"dasTheaterHotel": Ein sehr leiser Wecker...

Flotten Schrittes, meist ein Lächeln im Gesicht, servieren die Jugendlichen den Gästen Speis und Trank
... als Kultur-Highlight im Programm von und mit Michael Dangl, dem Orchester des Münchner Gärtnerplatz-Theaters bei der größten Schul-Charity Österreichs „das TheaterHotel“ der HLTW Bergheidengasse (Wien) in Hotel am Rennweg.

650 Gäste haben im großen Saal des Austria-Trend-Hotels Savoyen am Wiener Rennweg feinst gespeist - bewirtet von Jugendlichen der höheren Tourismus- und Wirtschaftsschule Bergheidengasse. Die haben im Rahmen der schon traditionellen größten Schul-Charity Österreichs – „ dasTheaterHotel“ an der Speisenfolge selbst getüftelt, probiert, sie gekocht, zubereitet und obendrein als Augenschmaus angerichtet. Nun kommt erst das Highlight des Abends: Der Kulturgenuss.

Zeit und Raum um zuzuhören

"dasTheaterHotel": Ein sehr leiser Wecker...
Bei der konzertanten Lesung durfte aus rechtlichen Gründen nciht fotografiert werden, nur danach bei der Verbeugung

Auch diesen haben die Jugendlichen organisiert. Diesmal, Samstagabend (17. Februar 2018), war’s etwas ganz Außergewöhnliches: Nicht eine Band nach der anderen, eine humorvolle Lesung, nichts Lautes, Mitreißendes. Gebannt blicken die Gäste in Richtung Bühne. Vor allem aber lauschen sie – den szenischen Erzählungen und der Musik – die in diesen knapp zwei Stunden (unterbrochen von einer Pause) meist sehr sanft ertönt, Zeit und Raum lässt für Pausen. „Der Klang der ungespielten Töne“ heißt das von Michael Dangl mit dem Orchester des Münchner Gärtnerplatz-Theaters nach Konstantin Weckers gleichnamigem Roman und mit ihm gestaltete musikalische Programm. Das hatte übrigens erst rund drei Wochen vor dieser Benefiz-Veranstaltung seine Welt-Uraufführung im genannten Theater der bayrischen Metropole. In Roman und der szenische-konzertanten Erzählung ist einerseits Weckers (musikalische) Kindheit, als auch seine spätere immer wieder erfolgte Suche nach der für ihn richtigen Musik in der Figur des Anselm Cavaradossi Hüttenbrenner zu finden. „Allerdings so tief bin ich – musikalisch – nie gesunken, dass ich mich für Werbejingles verkauft hätte“, merkt er allerdings nach der Veranstaltung beim Signieren seiner Bücher zum Kinder-KURIER an.

"dasTheaterHotel": Ein sehr leiser Wecker...
Michael Dangl, Anna Lederle, Selina Holitzer und Konstantin Wecker

Es war übrigens in der Tat bei dem literarisch-musikalischen Programm (mit Stücken u. a. von Brahms, Mozart, Gustav Mahler, Giacomo Puccini und auch Wecker) in der Tat so aufmerksam ruhig, dass nicht einmal ein Handyklingeln den Abend störte – was kaum noch in einem Theater zu erleben ist ;)

Mehr als zehn Jahre

Seit mehr als zehn Jahren organisiert jeweils ein Team der Maturaklasse im Zweig Hotelmanagement als ihr erforderliches Abschluss-Projekt diese Veranstaltung, viel mehr zwei Veranstaltungen: Brunch mit Kulturprogramm am Vormittag und die Abend-Gala. Nach anfangs zwei kleineren in kleineren Hotels seither im Austria Trend Hotel Savoyen am Wiener Rennweg. Zwei Mal werden so jeweils rund 500 Gäste mit kulinarischen und kulturellen Genüssen versorgt. Das Kern- und damit auch Leitungsteam checkt sich in der Schule Dutzende freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowohl für die Vorbereitung als vor allem dann natürlich, um diesen Tag reibungslos und zur vollsten Zufriedenheit der Gäste über die Bühne bringen zu können.

