Auf der Slackline über Schluchten

Heinz Zak auf der Gipfelstürmer-Nadel im Karwendelgebirge
Heinz Zak tut Dinge, die manchem den Atem stocken lässt. Heute erzählt er in Wien davon.

Hinter ihm der Gipfel der Zugspitze, unter ihm 1000 Meter Abgrund, von dem ihn ein schmales Band trennt. Heinz Zak macht das, um "das Leben intensiv zu spüren". Wo viel Hoch-Mut, ist ein lockerer Spruch nicht weit.

Den kann man sich derzeit beim Edelweiß-Bergfilmfestival der Naturfreunde anhören. Zak ist der Stargast, die Alpinistenikone zeigt besondere Werkstücke und erzählt – heute Abend etwa in Wien (Gartenbaukino, wenige Restkarten tagsüber noch erhältlich, siehe rechts). Er war in Österreich einst Pionier des Sportkletterns und später der Slackline. Und sucht mit 57 Jahren noch immer regelmäßig seine Grenzen.

Auf der Slackline über Schluchten
Gipfelstürmernadel, Karwendel, Heinz Zak-Foto zum Bergfilmfestival Naturfreunde, honorarfrei zur Geschichte IV Heinz Zak
KURIER: Solche Bilder von Ihnen auf der Slackline faszinieren Menschen, weil sie sich nicht vorstellen können, wie es sich anfühlt, da oben zu stehen. Also, wie fühlt es sich an?

Heinz Zak: Es ist eine eigene Welt mit viel Luft und Raum, in dem man sich bewegt. Es ist ausgesetzt, auf der Slackline wirkt die Tiefe stärker als auf einer Klettertour, sie springt einem ins Aug’. Es ist, als ob man in die Luft hinausgeht. Du musst vorher mit dir klären, ob du bereit bist. Sobald du auf die Slackline gehst oder auch in eine Wand kletterst, oder an einer Kante hängst, gibt es keine Gedanken mehr. Wenn du da noch nachdenkst, brennen dir die Nerven durch. Ich selber werde in besonders extremen Situationen glasklar, das ist ein Geschenk, das ich mitbekommen habe.

Denken Sie an die Möglichkeit, da hinunterzufallen?

Sobald solche Gedanken kommen, ist es aus. Ich schaue auch nicht hinunter, denn wenn du das tust, bist du auf dem Holzweg. Man braucht dafür eine positive Grundbestimmtheit. Da ist es sogar zu wenig, wenn man sich nur einredet, heute gut drauf zu sein. Aber das gilt für jeden Sport, auf einem gewissen Niveau denkt kein Athlet an das Scheitern. Ich hab das einmal erlebt, Gott sei Dank beim Training knapp über dem Boden: Als ich auf die Slackline ging, rief einer: ‚Fall nit oba!‘ Da bin ich runtergefallen. Weil man plötzlich daran denkt. Das ist, als ob der schreit: ‚Fall oba!‘

Gleichgewicht durch positives Denken – eigentlich eine hübsche Metapher für das Leben.

Das würde ich nicht so ausdrücken. Auf dem Berg ist zuerst viel fundiertes Wissen wichtig, die Technik zählt, und die Kenntnis über das Seil. Ich muss vorsichtig und umsichtig sein. Und mit viel Erfahrung hört man auch auf die innere Stimme. Mir hat die immer wieder geholfen. Die sagt dir dann: Heute ist es nicht so gut, und das hinterfragt man nicht.

Auf der Slackline über Schluchten
Gipfel Zugspitze, 1000 Meter., Heinz Zak-Foto zum Bergfilmfestival Naturfreunde, honorarfrei zur Geschichte IV Heinz Zak
Manche würden sagen, es ist nie gut, auf einem dünnen Band über einen Abgrund zu gehen.

Extreme Ziele sind für mich ein wertvoller Lebensinhalt. Es ist generell ein positiver Anreiz, sich für Ziele zu begeistern, dafür zu trainieren. Erreicht man sie, gibt das einen Anker im Leben. Ich persönlich mache das, weil ich mein Leben so intensiv spüre. Ich möchte nicht mit denen tauschen, die jeden Tag in die Arbeit hatschen und nicht wissen, was ihnen am Leben taugt. Ich freue mich auf jeden Tag, aber nicht weil ich mich umbringen will. Sondern weil ich das Leben mag.

Sagt einer, der teils ohne Sicherung über Schluchten geht.

Ich setze mich dadurch freiwillig mit dem Tod auseinander, und das ist auch eine Auseinandersetzung mit dem Leben, das ich genieße und selbst gestalte. Und wenn ich an meine Grenzen gehe, habe ich auch eine Sicherung. Das hängt manchmal von der Distanz ab, manchmal von der Tiefe. Es ist nicht egal, ob unter dir 20, 200 oder 2000 Meter sind.

Sie sind ein Slackline-Pionier, waren das auch schon beim Sportklettern. Gibt es heute noch Pioniere?

Ja, die wird es immer geben, Kletterer werden sich immer neue Ziele finden. Auch weil durch die Entwicklung im heutigen Alpinismus die Leistungsfähigkeit größer wird und weil mehr nachkommen. Die Basis wird breiter, dadurch auch die Spitze.

Auf der Slackline über Schluchten
Heinz Zak,Lost Arrow,El Capitan,Yosemites,USA, Heinz Zak-Foto zum Bergfilmfestival Naturfreunde, honorarfrei zur Geschichte IV Heinz Zak
Sie haben mit dem Karwendelgebirge eine echte Bergheimat. Braucht man das?

Ja. Ich will wo geerdet sein, wo ich schon vorher ungefähr weiß, was auf mich wartet, weil es mir vertraut ist, wo die Zeit keine Rolle spielt. So einen Ort empfehle ich überhaupt jedem in seinem Nahbereich. Wenn die Berge zu weit weg sind, kann das auch ein Bach oder eine Wiese sein.

Bilder der Extreme: Festival und Stargast

Der Tiroler Heinz Zak (*1958) war Lehrer, bis er Bergsteigen und Fotografie zum Beruf machte. Er mag Neues, forcierte Sportklettern in Österreich, erschloss weltweit neue Routen. Besonders aktiv war er im Karwendelgebirge, über das er eines seiner Bücher verfasste. Zak gehört auch zur Slackline-Elite. www.heinzzak.com

Das Edelweiß-Bergfilmfestival macht am Donnerstag, 10.3., im Gartenbaukino Station (19.30), am 11. 3. in Spielberg (Stmk.), 12. 3. Klagenfurt, 13. 3. Neudörfl/Wr. Neustadt. Info: www. bergfilmfestival.naturfreunde.at

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