Affen- und A...gesichter sowie viele Fantasietiere
Schienen, Schienen, Schienen - sie rasen vorbei - der Blick aus dem hinteren Fenster des letzten Waggons. Einrücken. Grenzsoldat im Burgenland. Franz ist einer der Rekruten. Die schauen aus wie dreidimensional gewordene Zeichentrickfiguren von Affenskeletten. Mit Filz umwickelte Drahtgestelle mit Hut, pardon Helm.
Ihr Vorgesetzter ein natürlich ebenfalls behelmter Typ - mit zwei dicken rosaroten Backen - das Bild gewordene A…gesicht. Noch einen Ragn höher ein Gasmaskentyp, der wirkt, als wär er der symbolisierte Tod.
Soweit das Personal des Stücks "Norbert liebt dich." Der gruppe krokodil. Das erlebt nach der Premiere noch eine weitere Aufführung am Samstag Abend im Wiener Figurentheater Lilarum. Ein ungewollter Beitrag zur Debatte um die Wehrpflicht. Denn die bunt gemischte Gruppe begann schon vor gut einem Jahr daran zu arbeiten.
Naja, was halt so Sinn macht?! Die einen nennen sie wichtigen Faktor für das "subjektive Sicherheitsgefühl", die anderen, die dieses verkörpern (sollen), können ihrem Dienst mit der Waffe am Vaterland wenig abgewinnen. Öd. Sinnentleert. Nerv- und gefühltötend. Nachtsichtgerät. Nichts und niemand zu sehen. Dafür intensiver einsatz, um mit einem mickeymouse-kleinen Zahnbürstl eine riesige Klomuschel zu putzen.
Ein Handy scheppert. Rekrut Franz kriegt eine SMS von Nina - da nennen sie sich noch zärtlich Maus. Monate später - hin und wieder wird ein Countdown eingeblendet: "Neue Lage: Noch xy Tage" - nur mehr eine Nachricht auf seiner Mobilbox, dass Nina am Wochenende doch keine Zeit für ihn hätte. Weil er immer, wenn er von den tage- und nächtelangen Einsätzen nach Hause käme, so müde sei, wäre die Frage ob außerdem und überhaupt… - einer der live eingespielten Songs aus dem Hintergrund der Figurenbühne: "Ein Loch in deinem Herzen, dessen Rand immer größer wird…"
Regie: Georg Pöchhacker
Buch & Idee: Georg Pöchhacker, Julia Rudolph
Figuren & Ausstattung: Rüdiger Reisenberger
Spiel: Katharina Pizzera, Angelika Seppi u.a.
Projektionen: Tobias Gossow
Musik: Bernhard Rehn, Öhn
Band: Monika Hasleder, Andreas Leitner, Öhn, Maria Putz, Bernhard Rehn, Philipp Schmidlechner
Ton-Technik: Martin Fuchsluger
Regiecoaching: Karin Koller
Licht: Klaus Ambichl-Weiss
Traumwelten
Eine ziemlich stille, poetische, fast meditative dreiviertelstündige Performance zaubert Rebekah Wild in "Stonebelly" mit ihren hölzernen und metallenen Objekten auf die Bühne. Die Teile werden unter ihren Händen und mit der Macht ihrer - und der Zusehener_innen Fantasie - zu unterschiedlichsten Tieren und Fabelwesen. Alles spielt sich auf drei kreisrunden Podesten ab, die mit je einer dicken Schicht vermeintlichen Sands gefüllt sind - oder ist es doch kein Sand? Und wenn, dann sehr feiner, heller… Gut, das Geheimnis dessen, was den Kritiker selbst und viele andere im Publikum während der Vorstellung noch zum Grübeln brachte, sei hier gelüftet: Bei dem rieselfreudigen Etwas handelt es sich um Salz. Dieses lässt die Figurenspieler ganz am Anfang aufs mittlere Podest rinnen, wo es in der Mitte auf einer Art Sieb, einem alten Reiskocher, abprallt - ein wunderschönes Bild - und sanfte, nur leicht hörbare Geräusche - sofern kein Handy im Publikum läutet (!)
Noch beeindruckender das Bild, als Wild auf einem weiteren Podest mit kleiner Drehbühne mit zwei metallenen Huf-artigen Teilen mit den Händen geht. Immer schneller und schneller, läuft. Das Salz spritzt wie eine Art Vorhang im Kreis. Hier "zaubert" die neuseeländische Figurenspielerin aus Zangen, Scheren und anderen Werkzeugen alle möglichen Tiere in den salzigen Untergrund. Eine dicke Feder wird zur fliegenden Schlange, die den dritten Planeten besucht.
Dort wachsen die Tiere aus Treibholz, das die gute Frau am Strand ihres Heimatlandes so gesammelt hat. "Die hat dafür ein unheimlich gutes Auge", verrät Gerhard Pichler, ihr österreichischer Partner im Wild Theatre anschließend. Wie bei den bei vielen Kindern beliebten Transformer-Figuren aus Kunststoff, so verwandelt Rebekah Wild ihre Wesen - ob aus Holz oder Metall - stets aufs Neue. Immer wieder Andere, die sich zurechtfinden müssen, mit anderen in Kontakt kommen wollen, oft auch abgelehnt werden - oder sich zumindest so fühlen. Wieder zurück in ihre Heimat gehen. Doch die Sehnsucht, neue Welten zu entdecken bleibt, wird immer wieder versucht, in Angriff zu nehmen…
Konzept, Spiel: Rebekah Widl
Musik: Hannah Marshall
Technik: Gerhard Pichler
Infos
Noch zu sehen am Samstag, 30. April, 20 bzw. 22 Uhr
Figurentheater Lilarum
1030, Göllnergasse 8
Telefon: (01) 7102666
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