Für soziale Zwecke

"dasTheaterHotel": Ein sehr leiser Wecker...
Lilly Tausig schildert vom sozialen Engagement Ottos

Sämtliche Einnahmen kommen sozialen Initiativen zugute. Das stand sogar am Beginn. Der bekannte Burgschauspieler und Autor Otto Tausig (der im Oktober 2011 starb) hatte, wie bei der Veranstaltung am Samstag seine Witwe Lilly erzählte, nach der Rückkehr von einer Reise nach Indien die Initiative ergriffen: „Als er das Elend von Kindern gesehen hat, die fast als Sklaven arbeiten mussten, hat er gesagt: Da müss ma was machen, da müssen wir helfen. Er hat seine Gagen hergegeben und Theaterkolleginnen und -kollegen angeschnorrt. Aber das war ihm viel zu wenig.“ Und so heckte er gemeinsam mit Helmut Kuchernig-Hoffmann, Lehrer an der HLTW Bergheidengasse den Plan dieser Charity-Veranstaltung aus: Verbindung von Anwendung eines der Ausbildungs-Schwerpunkte der Schule mit sozialem Engagement. Neben den Einnahmen über den Verkauf der Karten für die beiden Events werden auch noch am Rande der Veranstaltung Bücher verkauft und Künstler_innen – auch solche, die an diesem Tag nicht auftreten – kommen und gehen, wie Tausig es selbst vorgemacht hatte, als er noch lebte, mit Körberln durch die Reihen, um zusätzlich Spenden zu sammeln, an diesem Abend u.a. Mercedes Echerer, Beatrix Neundlinger, Werner Schneyder, Werner Brix. 95.000 Euro kamen in diesem Jahr zusammen. Der Großteil geht – wie jedes Jahr – an den Entwicklungshilfe-Klub. Mit den Spenden aus diesem Jahr sollen 40 Familien des Dorfes Tummala (im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesh) Angehörige der ethnischen Minderheit der Yanadi, stabile Häuser samt einer durch die gemeinsamen Bauarbeiten gestärkten Dorfgemeinschaft und damit neue Perspektiven für die Zukunft und endlich ein menschenwürdiges Leben bekommen. Es ist bereits das dritte Dorf, das mit Hilfe des Theaterhotels gebaut werden kann.

"dasTheaterHotel": Ein sehr leiser Wecker...
Einer der Spenden-Schecks geht in diesem Jahr an die Volkshilfe - stellvertretend übernommen von Jugendlichen der Übergangsklasse in der HLTW - geflüchteten junen Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und dem Iran

Dank des wachsenden „TheaterHotels“ und der damit wachsenden Einnahmen können seit dem Vorjahr auch andere soziale Projekte unterstützt werden, heuer ist es die Musikinitiative „Superar“ sowie an ein Flüchtlingsprojekt der Volkshilfe für ein Flüchtlings-Projekt. Stellvertretend dafür übernahmen Jugendliche aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und dem Iran der Übergangsklasse in der HLTW Bergheidengasse den überdimensionalen Scheck auf der Bühne. Dabei lobte Konstantin Wecker das soziale Engagement dieses Schulprojekts, das „einfach eine wichtige Sache zeigt: Empathie“. Nationalismus würde er sowieso nie verstehen, „wir sind doch alle Bewohner einer Welt!“

Speisen-Experimente

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Die kulinarischen Genüsse werden auch zum Augenschmaus

„Fünf bis zehn Menu-Vorschläge haben wir erarbeitet“, meint Marcus Wakolbinger, einer der beiden Küchenchefs zum Kinder-KURIER. „Bei der Auswahl, wir haben die alle ausprobiert, mussten wir darauf schauen, was ist für uns umsetzbar, was aber auch finanziell im Rahmen. Geachtet haben wir auch gewisse Regionalität und Saisonalität und auch auf die Farbkomposition“.

