Fest auf der Riesen-Müllhalde

Fest auf der Riesen-Müllhalde
Dokumentarfilm für Kinder: Ein Bub aus Wien flog nach Nicaragua und filmte selber
Fest auf der Riesen-Müllhalde
Ob es einen ungewöhnlicheren Ort für ein großes, ausgelassenes Fest gibt? Wohl kaum. Also durchaus Grund darüber einen Film zu machen: „Fiesta auf der Müllhalde“, eine halbstündige Doku (nicht nur) für Kinder, hatte kürzlich Premiere im Wiener Top-Kino. Der Streifen spielt hauptsächlich in Nicaragua (Mittelamerika), großteils in La Chureca (Spanisch für Stadt-Mist“). Das war die größte Mülldeponie des Landes, manche meinen sogar ganz Lateinamerikas. Mit rund 7 km² war sie etwas mehr als doppelt so groß wie die ganze Wiener Innenstadt.

Mika gab den Anstoß

Fest auf der Riesen-Müllhalde
Der Film begleitet den damals 8-jährigen Mika von Wien. Der Bub war auch „schuld“ am Dreh. Er wollte seine Großtante Gertraud nach Nicaragua begleiten. Seit Jahren fliegt die Vorarlberger Lehrerin in den Sommerferien in die Hauptstadt Managua. Dort in der Nähe hat sie eine Finca (Landsitz). Eines Tages war sie in Kontakt mit Familien gekommen, die auf oder am Rande - und von - der Mülldeponie leben. Sie suchen aus den abgeladenen LKW-Fuhren brauchbare Materialien wie Metall oder Kunststoff, sammeln diese, füllen sie in riesige Taschen, um das Altmaterial, das wieder verwertet wird, zu verkaufen.

Feste für Fiesta

Fest auf der Riesen-Müllhalde
Darüber erzählte die Lehrerin ihren Schülerinnen und Schülern in Dornbirn. Man beschloss, den armen Familien in Nicaragua zu helfen. „Im FreifachD’r Busorganisieren wir Feste und Filmabende. Einen Teil der Einnahmen spenden wir für Nicaragua. Die Lehrerin bringt das Geld in den Sommerferien hin“, sagt Schülerin Dorina. Mit einem Teil des Geldes feiern die Familien auf La Chureca eine Fiesta. Die Deko basteln sie selbst, dazu eine Piñata (in Lateinamerika zu Festen übliches Geschenk). Im Film ist die Piñata ein großes rotes Auto, das mit Süßigkeiten gefüllt ist und an Seilen über den Köpfen der Kinder hin- und her gezogen wird. Sie müssen es zerstören, um an den süßen Inhalt zu kommen.

Eigener Beitrag

Fest auf der Riesen-Müllhalde
Um mitfahren zu dürfen, müsse er selber ein bisschen dazu beitragen, meinten Mikas Eltern. Und so begann der damals rund Siebenjährige ein Jahr lang auf sein Taschengeld zu verzichten. Außerdem versuchte er Spielzeug, das er nicht mehr wirklich oft nutzte, auf einem Flohmarkt zu verkaufen. „Meine Oma hat mir auch noch einen Hunderter gegeben“, verrät der dem Kinder-KURIER. „300 und irgendwas, so ungefähr 373 hab ich zusammengebracht, das Ticket hat schon viel mehr gekostet – genau 1.181 Euro.“

