Homosexualität: Warum Umerziehen nichts bringt

Homosexualität: Warum Umerziehen nichts bringt
Therapien sollen in den USA verboten werden. Laut Biologen sind sie ohnehin sinnlos.

Für europäische Ohren klingt seltsam, was US-Präsident Barack Obama fordert: die Abschaffung der Konversionstherapie, bei der Homosexuelle umerzogen werden. "Zum Schutz der Jugend Amerikas unterstützt diese Regierung Anstrengungen, den Einsatz von Konversionstherapien bei Minderjährigen zu verbieten", heißt es im offiziellen Statement des Weißen Hauses. Dem obersten US-Politiker und zahlreichen Medizinern und Psychologen sind diese Behandlungen zu veraltet und moralisch bedenklich. Während sie jedoch in Kalifornien und New Jersey bereits verboten sind, werden Konversionstherapien besonders in konservativen, meist republikanischen Bundesstaaten gefördert.

Was man sich in Europa kaum vorstellen kann. Auch wenn Schwule und Lesben hier noch immer benachteiligt werden, unterschreitet der politische Mainstream ein Mindestmaß an Toleranz nicht mehr. Selbst traditionell homophobe Länder ziehen nach: 2010 gab es in der polnischen Hauptstadt Warschau die erste Großdemonstration mit 8000 Teilnehmern zum Thema.

Für Toleranz

Slowenien führte heuer als erstes ex-kommunistisches Land die Homo-Ehe ein. Und in Lettland, dessen teils russische Bevölkerung stark durch russische Berichterstattung gegen Homosexuelle beeinflusst ist, outete sich Außenminister Edgars Rinkevics 2014 als homosexuell. Im Sommer soll die jährliche Homosexuellen-Parade EuroPride in Riga gegen alle Widerstände für Toleranz werben.

Den Anteil homosexueller Menschen kann man nur schätzen, seriöse Quellen sprechen von acht Prozent der Menschen ohne eindeutig heterosexuelle Orientierung – in beiden Geschlechtern und quer durch alle Kulturen. Mindestens zwei Prozent sind eindeutig schwul oder lesbisch.

Abseits der moralischen Frage, ob "Umerziehung" von Homosexuellen sein d a r f, sagen Wissenschaftler nach neuen Erkenntnissen aber auch, dass sie gar nicht sein k a n n. Mehr noch: Biologen und Sexualmediziner halten Therapieversuche für unsinnig. Homosexualität gilt ihnen als eine Veranlagung mit biologischen Wurzeln.

Tatsächlich gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass die sexuelle Präferenz in der frühen embryonalen Entwicklungsphase festgelegt wird. Homosexualität sei daher eine der Heterosexualität gleichwertige Variante des sexuellen Begehrens und bedürfe keiner "Therapie".

Ein Schwulen-Gen suchten Genetiker vergeblich. Im Jahr 2010 entdeckte ein internationales Forscherteam um den Evolutionsbiologen William Rice von der University of California in Santa Barbara schließlich aber, dass Homosexualität doch angeboren sein dürfte. Ihrer Studie zufolge liegt die Ursache nicht in den Genen selbst, sondern in der Genregulation. Entscheidend dafür seien sogenannte epigenetische Faktoren.

Homosexualität entsteht demnach in jeder Generation aufs Neue. Nach dem Modell von Rice und seinen Kollegen wird sie aktiviert, wenn bei der Zeugung nicht nur die Erbanlagen selbst, sondern bestimmte Regelmechanismen übertragen werden – epigenetische Marker genannt.

Sexuelles Interesse

Manche dieser epigenetischen Marker betreffen die Genitalien, andere die sexuelle Identität. Und wieder andere die Vorlieben hinsichtlich der Geschlechtspartner. Hin und wieder würden diese Epi-Marker auf den Nachwuchs vererbt, anstatt gelöscht zu werden, wie es eigentlich vorgesehen wäre, so die Theorie von Rice. Und so könne es passieren, dass Mütter ihr sexuelles Interesse an Männern an ihre Söhne weitergeben – die dann Männer begehren. Vererben andererseits Väter ihre sexuelle Orientierung auf die Töchter, fühlen die sich, wie der Papa, zu Frauen hingezogen.

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