Die Chips AG hat beschlossen, ihre Produktion von Kleindorf nach China zu verlegen. Billiger. Aber Betriebsrät_innen, Gemeinderat, Wirtschaftsförderungsfonds, ja auch die örtliche Bank nehmen den drohenden Verlust der Arbeitsplätze nicht so einfach hin.
Jugendliche der Polytechnischen Schule Wien 3 wissen schon fast alle, was sie im kommenden Schulahr tun wollen
Die regionalen Medien haben zu einem runden Tisch geladen. In langwierigen Verhandlungen können sie erreichen, dass die Geschäftsführung wenigstens ein Forschungszentrum in Kleindorf aufbauen wird – samt Lehrlingsausbildung.
Mutlu Derya schlüpfte in die Rolle der Betriebsrätin, Yeboah Kwabena in die des Geschäftsführers. Sanja Pajčić gibt die Vertreterin des
Wirtschaftsförderungsfonds,
Gamze Tosun ist Bankchefin, Mona Azz vertritt den Gemeinderat.
Merve Erbas und
Merve Uguz sind die beiden Medienvertreterinnen, die die Diskussion in Gang brachten. Die Jugendlichen vom Aufbaulehrgang der Handelsakademie des Berufsförderungunsinstituts in der Wiener Margaretenstraße haben sich in der Vorwoche auf dieses
Planspiel zum Thema Globalisierung im Rahmen eines großen Workshoptages zu
Arbeitswelt und
Schule eingelassen. Erst haben sich alle aus der Klasse in Kleingruppen mit dem Szenario beschäftigt, dann selber ausgesucht, wer wen spielt und dann in einer intensiven Diskussionsrunde Argumente hin und her gewälzt, um Kompromisse gerungen und schließlich den eingangs geschilderten erarbeitet.
Zeitreise in die Monarchie und die ersten Arbeitervereine
Gleichzeitig begaben sich die Schülerinnen und Schüler der 7b der AHS Kenyongasse auf eine Zeitreise. Kaiserzeit, erste aufkommende Arbeitervereine, die darum kämpften, unerträgliche Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern – war die Ausgangssituation für das
Planspiel rund um Solidarität. Rund für Runde sucht die Unternehmerin Arbeiterinnen und Arbeiter. Stets sieht sie sich einem Heer Arbeitswilliger gegenüber und bietet niedrigste Löhne. Die Familien brauchen jeden Groschen und so sind immer wieder etliche bereit zu den unsagbar niedrigsten Löhnen schwerste Arbeit zu verrichten. Bis sich die Familien beginnen abzusprechen, zu organisieren, Mindestlöhne zu verlangen – und sich auf Kollektivverträge mit der Unternehmerin einigen.
Sozialpartnerschaftliche Verhandlungen werden von Medien begleitet
„Das ist urcool, so ein ganzer Vormittag in diesem
Planspiel, einfach spielendes Lernen, wie so etwas ungefähr im echten Wirtschaftsleben abläuft“, äußern sich Marie und Ken beinahe enthusiastisch und die Reaktion ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler zeigt, sie sprechen ihnen gleichsam aus der Seele. Ähnlich äußern sich auch die Jugendlichen der anderen
Schulen. Rund 150 hatten in unterschiedlichsten Workshops „gespielt“ und „viel mehr gelernt als an einem normalen Schultag oder sonst in Berufsorientierung“, wie es der KiKu immer wieder in den einzelnen Workshopräumen oder den Gängen dazwischen im Bildungszentrum der Arbeiterkammer in der Wiener Theresianumgasse zu hören kriegt.
Jugendliche der Polytechnischen Schule Wien 3 wissen schon fast alle, was sie im kommenden Schulahr tun wollen
Praktisch alle Jugendlichen der Gesprächsrunde aus der Polytechnischen
SchuleWien 3, die der KiKu am Gang trifft, wissen mittlerweile, wohin sie’s nach diesem Schuljahr zieht: Eine will Lehre als Versicherungskauffrau machen, eine die HLW besuchen, einer sucht nach einer Lehrstelle als KFZ-Techniker, einer nach einer als Schlosser, eine als Einzelhändlerin, eine „mach HAK oder Hasch“ und eine weitere in der Runde „sicher irgendeine weiterführende
Schule“.
Die Jugendlichen einer Klasse der HAK vom Wiener Hamerlingplatz gehen was Kollektivverträge und Arbeitsrechtsbestimmungen im Planspiel Sozialpartnerschaft betrifft in Details, sie setzten sich damit in ihren Planspielen verschiedener Firmen eines Ortes auseinander. Und werden von zwei Medienvertreterinnen beobachtet bzw. immer wieder interviewt, die laufend Kurznachrichten bzw. Schlagzeilen dazu verfassen.
Beispiel für "so nicht!": Claudia Libiecka (Bewerberin) und Chefin Kimberly Brosche
In der Zwischenzeit stimmen sich einige Schülerinnen und Schüler der 4d aus der AHS Draschestraße in einer Pause auf die späteren Bewerbungsrollenspiel e ein. Während Ribal Zeitouni ausgewählt höflich und gut vorbereitet seine Unterlagen der potenziell künftigen Chefin (
Kimberly Brosche präsentiert, übt sich Claudia Libiecka in vermeintlich lässigem, aber deutlich desinteressiertem, die Beine auf den Tisch schwingendem „Vorstellungsgespräch“. Was aber den Zweck wohl besser erfüllt als eine fad vorgetragene Liste aller „so nicht“ wie die umstehenden Mitschüler_innen finden.
Seit 35 Jahren bieten die Arbeiterkammern aller Bundesländer das Bildungsprogramm „Arbeitswelt und Schule“ an, das mit unterschiedlichen Planspielen normalerweise in die Schulen kommt und dort Jahr für Jahr von rund 25.000 Jugendlichen genutzt wird. „Ziel ist es, ein realitätsgerechtes und kritisches Bild der Arbeitswelt zu vermitteln“, meinte AK-Präsident Rudolf Kaske.
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