Wenn Daumen hoch nix Gutes heißt...

Autor_innen posen auf der Bühne
Zwei Klassen einer Wiener Handelsakademie gewannen die Schulgruppen-Kategorie des diesjährigen Exil-Literaturpreises. Der Kinder-KURIER traf einige der Jung-Autor_innen.

Mit Texten zu „Sprachbarrieren brechen“ bzw. „Wonach schmeckt die Welt“ gewannen zwei Klassen der Handelsakademie Untere Augartenstraße (Wien-Leopoldstadt) die Kategorie Schulgruppen bei den diesjährigen „Exil“-Literaturpreisen, die Samstag Abend auf der ORF-Bühne bei der Buch Wien vergeben wurden. Der Kinder-KURIER traf einige der jungen Autorinnen und Autoren zum Interview schon vor der Preisverleihung.

Wenn Daumen hoch nix Gutes heißt...
Michelle Schwiegelhofer, Viktoria Vexelberg, Aleksandar Savić, Anna Ianchis und Tamara Milovanović beim Interview mit dem Kinder-KURIER auf der Buch Wien
Anna Ianchis, Tamara Milovanović, Aleksandar Savić, Michelle Schwiegelhofer und Viktoria Vexelberg aus der nunmehrigen 2ck schilderten: „Wir haben uns mit dem Thema Sprache beschäftigt und warum Menschen etwas nicht oder auch falsch verstehen können. Und dann sollten wir eben dazu Texte schreiben, das was wir sagen wollten, in Geschichten verpacken. Und es sollte nicht nur um gesprochen Sprache gehen, sondern auch Mimik, Gestik, Körpersprache.“ Einige verfassten anschauliche vielleicht kleine aber doch krasse Missverständnisse, am deutlichsten vielleicht Kurosh Soleimani in der folgenden Episode:

Daumen hoch, uuuups...

„Beim Aussteigen zeigte der Historiker dem Taxifahrer mittels hochgehaltenem Daumen, dass alles geklappt hatte. Er wollte sich beim Taxilenker somit bedanken, da er es verbal nicht ausdrücken konnte. Der Fahrer reagierte aber nicht, wie vom Historiker erwartet. Stattdessen sah der Mann den Österreicher wütend an. Als der Taxifahrer ausstieg und mit erhobenen Fäusten auf den Historiker zukam, hielt der Arzt den Iraner auf und erklärte ihm auf Farsi, dass der Österreicher nicht wusste, was diese Geste hier bedeute und sich nur für die Fahrt bedanken wollte. Als der Taxifahrer das hörte, fing er an zu lachen und gab dem Historiker versöhnlich die Hand. Er lud die zwei Männer auf einen Tee ein. Während sie diesen tranken, erzählte der Arzt dem Österreicher, dass der Daumen im Iran gleichbedeutend mit dem Mittelfinger in Europa ist. Da wurde dem Österreicher bewusst, wie viele Unterschiede es gibt.“

Wenn Daumen hoch nix Gutes heißt...
Aleksandar Savić, Viktoria Vexelberg, Anna Ianchis, Georg Mansour, Ilias Joya, Patrick Parth, Tamara Milovanović, Michelle Schwiegelhofer und Hakan Sabri - Autor_innen von Beiträgen zu "Sprachbarrieren brechen".
Solche und andere Missverständnisse, aber auch Beispiele berührender gelungener Gesten, beispielsweise der Gebärdensprache, schilderten Jugendliche der genannten Klasse, im vorigen Schuljahr der 1 ck der VBS (Vienna Business School, private Handelsakademie und -schule). Die engagierte Lehrerin Katharina Demmelbauer hatte in all ihren Deutschklassen die Jugendlichen dazu ermuntert, sich mit verschiedenen Aspekten von Sprache zu beschäftigen. Sie selbst wuchs ihre ersten Lebensjahre in Nicaragua – nur mit Spanisch – auf, weil ihre Eltern dort in der Entwicklungshilfe tätig waren.
Zwölf Jugendliche hatten ihre Texte zum Thema „Sprachbarrieren brechen“ verfasst: Anna Ianchis, Ilias Joya, Joel Karakkattu, Georg Mansour, Tamara Milovanović, Patrick Parth, Iva Pelić, Hakan Sabri, Aleksandar Savić, Michelle Schwiegelhofer, Kurosh Soleimani, Viktoria Vexelberg. Elf davon sandte Lehrerin Katharina Demmelbauer für den Bewerb Literaturpreise Exil ein. Die zuletzt genannte Schülerin bedauert, dass ihrer wegen angeblicher Themenverfehlung nicht dabei gewesen ist. „Dabei hab ich mich mit dem Thema philosophischer auseinander gesetzt.“

„Jetzt wissen wir aber, wenn wir in ein anderes Land fahren, wollen wir uns schon vorher vorbereiten, ein wenig was über Kulturen und Gebräuche, ein paar Wörter lernen, uns aber auch schlau machen, welche Gesten was bedeuten und was man vermeiden sollte“, meinen die fünf Gesprächspartner_innen des Kinder-KURIER.

Der besondere Kuchen

Wenn Daumen hoch nix Gutes heißt...
Die ganze Schulklasse bei der Preisverleihung auf der Bühne samt Juror_innen und Sponsor_innen
Nach und nach gesellen sich weitere Autor_innen, aber auch andere Klassenkolleg_innen zur Runde bevor es zur Preisverleihung geht. Die Klasse, die Texte zu „Wonach schmeckt die Welt“ verfasst hatte, war eine sogenannte Übergangsstufe aus der die meisten Jugendlichen nun in anderen Schulen oder Lehrberufen sind. Und leider war von diesen niemand eingeladen worden. 13 Texte zum genannten Thema sind im Sammelband aller prämierten Texte abgedruckt. Sie stammen von Kübra Arslan, Laurentiu Damascan, Samuel Frost, Aysegül Kılınç, Adnan Klokić, Diellza Kuqi, Milica Matejić, Amila Mujkanović, Rabia, Dušan Simović, Koray Topçu, Furkan Turğut und Fatma Ünsoy.

Von Börek über Lahmaçun bis zu einem „besonderen Kuchen“ spannt sich der Bogen der Speisen. An die Texte fügten die Jugendlichen auch die dazugehörigen Rezepte an. Was steckt in dem besonderen Kuchen? Diellza Kuqi beschreibt diese von der Oma zubereitete Süßspeise so: „Es war nicht irgendein Schokoladenkuchen... mit sehr viel Liebe zubereitet. Dieser Kuchen hat mich immer fröhlich und glücklich gemacht...“

Wonach schmeckt die Welt?

Wenn Daumen hoch nix Gutes heißt...
Auszüge aus presigekrönten Texten las Lucy McEvil
Außer den direkt essbaren Dingen, beschrieben einige der Jugendliche in der Folge auch, wonach für sie die Welt schmecke. „Die Welt schmeckt für mich nach Leid und Unterdrückung, weil sie leider voll davon ist“, schreibt etwa Adnan Klokić. Furkan Turğut hingegen gibt – trotz alledem – Mut: „Bei all den Konflikten vergisst man fast, dass die Welt selbst lebt. Dass es Wälder, Wiesen und Flüsse gibt. Für mich schmeckt die Welt wie die vier Jahreszeiten: manchmal kalt und manchmal warm! ... Ich versuche die Welt so zu begreifen, wie sie ursprünglich ist, und orientiere mich an den Veränderungen der Natur. Die Politik wird sich immer ändern, wichtig wäre aber, dass wir dafür sorgen, dass die Natur nicht zerstört wird.“

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