Auf der Suche nach der Kunst

Handgefertigte dünne gebundene Kunstbüchlein: Erst nageln die Kinder Löcher durch die Seiten. Durch die ziehen sie die Nadeln mit Wollfäden - Buchbinden im wahrsten Sinn des Wortes
„Kunst Buch Druck Werkstatt“ inspiriert von der Ausstellung Franz West Artistclub fertigen Kinder Werke rund um Schrift an.

Rein in einen mit Zeitungspapier tapezierten kleinen, verwinkelten Raum – und plötzlich steht Viktoria vor einem Spiegel. Hier in diesem Raum wird sie aber auch beim Suchspiel fündig. Sie, Emma, Nico, Aleksander, Emanuel, Mariella, Isabella, Felicitas, Leon, Livia, Julia, Allegra und noch einige andere 7- bis ca. 12-Jährige lassen sich an diesem Sonntag-Nachmittag ein auf eine Führung durch Werke von denen sich manche wundern, dass Kunst auch so ausschauen kann. Ungewöhnlich. Auf die Idee kommt’s an. „Autoritratto di Franz West“ schrieb etwa Michelangelo Pistoletto auf einen Klebestreifen und den pickte er unten auf einen kreisrunden Spiegel. Und was sah Franz West, Namensgeber der Ausstellung im 21er-Haus als er reinschaute? Klar, sich selbst. Das italienische Autoritratto heißt auf Deutsch „Selbstporträt“.

Auf der Suche nach der Kunst
Danach wandern die Gruppen alle gefundenen Bilder, Skulpturen und Objekte ab...
Werke von rund drei Dutzend Künstlerinnen und Künstlern mit denen Franz West zu Lebzeiten (er starb 65-jährig 2012) immer wieder zusammengearbeitet hat, sind hier – bis 23. April 2017 - ausgestellt. In so manchen der Kunstwerke arbeiteten West – und die anderen Künstler_innen mit Schrift – so steht eine Gedichtzeile über einem Sofa, die geklebten Zeitungen sind schon genannt worden, ein Buch ist Teil eines Werks – Franz West war leidenschaftlicher Leser...

Und so steht nach der Bilder- bzw. Objektsuche, bei der so „nebenbei“ das eine oder andere Objekt der Ausstellung mit erkundet wird, Schrift und die Art ihrer Vervielfältigung in einer weiteren sitzenden Runde am Boden auf dem Programm. Bei der Station Erfindung des Buchdrucks (maschinenbetrieben mit beweglichen Lettern/Buchstaben) durch Johannes Gutenberg (Mitte des 15. Jahrhunderts, wobei der chinesische Schmied Bi Sheng schon rund 400 Jahre früher bewegliche Druckstempel erfunden hatte) griffen die jungen Kunstinteressierten begeistert zu den von Kunstvermittlerin Karla mitgebrachten Stempeln. Aus F, M, A, R, L, G, E und Z suchten sie mögliche Wörter, um sie auf ein Blatt Papier rot oder schwarz eingefärbt zu drucken.

Im Atelier

Auf der Suche nach der Kunst
Auf Glasplatten bringen einige der Kinder im Atelier Farbe auf, mit Wattesäbchen "malen" sie darin und fertigen mit einem Blatt Papier einen Einfach-Druck (Monotypie) an.
Davon inspiriert machten sie sich dem Nachmittagsmotto „Kunst Buch Druck Werkstatt“ auf ins Atelier. Dort legten sie einige Blatt Papier übereinander schlugen mit Hilfe von Nägeln und Hammer Löcher in der Mitte – von oben nach unten -, griffen danach zu Nadeln und Wollfäden, um die Seiten zusammen zu nähen – Buchbinden im wahrsten Sinn des Wortes. Manche fertigten für ihre Kunstbüchlein Monotypien als Titelbilder an: Mit Walzen färbten sie Glasplatten ein, „kratzten“ mit Wattestäbchen Bilder oder Muster in die Farbfläche und klatschten ein buntes Blatt Papier – natürlich in einer anderen Farbe – auf die Farbe – ein jeweils einmaliger Druck entstand. Nach kurzer Trocknungszeit klebten die Monotypist_innen ihre Werke auf das Deckblatt ihrer Kunsthefte. Manche begannen gleich im Atelier die eine oder andere Seite für ihre künstlerische Arbeit zu nutzen.
Auf der Suche nach der Kunst
Aleksander stempelt einen Spruch - in vier Sprachen - in sein Kunstheft
Aleksander bat um die Buchstaben-Stempel. T O D – o je, wie traurig? Doch es folgten ein A sowie ein Y. „Today I saved the DAB/Heute habe ich den DAB gerettet“. DAB ist eine Tanzbewegung – linker Arm seitlich nach oben gestr4eckt, rechter Arm abgewinkelt und parallel dazu und Kopf in diese Armbeuge gesteckt. Und da Aleksander viersprachig aufwächst, stempelte er seinen Lieblingsspruch auch noch auf Französisch (Aujourd‘hui J’ai sauvé le DAB) und Polnisch (Djis‘ Ocali łem DAB) ...

Viele Fotos von der Erkundung der Ausstellung durch Kinder sowie ihrer Arbeit im Atelier des 21er-Hauses - siehe unten!

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