Was tun mit wütenden Fäusten?

Was tun mit wütenden Fäusten?
Jugendliche erarbeiten und spielen Stücke rund um Umgang mit Gewalt

Filigran, leicht zerbrechlich wirkt die Bühne zu Beginn – weiße und durchsichtige Luftballons, aufblasbare Kaktusse und ein junger Schauspieler in sich zusammengekauert, versunken, Kopf und Gesicht verborgen. Aufgestanden folgt ein kurzer Monolog vom Gefühl, dass nach einem Nichts, einer Leere der Blick enger werde, es langsam wärmer würde, nach und nach der Wunsch aufsteige, zu würgen, Gewalt auszuüben – gegen Menschen und vielleicht auch Dinge…

Doch dann tauchen zwei Kolleginnen mit Polizeikappe auf – sie sind das … Gewissen. Sie bremsen ein – ihr Helfer ist ein weiterer Jungdarsteller adjustiert wie ein Klischee-Detektiv mit Staubmantel und Hut, der das Gesicht halb verdeckt. Er gibt die Erinnerung.

Runterschlucken?

Was tun mit wütenden Fäusten?
Aber ist es gut, jede Form von Wut nur runter zu schlucken, den Ärger zu verdrängen, sich alles gefallen zu lassen? Eindrucksvoll wird das von Jugendlichen in einer doppelt gespeilten Szene thematisiert. Ein Junge stylt sich, besucht seine Freundin, bringt ihr Diät-Cola mit, weil sie mehr auf ihre Figur achten sollte. Zusammengekniffen lässt sie die Demütigung über sich ergehen. In der Wiederholung setzt sie sich zur Wehr.

Haie

Und alle anderen der insgesamt 19 Schauspielerinnen und Schauspieler aus zwei Schule des 15. Wiener Gemeindebezirks (NMS Schweglerstraße und PolyTechnischenSchule Benedikt-Schellingergasse) treten einzeln nacheinander an den Bühnenrand knapp vors Publikum um klar rund deutlich rauszurufen, was sie wütend macht: Dauerndes rumnörgeln an ihnen, nicht ausreden lassen, gefragt zu werden, ohne die Antwort abzuwarten, nicht so akzeptiert zu werden, wie man ist… oder, dass Hai dämonisiert werden, obwohl weit mehr Haie Opfer von Menschen als umgekehrt werden.

Eines von 26 Projekten

Was tun mit wütenden Fäusten?
In der Regie von Valerie Kattenfeld haben die Jugendlichen in mehreren Monaten Texte, Szenen, Choreografien von „Wütende Fäuste, sprechende Hände“ erarbeitet, das noch bis 6. Mai im off-Theater in der Wiener Kirchengasse zu sehen ist. Das Projekt entstand im Rahmen der Initiative des Bildungsministeriums „Macht Schule Theater“. In ganz Österreich entstanden 26 Produktionen in Zusammenarbeit von professionellen Theaterleuten mit jeweils (mindestens) zwei Schulen verschiedener Typen. Zwar wurde vor Kurzem die Abschlussveranstaltung am Ende des Schuljahres wo jedes Jahr die meisten Projektjugendlichen zusammen kommen, um einander Ausschnitte aus ihren Stücken zu zeigen, abesagt, aber auf jeden Fall werde es auch im kommenden Jahr derartige Kooperationen zwsichen Theaterprofis und Schüler_innen geben, versicherte das Ministerium dem (Kinder-)KURIER.

Scheu überwunden

Was tun mit wütenden Fäusten?
Überthema ist die Auseinandersetzung mit - verschiedenen Formen von -Gewalt, um diese künstlerisch zu be- und verarbeiten. Auch wenn das eine oder andere Projekt die Pädagogik in den Vordergrund stellen mag, ist das Ziel den Jugendlichen ausgehend von eigenen Erfahrungswelten einen vorwiegend künstlerisch-kreativen Zugang zum Beackern eines Themas zu eröffnen und ermöglichen. Was nicht selten auch so „Nebeneffekte“ hat, wie „dass ich jetzt nicht mehr so schüchtern bin“ wie David Pavlović dem KURIER freudestrahlend offenbart. „Ich bin viel mutiger geworden“, meint auch Leonie Mujaj.
Was tun mit wütenden Fäusten?
Wütende Fäuste, sprechende Hände
eine (kunst)spiel-Produktion im Rahmen von Macht Schule Theater
ab 13 Jahren, ca. 75 Minuten

Es spielen: Janine Aschauer, Patricia Baniqued, Regine Davao, Sabine Dinkić, Marco Gomez, Anna Kutermak, Leonesa Mujaj, Ilirjana Mulaj, Kate Ongcoy, Muhammed Özel, David Pavlović, Darko Petrović, Gabriel Pirk, Valentino Sajn, Jennifer Schwarz, Wiki Singh, Strhinja Stanković, Seda Tisaeva, Elizabeth Yeboah
Regie: Valerie Kattenfeld
Betreuende Lehrerinnen: Andrea Bergmann, Sylvia Flach, Eva Grabenhofer, Renate Jani
Assistenz: Katharina Trimmel
Affektkontrolltraining: Alexandra Lidl, Christoph Schwarz
Bühnenbild und Kostüm: Michael Haller & BORG Hegelgasse
Kostümassistenz: Sophie Lenglacher
Coaching: Veronika Mayerböck
Videodokumentation: Laura Nöbauer
Fotos: Laura Steiner, Bettina Frenzel
Licht: Veronika Mayerböck


Wann & wo?
Bis 6. Mai
Off-Theater
1070, Kirchengasse 41
Telefon: 0660/125 77 87
www.kunstspiel.at
www.machtschuletheater.at

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