Hamlet - ein Patchwork-Kind

Hamlet - ein Patchwork-Kind
"Hamlet. Ophelia - inspiriert von William Shakespeare", eine Produktion von Jung-Schauspieler_innen im Theater Akzent (Wien).

Schon bevor das Stück losgeht, während sich der Saal nach und nach füllt, spielt der Live-Musiker, einige der Schauspieler_innen agieren in einer Art Probemodus auf der Bühne, einer symbolisiert mit vielen Zetteln gleichsam das, was nachher im Publikumsgespräch, ansatzweise auch in der 75-minütigen Performance über den Entwicklungsprozess gesagt werden wird: Die Absolvent_innen verschiedener Schauspielschulen haben eine deutschsprachige Shakespeare-Übersetzung von Hamlet mehr-, ja vielfach durchgeackert. Versucht, zu verstehen oder herauszufinden, was vielleicht hinter den Sätzen, den Wörtern stecken könnte, die Figuren von allen Seiten zu betrachten, ihre Beweggründe und Motive zu be-greifen.

"Übersetzungen" und Rollen-Wechsel

Hamlet - ein Patchwork-Kind
Einer der „Tricks“ wird in einer der ersten Szenen ausgespielt: O-Text samt anschließendem Übersetzungsversuch in heutige Alltagssprache. In einer späteren Szene wird auch ein Versuch unternommen, Anleihen bei sogenannter Jugendsprache zu nehmen – von Bros. Und Co. Ein anderer „Trick“: Jede und jeder schlüpft in fast jede der wichtigsten Rollen des Stücks – Hamlet & Ophelia, die einander lieben. Ihr wird’s vom Vater verboten, er zieht sich wieder zurück – weder für Ophelia noch für die anderen wirklich nachvollziehbar warum. Dann ist da vor allem Hamlets Mutter Gertrude und das gestörte Verhältnis vom Sohn zur Mutter, die bald nach dem Begräbnis ihres Mannes, Hamlets Vater, dessen Bruder Claudius, also Hamlets Onkel heiratet. Obendrein hat dieser den Vater/Ehemann ermorden lassen. Ophelias Vater, ihr Bruder Laertes, Hamlets Freund Horatio. Der geniale Kniff: Ein und dasselbe Hemd – „nur“ unterschiedlich angezogen, gebunden - macht aus der jeweiligen Schauspielerin/dem Schauspieler die verschiedenen Figuren – ob Hamlet, Ophelia, seine Mutter, ihren Vater, Hamlets Vater – als Geist...

Ran-Zoomen

Hamlet - ein Patchwork-Kind
Einerseits, um den Figuren auf der großen Bühne im großen Theater etwas näher zu kommen – was die Inszenierung ja insgesamt will, andererseits als cooler wirken wollendes Element kommt hin und wieder eine Live-Kamera zum Einsatz, zoomt die Gesichter der Figuren heran, um sie auf die fast volle Größe der Rückwand der Bühne zu übertragen. In einer Art Familienaufstellung werden die Namen der Protagonist_innen mit Kreide auf den Boden geschrieben und ebenfalls abgefilmt.

Liebe, immer wieder angedeuteter Sex und Leidenschaft auf der einen sowie Aggression und Gewalt auf der anderen Seite, von denen das Stück voll ist, werden – wie auch schon bei Shakespeare nicht verbrämt, sondern offen angespielt. Und weil Hamlet voll von Gemetzel ist, sagen die Darsteller_innen, die hier immer wieder nicht nur zwischen den rollen hin und her springen, sondern auch zwischen Figur und Schauspieler_in, nach rund einer ¾ Stunde sozusagen Stopp, lass uns mal überlegen/spielen, ob die einzelnen Handelnden anders agieren hätten können. Neustart sozusagen... Noch mehr Fragen: Warum, weshalb und wieso nicht anders...?

Natürlich dürfen in dem doch recht freien Spiel die Zitate nicht fehlen, die zu geflügelten Worten geworden sind: „Sein oder Nichtsein“ und „Der Rest ist Schweigen“.

Hamlet - ein Patchwork-Kind
Hamlet. Ophelia
inspiriert von William Shakespeare
Infant – Institut angewandtes Theater

Inszenierung: Claudia Bühlmann
Darsteller_innen – gleichzeitig Stück-Mitentwickler_innen:
Johanna Hainz, Rahle Klara Kislinger, Lisa Mersi, Leni Pöcksteiner, Florian-Raphael Schwarz, Markus Strobl, Alejandra-Laura Zapata
Musik: Florian Nemeth

Dramaturgische Mitarbeit: Friedhelm Roth-Lange
Regieassistenz: Tamara Trojan
Kostümberatung: Luca Müller

Wann & wo?
8. Mai 2017
Theater Akzent: 1040, Theresianumgasse 18
Karten-Hotline: 01/501 65/3306

www.akzent.at

www.ifant.at

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