40 Tage ohne Handy

Szenenfoto aus "40 Tage ohne Handy" von Theater Wozek
Fünf junge Schauspielschüler_innen spielen ein Stück rund um „digitale Entgiftung“ im „Jungen Theater im ersten Stock“ (Wien-Mariahilf).

Willkommen im „Jugendclub Frogy“. So steht's auf ein Stück Stoff gesprayt hinter einer Couch und einem Oma-artigen Lehnsessel. Weitere Versatzstücke der Bühne deuten den Jugendtreff an. Jana, Alex, Rosa, Bernd und Shirin kommen hier regelmäßig zusammen. Jana (Julia Vozenilek) stellt die unterschiedlichen Typen vor: Alex (Florian Fleischhacker) - Computerfreak, vor allem Gamer, Bernd (Fabian Janisch) – hat wegen einer Holzallergie seine Tischlerlehre abgebrochen und ist Go-Kart-Raser, Rosi (Hannah Riegler) – studiert Psychologie und Geschichte auf Lehramt, weil sie die Menschen als Individuen und als Gesellschaft verstehen will, Shirin (Parisa Zahedi) – kam mit ihrem Bruder aus dem Iran und will berühmtes Model werden. Sich selbst präsentiert Jana als Filmemacherin – natürlich auch früher oder später berühmt. Alle fünf spielen hervorragend glaubwürdig ihre Charaktere – von der sich für schlauer haltenden Studentin bis zum Kraftausdrücke schleudernden derzeit Arbeitslosen.

Süchtig

40 Tage ohne Handy
Szenenfoto aus "40 Tage ohne Handy" von Theater Wozek
Dieser und jener Smalltalk – so ganz nebenbei, denn die Hauptaufmerksamkeit praktisch aller sind ihre jeweiligen Smartphones: Der eine spielt die ganze Zeit, die andere schießt ein Selfie ums andere wenn sie nicht grad Live-Videos für Facebook aufnimmt, die dritte ist ständig in der Suchmaschine, um zu Gesagtem nachzuschauen... Hin und wieder geht der einen oder dem anderen das ständig aufs Handy schauen (sehr) auf den Geist. Vom Verarschen bis zum heftigen Streit wechselt die Stimmung immer wieder.

Irgendwann kommt die Idee auf, die dem Stück den Titel gab: 40 Tage ohne Handy – eine Challenge. Aber was soll ma denn dann machen? Vielleicht gar miteinander reden?!

Entzug

40 Tage ohne Handy
Szenenfoto aus "40 Tage ohne Handy" von Theater Wozek
Die Herausforderung „Digital detox“ (digitale Entgiftung wie’s auf „Neudeutsch heißt“) wird von den fünf Charakteren hin und her gewälzt. Vor allem äußert jede und jeder, unsicher zu sein, ob's die anderen schaffen würden ;) Dann ist der zündende Anreiz da: Wer's nicht schafft, zahlt und wer's durchhält kassiert die Kohle ein.

Nach einigem Hin und Her startet die Challenge im Jugendtreff – hätte auch früher sein können, der Stücktitel gibt’s ja ohnehin vor, worauf’s hinausläuft. Alle müssen natürlich immer zusammen bleiben, damit keine/r schummeln kann, also „Kasernierung im Jugendclub“. Das eine oder andere Spielchen, von Gymnastik bis zu Tischfußball, von Quiz bis zu erraten, wer oder was man ist, das auf dem Zettel geschrieben steht, der auf dem eigenen Hirn pickt... Diese Passage hat ihre Längen, vor allem, weil das auf engstem Raum Zusammenpicken doch den einen oder anderen heftigeren verbalen Knatsch bis zu körperlichen Attacken vermuten, ja als ziemlich sicher erscheinen lässt.

Authentisch

Die dann doch (endlich!) entstehende arge Dynamik – samt wechselseitigen Koalitionen, Liebschaften, Eifersüchteleien und allem was dazu gehört werden wieder von den jungen Darsteller_innen - allesamt Schauspiel-Schüler_innen - sehr authentisch auf der Bühne des kleinen „Jungen Theaters im ersten Stock“ (Teil der Neuen Schauspiel Schule Wien in der Mariahilferstraße) gespielt.

Im Gespräch mit den jugendlichen Besucher_innen meinen die meisten, ohne Handy würden sie sozusagen gar nicht leben können bis nach und nach der eine und die andere meint, aufgrund schulischer oder elterlicher Verbote würden sie schon auch stundenweise aushalten. Um im Gespräch noch draufzukommen, wenn sie ihren Hobbys nachgehen – vom Fußballspielen bis zum Tanzen -, dann würden ihnen WhatsApp-Nachrichten oder Instagram-Fotos gar nicht so wirklich abgehen.

Selbst beobachtet

40 Tage ohne Handy
Szenenfoto aus "40 Tage ohne Handy" von Theater Wozek
„Schuld“ am Stück war übrigens ein Moment des Regisseurs und Theater„vaters“ Karl Wozek, wie er dem KiKu gegenüber zugab: „Ich steig eines Tages in die U-Bahn ein und greif automatisch zum Handy ohne eine Nachricht, einen Anruf oder irgendwas zu erwarten oder auch zu machen. Da hab ich mir gedacht, das wäre Ausgangspunkt für ein Stück.“ Gemeinsam mit dem jungen Team wurde dann zu diesem Thema improvisiert, viel verschmissen, das eine oder andere aufgehoben und daran weiter gearbeitet. 40 Tage Entzug hat keine/r gemacht, aber über ein App, die sozusagen die Aktivitäten protokolliert haben es manche geschafft, statt 100 Mal nur mehr 60 oder gar 40 Mal am Tag das Smartphone zu aktivieren.

40 Tage ohne Handy
Sujetfoto zu "40 Tage ohne Handy" von Theater Wozek
40 Tage ohne Handy
eine Challenge
theater.wozek/NeueSchauspielschule
Schauspiel / 85 Minuten

Stück/Regie: Karl Wozek

Darsteller_innen
Alex: Florian Fleischhacker
Bernd: Fabian Janisch
Jana: Julia Vozenilek
Rosa: Hannah Riegler
Shirin: Parisa Zahedi

Organisation: Robert Koukal
Schulkoordination: Elfi Vozenilek

40 Tage ohne Handy
Sujetfoto zu "40 Tage ohne Handy" von Theater Wozek
Wann & wo?
Bis 17. November 2017
Theater im ersten Stock: 1060 Wien, Mariahilfer Straße 51
Tickets/Info:office@theater-wozek.at
Telefon: 0664/73642502
www.theater.wozek.at

www.neueschauspielschule.at

junges theater im ersten stock

2017 startet das theater.wozek in Zusammenarbeit mit der Neuen Schauspielschule die Reihe „junges theater im ersten stock“. Zweimal im Jahr wird eine Theaterproduktion für junges Publikum erarbeitet. Unmittelbarkeit in der Erzählung, gesellschaftsrelevante Themen und der direkte Kontakt mit den Theaterschaffenden sind den Theatermacher_innen wichtig.

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