Teo (8), der Tod und das Leben

Lorenza Gentile mit der deutschsprachigen Version ihres Romans
Achtjährige Hauptfigur des Romans "Theo" will Napoleon treffen und beschäftigt sich tiefgründig aber auch humorvoll mit dem Tod. Interview mit der jungen italienischen Autorin.

Eine ziemlich schräge tiefgründige und doch sehr witzige Story ist der nicht einmal noch 30-jährigen Lorenza Gentile mit Teo ( dtv) gelungen. Der 8-jährige Teo ist voll genervt von den oft sehr bösartigen Streitigkeiten seiner Eltern.

Will Napoleon treffen

Teo (8), der Tod und das Leben
Lorenza Gentile mit der italienischen Originalausgabe
Wie Schlachten sind diese. Zum Geburtstag bekommt er ein Buch über Napoleon, einen französischen Feldherrn, der (fast) alle Schlachten gewonnen hat. Den will er treffen, um diese Schlacht zu gewinnen, die Streits der Eltern zu beenden. Als er drauf kommt, dass Napoleon schon tot ist, fällt ihm die Geschichte mit Orpheus und Eurydike ein, der ja auch die Chance gehabt hätte, seine schon verstorbene Ehefrau aus dem Totenreich zurück zu holen.

Sterben?

Teo (8), der Tod und das Leben
Lorenza Gentile mit der deutschsprachigen Version ihres Romans
Oder ist der einzige Ausweg, selber zu sterben, um Napoleon zu treffen? Und was ist überhaupt nach dem Tod? Teo beginnt sich damit zu beschäftigen, kommt drauf, dass dies abhängig ist von der jeweiligen Religion, die einen kennen Paradies und Hölle, andere einen ewigen Kreislauf aus Wiedergeburten und wieder andere gehen davon aus, dass nichts ist. Sein Freund Xian hat eine ganz andere Theorie. In jedem Menschen sieht er Zahlen. Nach dem Tod käme einfach ein Minus davor, die Person würde dann eine negative Zahl...

Faszinierender Schluss

Wie schon eher zu erwarten stirbt Teo natürlich nicht. Aber das Ende ist ein sehr faszinierendes und überrascht doch, sei aber bewusst nicht verraten. Das Buch lebt zwar nicht nur von den immer wieder skurrilen Drehs der Story, sondern auch davon, wie flockig, locker und doch tiefsinnig es geschrieben ist, aber doch auch von der Spannung, ob Theo auf Napoleon treffen wird.

Favorit der jugendlichen Jury

Teo (8), der Tod und das Leben
Autorin schreibt Widmung für den KiKu
Lorenza GentilesTeo“ wurde von jugendlichen Kritiker_innen der „Jury der jungen Leser_innen“ zu ihrem Buch-Favoriten gewählt. Sie begründeten ihre Wahl so: „Mit Teo haben wir ein weiteres Buch um die großen Dinge des Lebens vor uns, das ebenfalls konsequent aus der Sicht des Kindes geschrieben ist. Die Gedanken des Kleinen sind so nachvollziehbar, obwohl so irrationale. Genial. Sehr berührend, philosophisch und voller Poesie schreibt Lorenza Gentile über ein schweres Thema, das ganz leicht daherkommt und doch so zerbrechlich ist. Dieses Buch ist ein Glückstreffer. Nicht entgehen lassen!“
Teo (8), der Tod und das Leben
Interview mit der "Tho"-Autorin Lorenza Gentile, geboren in Mailand, studierte in London und lebte später in Florenz
Kurz vor den Totengedenktagen war die Autorin Lorenza Gentile für eine Lesung in der Buchhandlung Hartliebs ( Wien, Porzellangasse). Der Kinder-KURIER konnte sie davor interviewen:

Wie kommt eine so junge Autorin dazu, ein Buch zu schreiben, in dem sich ein achtjähriges Kind so intensiv mit dem Tod beschäftigt?
Lorenza Gentile: Teo war auf einmal da. Ich hab seine Stimme gehört, ihn vor mir gesehen, wie er sich bewegt, wie er agiert.

Haben Sie schon „immer“ geschrieben?
Als Jugendliche schon, da hab ich Kurzgeschichten geschrieben. Ich wollte aber eher Schauspielerin werden und vielleicht einmal im Alter, so mit 70, eine Familiensaga, einen Rückblick auf mein Leben und das meiner Familie verfassen.