Mika und Francis

Fest auf der Riesen-Müllhalde
Claudia Wohlgenannt, Regisseurin und Mutter von Mika, kam auf den Gedanken, über dieses ungewöhnliche Fest einen Dokumentarfilm zu drehen. Von dieser Sorte Film gibt es nicht viele für Kinder. So eine Doku erzählt das wahre Leben von Kindern in einer anderen Ecke der Welt und – wie in unserem Fall – die spezielle Verbindung zwischen Wien, Vorarlberg und Nicaragua.
An manchen Stellen im Film werden Kameras und Mikrofone bewusst ins Bild gerückt, um den Dreh selber zu zeigen. Mika konnte mit einer kleinen Digitalkamera selber filmen oder seine neu gewonnenen Freunde in Nicaragua filmen lassen. Einem Mädchen, der 11-jährigen Francis hat das besonders gut gefallen.
Fest auf der Riesen-Müllhalde
Und wie war der Dreh auf der Müllhalde, hat das nicht urarg gestunken?
„Ja schon, oben mehr als unten, aber irgendwie scheint man sich daran zu gewöhnen und wenn man mit neuen Freunden viel macht, spielt oder mithilft oder was vorbereitet für das Fest achtet man nach einer gewissen Zeit auch nicht mehr so sehr drauf. Und das Fest war sehr, sehr toll, hat viel Spaß gemacht!“

Konntest du Spanisch?
„Als ich hingekommen bin, hab ich fast gar nichts verstanden, aber mit der Zeit (insgesamt fünf Wochen) hab ich schon ein bisschen mehr verstanden und auch ein paar Sätze sagen können.“ Nachdem er wieder hin will, „lerne ich jetzt weiter Spanisch, leider gibt es kein Gymnasium, wo man gleich von Anfang an Spanisch hat, ja und ich spare wieder Geld“.

Im Film erzählst du an einer Stelle, dass manches anders war als du dir das vorher vorgestellt hast und nennst als Beispiel die Unterkünfte, was war noch anders?
„Vorher hab ich geglaubt, viele arme Leute haben Lehmhütten, aber es waren dann meistens Blechhütten. Manches hat mich überhaupt überrascht, zum Beispiel, dass Managua so eine riesige Stadt ist mit vielen schönen und auch nicht wenigen (Hoch-)Häusern und massig viel Autoverkehr.“

Fest auf der Riesen-Müllhalde
Wolltest du auch andere Teile vom Land sehen?
„Besonders wollte ich in die Schildkrötenbucht, nur waren die an dem Tag als wir dort waren, nicht da, aber ich will ohnehin wieder hin – nicht nur wegen der Schildkröten, sondern vor allem um meine neuen Freunde wieder zu treffen, besonders Francis“.
Die 11-jährige faszinierte nicht zuletzt die kleine digitale Kamera, die Mika mit hatte. Einige der Szenen, die die beiden Kids gefilmt hatten, wurden von der Wiener Regisseurin Claudia Wohlgenannt auch in die fertige rund halbstündige Doku eingebaut.
Fest auf der Riesen-Müllhalde
Wie war das selber filmen?
„Es war schon sehr cool, aber ich hab nicht immer gefilmt, nur das, was mich wirklich interessiert hat, besonders Tiere und der Vulkan und ich bin auch gar nicht beleidigt, dass jetzt im fertigen Film nicht so viel von dem drin ist, was ich aufgenommen habe. Aber die ganzen Tieraufnahmen habe ich alle noch gespeichert.“
Vielleicht, so wird bei unserem Gespräch mit Mika und Regisseurin ja noch überlegt, einen Bonustrack mit seinen Tieraufnahmen auf die DVD zu packen.
Übrigens Zusatz: Nach allen Kinovorstellungen (siehe Infos) gibt es Recycling-Workshops.

Fiesta auf der Müllhalde
Dokumentarfilm für Kinder
Empfohlen ab 8 Jahren, ca. ½ Stunde.

wo/wann?

Wien
Top Kino, 1060 Wien
11. – 24. März und 8. bis 12. April täglich 15 Uhr
Schulvorstellungen auf Anfrage


Cinema Paradiso, St. Pölten
17. März, 14.30 Uhr, 20./21. März, 10 Uhr

Vorarlberg
Spielboden, Dornbirn
27. März, 15 Uhr, 4./5. April, 10 Uhr

Nach allen Vorstellungen Recycling-Workshops

www.plancfilm.com

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