Kikeriki für das Zweinutzungs huhn

Kikeriki für das Zweinutzungs huhn
Bei den „Moosdorfern“ kommt der Gockel nicht in den Schredder, sondern in den Wald.

Bei Starkoch Christian Petz im „Holy Moly“ auf dem Badeschiff am Wiener Donaukanal ist der „Moosdorfer“-Gockel bestens angekommen. „Dabei bin ich gerade beim Hendl sehr sensibel“, versichert der Mann am Herd.

Huhn aus Massenproduktion würde er seinen Kindern niemals vorsetzen und auch nicht seinen Gästen. „Aus ethischen Gründen, wegen der grausamen Haltung, aber auch wegen des Geschmacks.“ Das Industriehuhn schmecke wie Brei, so weich. „Da fällt das Fleisch von den Knochen“, erläutert Petz, „weil es auf engem Raum keine Möglichkeit hat, Muskelmasse zu bilden.“

Kikeriki für das Zweinutzungs huhn

Christian Petz betrieb früher das Badeschiff am Wiener Donaukanal

Doch dieses hier in der Pfanne, das Huhn, das er „zum Probieren“ bekommen hat, ja, das habe Konsistenz, man habe „was zum Beißen im Mund.“

Neue Wege beschreiten

An Möglichkeiten zum Muskelmassebilden hatte es dem „Moosdorfer Haushuhn“ in der Tat nicht gefehlt, bei freiem Auslauf rund um die Uhr und Tag für Tag. Groß geworden ist es in einem „Energiewald“ bei Marchegg in Niederösterreich. „Energiewälder“ sind lichte Pappelwälder, die der Hackschnitzel-Gewinnung dienen und in denen das Federvieh nach Belieben Sonne oder Schatten findet. Überdies stehen ihm Hütten und Unterstände mit Sitzstangen zur Verfügung. Dieses Pionierprojekt ist das erste Teilstück einer Zusammenarbeit von „Ja! Natürlich“, der Bioschiene der REWE-Group, und der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“. Ziel ist die Verbesserung der Bio-Nutztierhaltung unter dem Gesichtspunkt artgemäßer Lebensbedingungen.

Besondere Ansprüche

Auch ein Kernproblem der Eierproduktion – die Tötung aller männlichen Küken – wurde überdacht. War es früher selbstverständlich, Henne und Gockelhahn gemeinsam zu nutzen, so waren bei der auf schnell und billig ausgerichteten Lebensmittelindustrie der letzten Jahrzehnte nur noch Hochleistungshennen gefragt. Die männlichen Küken werden, was viele Kunden nicht wissen, gleich nach dem Schlüpfen, weil wertlos, per Fließband direkt in den Schredder transportiert.

Das neue Modell geht einen anderen Weg, wie er in der Vergangenheit einmal Normalität war: Henne und Hahn werden gleichermaßen genutzt. Im Zuge von Feldversuchen konnte man feststellen, dass zurzeit das „Moosdorfer Haushuhn“ am besten den Ansprüchen einer Zweifachnutzung – Eier und zugleich Fleisch zu liefern – entspricht. „Man muss nur in Kauf nehmen“, sagt „Ja! Natürlich“-Chefin Martina Hörmer, „dass die Hennen weniger und nur mittelgroße Eier legen.“ Auch einige wenige andere Produzenten, vor allem der Steirer Toni Hubmann, der bekannt ist für seine Freilandeier-Vermarktung, bemühen sich heute wieder um eine Zweifachnutzung der Hühner. Es wird aber zunächst einmal nur in kleinem Rahmen produziert. Martina Hörmer hingegen will mit ihren „Moosdorfern“ bald im großen Stil ins Regal gehen.

Aufbauarbeit

Da es nicht genug Biostallungen gibt, entschied man sich für mobile Freilandstallungen, wie sie sich im Fall der Pionieranlage bei Marchegg schon bewährt haben. Jetzt sollen österreichweit „Energiewälder“ zwischenzeitlich für die artgemäße Hühnerhaltung genutzt werden. Die Gockel, die den diesjährigen Sommer im „Energiewald“ verbracht haben, werden erst ab September im Verkaufsregal auf Kunden warten. Eier gibt es jetzt schon unter dem Label „Bio-Eier mit Liebe gemacht“ in der 6er-Packung zu 2,99 Euro in ausgewählten „Billa“-Filialen und bei „Merkur“.

Kommentare