisches vermeintliches Zusammentreffen, das starke Anklänge an Romeo und Julia liefert - einer tot, die andere will deswegen auch nimmer leben. Dabei steckt der Geköpfte nur im Anzug des vermeintlich treulos Geliebten und ist eigentlich der böse Ungustl-Stiefbruder der Prinzessin, der sie dauernd bedrängt. Genial der Schachzug, eben diesen Cloten mit genau dem Darsteller des Posthumus zu besetzen - eine Doppelrollen-Schachzug, der auch bei anderen Figuren ganz spezielle Reize auslöst (etwa böse Königin und treuer Diener erst Posthumus, dann von Innogen (Dirisamer).
Besonders spannend und knisternd das Aufeinandertreffen der geflüchteten Prinzessin in der Rolle eines dienerwilligen jungen Mannes mit Guiderius (Simon Jaritz) und Arviragus (Merten Schroedter), den herangewachsenen, entführten Königssöhnen…

Lang und doch nicht zu lang

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Je länger das Stück dauert, desto mehr gelingt es, das Publikum zu erreichen. Trotz der Dauer (2 ¾- Stunden mit einer Pause) wird es - abgesehen vom zähen Start - nie langweilig, besonders die zweite Hälfte kommt sehr flott daher, erreicht die jungen Zuschauer_innen recht direkt - samt "oooohs" und "aaaahs" als Reaktion auf Szenen ironischer "tragischer" Momente.
Das ziemliche Happy End (nur fast alle Bösen sind tot) wird geschickt mit einem genau richtig dosierten Hauch von Ironie so gespielt, dass es nicht Kitsch ausartet, nicht kippt.

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