Und dann war da Teo, das mussten Sie schreiben?
Ja, er war, wie schon kurz erwähnt da. Die Geschichte kam zu mir, sein Charakter war da. Ich hab es nicht gewählt. Seine Geschichte wollte ich niederschreiben und ich war besessen davon, große Themen, die ihn bewegen, zu schreiben: Leben und Tod, Freundschaft, Streit der Eltern... Und ich hab begonnen, tiefer ins Leben einzudringen. Und Teo gab mir die Gelegenheit, einen anderen Angelpunkt zu finden, diese Themen anzusprechen, sich damit auseinander zu setzen. Aber als er zu mir gekommen ist, war er sozusagen fertig. Ich hab ihn nicht nach und nach erfunden. Er war da, ich musste seine Geschichte nur mehr aufschreiben. Ich hatte keine Zweifel, was er sagt, woran er interessiert ist. Er war komplett geformt. Durch ihn konnte ich ein kleines bisschen verstehen, was ich fühle, woran ich interessiert war.

Teo (8), der Tod und das Leben
Interview mit der "Tho"-Autorin Lorenza Gentile, geboren in Mailand, studierte in London und lebte später in Florenz
Und wieso kreist bei Teo alles zentral um Tod?
Als ich in London studierte, befassten wir uns mit dem Stoff der „Kameliendame“ (von Alexandre Dumas, dem Jüngeren), einem Stoff, den Giuseppe Verdi zur Oper La Traviata formte. Der junge Mann liebt die nicht standesgemäße Frau bis über ihren Tod hinaus. Seine Liebe lebt weiter. Das hat mich irgendwie geschockt. Dieser Konflikt hat mich interessiert, ich war richtig besessen davon. Ja, und so ist Teos Wunsch, Napoleon zu treffen, so etwas wie die Übersetzung dieser Frage.

Und wieso Napoleon?
Einen Helden braucht’s. Ich selber hab als Kind und Jugendliche auch immer eher ungewöhnliche Helden gehabt. Als alle meine Freundinnen und Klassenkolleginnen auf die Backstreet Boys gestanden sind, war mein Held Marco Columbro. Der war 55, ich war elf. Er spielte in einer Fernsehserie einen Lehrer. Aber einen großartigen, einen der seinen Schülerinnen und Schülern hilft, der sich engagiert. Und der auch viel Humor hat. Das mochte ich, ich war richtiggehend ein bisschen verliebt in ihn, so wie meine Kolleginnen in den einen oder anderen von den Backstreet Boys.
Später im Gymnasium warne die Futuristen meine Helden.

Teo (8), der Tod und das Leben
Interview mit der "Tho"-Autorin Lorenza Gentile, geboren in Mailand, studierte in London und lebte später in Florenz
Ist Teo ein Teil von Ihnen?
Klar, immer wieder erkenne ich mich in Teo. Unter anderem darin, dass er eben auch ganz andere Helden hat – so wie ich.
Alle die mich kennen, sagen, sie können mich in Teo sehen. In der Art wie er redet, wie er seine Fragen stellt, die Art seines Humors... Er ist vielleicht das Kind, das noch immer in mir lebt.

Wussten Sie schon als Sie das Buch zu schreiben begonnen haben, dass es so faszinierend, überraschend endet?
Nein, das Ende kam spät, sehr spät. Nach Jahren, ich hab‘s geschrieben, es hatte kein Ende. Als ich es wieder hernahm, so nach zwei oder drei Jahren, begann ich über das Ende nachzudenken. Es war wirklich, wirklich schwer zu schreiben. Es sollte überraschend kommen, aber doch nicht aufgesetzt, sondern sich aus der Geschichte heraus entwickeln. Aber ich wusste, Teo würde keine einfache, billige Antwort akzeptieren, so hatte ich nicht so viele Optionen. Ich hätte einige gehabt, aber die wären zu schwach gewesen. Aber nach einiger Zeit hatte ich’s. Dann nahm ich das Manuskript wieder her, schrieb das Ende, aber musste schon davor einiges umbauen, damit dieser Schluss eben nicht aufgesetzt, unglaubhaft würde.

Teo (8), der Tod und das Leben
Stapel der beiden Ausgaben in der Buchhandlung
Teo ist Ihr erstes Buch, gibt es schon weitere im Computer?
Im Frühjahr erscheint in Italien mein zweites Buch.

Wovon handelt es?
Das Thema kann ich noch nicht wirklich sagen, nur so viel: Es ist eine Reise.

Eines Kindes?
Nein von zwei Erwachsenen, eine Person ist wirklich alt, eine so in mittlerem Alter.

Eine echte Reise oder eine in Gedanken?
Eine reale Reise.

Durch die Welt?
Durch Italien. Und durch das Leben der beiden, aber mehr darf ich noch nicht sagen.

Ist das Buch, die Reise auch ein bisschen verrückt?
Sehr verrückt sogar.

Sie sind so?
Ja, sehr!

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