Kinder gehören nicht ins Gefängnis

Kinder gehören nicht ins Gefängnis
Theater, Ausstellung, Lesung, Diskussion - vielfältiges Programm beim Landen Tag der Flucht

Alles beginnt im Jahr 2035, Zoe erzählt über den Herbst des Jahres 2011 als sich ihre Eltern Kim und Rheda im zarten Alter von 12 sehr, sehr nahe gekommen sind. Sie hatten sich beide zuvor schon gern gehabt, aber kurz nach den Ferien taucht ein Fremdenpolizist in der Klasse auf und nimmt den Buben mit. Asylantrag des Flüchtlings aus Tschetschenien, der seit sieben Jahren in Österreich lebt, hier zu Hause ist, diese Sprache beherrscht – im Gegensatz zu Tschetschenisch, das er fast (nicht mehr) kann, endgültig abgelehnt, Schubhaft.

Kinder gehören nichts ins Gefängnis

Kinder gehören nicht ins Gefängnis
Nach Schreckminuten der Sprachlosigkeit beschließen Kinder und eine engagierte Lehrerin: Das kann nicht sein, „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“ steht – zusammengesetzt – auf einigen Tafeln, mit denen sie vorm Schubhaft-Gefängnis demonstrieren. Auf ein Transparent haben sie geschrieben „Rheda muss bleiben!“. So heißt das rund einstündige Stück von Theater Frei-Spruch, mit dem die Gruppe auch am „Langen Tag der Flucht“ im Wiener Volkskundemuseum gastierte.

Trotz allem Humor

Trotz des ernsten Themas gelingt es der Gruppe auch ein paar witzige Szene in das Stück einzubauen: In der Klasse bevor es zur dramatischen Situation kommt. Oder beim Versuch Kims mit Hilfe des etwas beleibteren Klassenkollegen Kurt bis zum Zellenfenster raufzukommen, um mit Rheda sprechen zu können. Oder in der Kanzlei von Kims Vater Eeeedi, der ansonsten berüchtigte Steuerhinterzieher vertritt. Dort allerdings hätte die „Sekretärin“ nicht gar so tussig, klischeehaft überblond sein müssen.

In jenem Raum des Volkskundemuseums, in dem die Theatervorstellung über die Bühne ging, hängen an drei Wänden Fotos zum Thema – zehn in Österreich lebende junge Flüchtlinge haben ihnen wichtige Stationen ihres Alltags in Österreich in Fotos festgehalten. Einer von ihnen ist Abdullah Khan. Als Elfjähriger flüchtete er von Afghanistan nach Pakistan, von wo er nach fünf weiteren Jahren wie viele andere auch ebenfalls weg musste. Nach einer dreimonatigen Flucht landete er in Österreich, wo er nun seit rund einem Jahr lebt, derzeit in einem Flüchtlingshaus der Caritas in Niederösterreich. Intensiv bereitet er sich auf seinen Hauptschulabschluss vor. In der Freizeit spielt er am liebsten jenen Sport, den er in Pakistan gelernt hat, Cricket und träumt davon, später in Österreich ein international erfolgreiches Cricket-Team mit aufbauen zu können.

Kinder gehören nicht ins Gefängnis
Übrigens, die Ausstellung „Mein Leben in Österreich" läuft noch bis 6. Oktober
Dienstag – Sonntag, 10 - 17 Uhr
Österreichisches Museum für Volkskunde
1080, Laudongasse 15-19
Informationen und Terminvereinbarung
Herr Mischa G. Hendel,mischahenne@birdlike.org
Telefon: 0650/ 712 03 76

Ebenfalls um Flucht aus Afghanistan geht’s in dem Buch „Im Meer schwimmen Krokodile“, aus dem Schauspieler und Kabarettist Manuel Rubey im Thalia im W3 (Landstraßer Hauptstraße) Auszüge vorlas. Fabio Geda beschreibt wunderbar berührend die wahre Geschichte Enaiata, der allein bis Italien flüchtete und erst acht Jahre später in einem Telefonat erfährt, dass seine Mutter noch lebt.

Neuer Start

Kinder gehören nicht ins Gefängnis
Nach der Lesung diskutierten am Podium Rubey mit Heinz Fronek von der asylkoordination, Katharina Memoli von der Wiener Jugendwohlfahrt (MA11), Philipp Sondereggervon SOS Mitmensch, Christoph Pinter vom UNHCR (Flüchtlings-Hoch-Kommissariat) und vor allem Mojtaba Tavakoli. Selbst aus Afghanistan geflüchtet, hat er vor fast drei Jahren begonnen mit ein paar anderen Flüchtlingen den Verein „afghanische Jugendliche – NEUER START in Österreich" zu gründen. Anderen jungen Flüchtlingen soll geholfen und nicht zuletzt die eigenen Erfahrungen weiter gegeben werden. Selbst habe ihm, so Tavakoli sehr geholfen, dass er von einer Wiener Patenfamilie – Bernhard und Marion Wimmer – herzlich betreut wurde. Die von der asylkoordination ins Leben gerufene Initiative „connecting people“ hatte vor mehr als zehn Jahren damit begonnen, Patenfamilien zu suchen, die unbegleitete junge Flüchtlingen unterstützen und vor allem eine emotional geborgene Ankunft in Österreich ermöglichen.

UNO-Kartenspiel brach das Eis

Kinder gehören nicht ins Gefängnis
Ein wenig schüchtern gewesen und schon verunsichert seien beide Seiten ans erste Treffen herangegangen, meinten Mojtaba Tavakoli und Bernhard Wimmer nach der Diskussionsrunde zum Kinder-KURIER. „Das Eis so wirklich gebrochen wurde, als wir gemeinsam Karten gespielt haben – UNO, erinnern sich die beiden.“

www.neuerstart.at

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