Im Garten des Thronfolgers
Da soll noch einmal einer behaupten, die Habsburger seien nicht geerdet gewesen. Jeder, so lautete das Familien-Gesetz, muss ein Handwerk erlernen. Kaiser Franz I. entschied sich für den erdigsten Beruf – die Gärtnerei. "Die Familie nannte ihn Blumenkaiser. Seit er den Park übernommen hatte, war die ganze Anlage wunderschön gepflegt", erzählt Anita Hohenberg, die Urenkelin des Thronfolgers Franz Ferdinand und meint damit den Park von Schloss Artstetten, dessen Geschicke sie seit 30 Jahren leitet.
Schließlich handelt es sich um einen der wichtigsten historistischen Parks Österreichs. Er steht mit 55 weiteren Gärten auf der Bundesdenkmalschutz-Liste höchst schützenswerter Anlagen. Und seine Geschichte ist mit vielen Berühmtheiten verbunden: Kaiser Franz I., Erzherzog Karl Ludwig oder Thronfolger Franz Ferdinand.
"Wir restaurieren jetzt die Mauern sowie Wege und bepflanzen neu", sagt Anita Hohenberg. Der Star der Anlage soll die Pfingstrose werden.
Gestern
Vier Jahrzehnte später – unter Erzherzog Karl Luwig – hielten neun Gärtner die Anlage in Schuss. Der Erzherzog war es auch, der für Artstetten einen Gartenplan erstellte. Ziel: Ein großräumig gegliederter Park mit Wegen, die Orientierung und Ordnung geben, sollte es werden. Als begeisterter Schwimmer ließ Karl Ludwig auf einer Anhöhe des Parks sogar ein Schwimmbecken errichten, das auch als Löschteich diente. Bade-Pavillon inklusive.
Als schließlich Erzherzog Franz Ferdinand die Anlage 1889 übernahm, baute er sie als Sommer- und Wochenendsitz aus. Er ließ eine repräsentative Vorfahrt und eine Automobilstraße sowie eine Garage errichten. Und er erweiterte den Garten nach Nordosten hin.
Im Februar 1914, nur vier Monate, ehe der Thronfolger und seine Frau dem Attentat in Sarajewo zum Opfer fallen sollten, legte Molnar einen Vorschlag zur Umgestaltung des Parks vor: Unterschiedliche Gartenräume auf verschiedenen Niveaus sollten entstehen, Sichtbezüge und beeindruckende Ausblicke in die umgebende freie Landschaft inklusive. Nutz-, Obstgarten, Kastanien-Promenade, Steingarten, Fasanerien, Terrassen und ein Wasserbassin mit Grotte sowie ein Gartenpavillon komplettierten die Anlage.
Das neue Jahrhundert brachte erst die Enteignung der Anlage durch die Nazis, nach dem Zweiten Weltkrieg die Rückgabe an die Familie Hohenberg und schließlich eine schleichende Verwilderung.
Und das, obwohl beide Großmütter der aktuellen Schlossherrin "sehr, sehr gescheite Botanikerinnen waren." Damals hatte man aber wohl andere Sorgen, als den historischen Garten zu pflegen. Hohenberg: "Meine Großmutter väterlicherseits saß wirklich im Beet und hielt den Gemüsegarten hier am Laufen, während ihr Mann im KZ war."
Heute
Apropos: "Die Pfingstrosen blühen", sagt Praskac und erwähnt es nicht von ungefähr: "Vor einigen Jahren kam die Idee auf, eine Blume für Schloss Artstetten zu kreieren." Die Wahl fiel auf die Pfingstrose, weil sie selbst in dieser Höhenlage sehr gut gedeiht. Im Vorjahr hat er gemeinsam mit Anita Hohenberg den Garten begangen und Vorschläge gemacht, welche Pflanze man wo versuchen könnte. "Dann haben wir einen Plan gemacht, um der Pfingstrose noch mehr Raum zu geben." Heute freut sich die Schlossherrin über ein beachtliches Pfingstrosen-Sortiment von 50 bis 70 Sorten.
"Es gibt viele Wildformen und Tausende kultivierte", erläutert der Garten-Experte. "Ursprünglich kamen die meisten wohl aus dem vorderasiatischen Raum. Es gibt aber auch eine heimische Art. Sie gedeiht bis in die Südtiroler Alpen hinauf", ergänzt Praskac.
Morgen
Doch das braucht seine Zeit, sagt Anita Hohenberg: "Eine Mauer lässt sich schneller aufbauen, ein Garten wächst langsam. Besonders, wenn man die historischen Bezüge respektiert."
1268 erstmals urkundlich erwähnt und im Kern ein Renaissance-Bau aus dem 16. Jahrhundert, blickt Schloss Artstetten als Familiensitz und Sommerresidenz der Habsburger auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Heute ist dort das Erzherzog-Franz-Ferdinand-Museum untergebracht.
Die zum Schloss gehörende Gruft dient als letzte Ruhestätte für Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau, Sophie Herzogin von Hohenberg, die beide 1914 in Sarajevo einem fanatisierten Jugendlichen zum Opfer fielen.
Info: Das Erzherzog-Franz-Ferdinand-Museum ist täglich von 9 bis 17.30 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellung 2014 trägt den Titel „Regieren & Verlieren: Kaiser Karl – Eine Herausforderung zum Frieden“. Der Schlosspark kann täglich zwischen 9 und 13 Uhr besichtigt werden. Eintritt 11 Euro (Museum, Sonderausstellung, Gruft und Park) www.schloss-artstetten.at
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