Eine der Feinheiten war die abendliche Nachspeise: Brownies mit Tonkabohnen-Crumble, Marillen-Gel und Joghurt-Schaum. Dazu erläutert Joschka Sammer: „Wir haben alles Mögliche im Internet recherchiert, sind dann auf die Tonkabohne gekommen, die nicht so bekannt ist, aber einen ganz speziellen Geschmack zwischen vanille- und mandelartig hat. Die haben wir röstgetrocknet, gerieben, mit geschmolzener Butter, Mehl und bisschen Zucker vermischt. Macht zwar „nur“ ein paar Krümel auf den Brownie-Schnitten, aber geschmacklich und optisch einiges her. Gleiches gilt für den trockenen Joghurt-Schaum: Gären lassen, auspressen und mit ein bisschen Zucker vermengen...

Lernen fürs Leben

"dasTheaterHotel": Ein sehr leiser Wecker...
Helmut Kuchernig-Hoffmann, Martin Pfeifer, Michael Dangl, Evangelia Philipp, Konstantin Wecker, Anita Petschning und Marcus Wakolbinger

Nicht alle mitarbeitenden Schülerinnen und Schüler kommen aus dem Zweig Hotelmanagement, auch die beiden Jugendlichen, die mit Michael Dangl und Konstantin Wecker für die Fotograf_innen posierten, besuchen andere Zweige: Selina Holitzer und Anna Lederle „machen aber trotzdem schon das dritte Jahr mit. Du lernst dabei, in stressigen Situationen ruhig und freundlich zu bleiben oder schnell und flexibel zu reagieren, wenn irgendwas nicht Vorhergesehenes passiert.“ Im Laufe der drei Jahre hätten sie auch gelernt, nicht alles persönlich oder gar zu Herzen zu nehmen, wenn zum Beispiel vielleicht einmal ein Gast findet, ein Wein würde nicht so passen.“

Superpraktikant_innen

Evangelia Philipp ist zwar erst in der dritten Klasse, aber schon das vierte Mal beim TheaterHotel im Einsatz. „ich war schon ein Jahr vorher als Superpraktikantin dabei. Ich hab mir gedacht, da hab ich dann auch größere Chancen, in diese Schule aufgenommen zu werden, weil das wollte ich unbedingt.“

So ein Superpraktikant ist in diesem Jahr Romeo Rosenberg gewesen. Der 13-Jährige besucht derzeit das Gymnasium Fichterngasse, „aber ich will in diese Schule wechseln, weil mir Gastronomie und Sprachen sehr gefallen“ und obwohl er um 7 Uhr früh begonnen hat, strahlt er am Abend noch immer bei jedem Gang mit einem Tablet mit Getränken auf dem Weg zu einem der Tische.

Nachwuchsförderung

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Flotten Schrittes, meist ein Lächeln im Gesicht, servieren die Jugendlichen den Gästen Speis und Trank

Die Professionalität samt Einsatzfreude der Jugendlichen begeistert übrigens auch den seit wenigen Monaten neuen Direktor dieses Hotels, Martin Pfeifer, der das Haus – und damit auch das Projekt von seinem Vorgänger Johannes Mauthe übernommen hat. „ich erlebe, was diese jungen Leute hier auf die Beine stellen und wie gut sie das tun. Und ich meine, wir sollten in dieser Branche nicht immer darüber jammern, dass wir zu wenig Nachwuchskräfte haben, wir müssen selber auch etwas dafür tun, dazu beitragen, die Freude an Berufen in der Gastronomie zu fördern. Nicht zuletzt deswegen unterstützen wir dieses Projekt.“

Fotos von der Abendveranstaltung beim "Theaterhotel" 2018

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