Social Media: Traurige Gefühle sind unerwünscht

Ein Forschungsprojekt zeigt, wie sehr die Selbstdarstellung im Netz junge Menschen unter Druck setzt.

Frisur und Pose müssen auf dem Foto perfekt sein – Profilbilder in sozialen Netzwerken werden inszeniert und sorgfältig ausgewählt. Sie sind wichtig für die digitale Selbstdarstellung, weil sie öffentlich einsehbar sind. Auf ihnen zeigen sich die Jugendlichen so, wie sie gerne von anderen gesehen werden möchten. Die Wahl der Frisur, der Kleidung und der Pose gibt Auskunft über Lebensstil und Gruppenzugehörigkeit. Die Wahl des "richtigen" Fotos wird daher auch immer von den innerhalb der jeweiligen Altersgruppe vorgegebenen Rollenbildern bestimmt, und die strotzen oft nur so vor traditionellen Geschlechterklischees. Zum Beispiel wenn Burschen ihre Stärke mit Trainingsfotos oder Mädchen ihre Schönheit durch anzügliche Posen demonstrieren.

Diese Erkenntnisse gehen aus dem „FEMtech-Forschungsprojekts imaGE 2.0“ hervor, das die Darstellung und das soziale Handeln von 14-17-jährigen Schülern im Internet untersucht hat. Dabei zeigte sich wie wichtig ihnen die Zustimmung anderer ist. Positive Reaktionen, etwa durch Kommentare oder "Likes", auf die eigenen Postings dienen als Gradmesser für die eigene Beliebtheit und tragen zum Selbstbewusstsein bei. Die "Likes" oder "Gefällt mir-Angaben" gelten als Währung im Netz – wer keine bekommt, hat’s schwer. Sonja Schwarz vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation erklärt: „Systematisches Ignorieren und Ausschließen in Sozialen Netzwerken ist auch eine Form von Cyber-Mobbing. Postings, die kaum Bestätigung erhalten, setzen die Jugendlichen stark unter Druck. Sie bewegen sich in einem permanenten Spannungsfeld zwischen Authentizität und Inszenierung.“

Nur gute Laune ist erwünscht

Zur perfekten Selbstdarstellung gehört auch gute Laune. Laut Studienautoren werden soziale Netzwerke von den Jugendlichen als Raum gewünscht, in dem alles positiv dargestellt werden soll. Traurige Gefühle sind nicht erwünscht und werden oft unterdrückt. Am ehesten werden sie noch bei Mädchen akzeptiert, aber die Toleranzgrenze der Jugendlichen sei sehr gering. "Beim Umgang mit den eigenen Gefühlen werden die Unterschiede im Online-Nutzungsverhalten von Mädchen und Burschen besonders sichtbar. Burschen scheinen deutlich weniger Handlungsrepertoires zu besitzen als Mädchen, vor allem, wenn es um das Ausdrücken trauriger Gemütslagen geht. Zusätzlicher Druck wird durch Gleichaltrige erzeugt - die befragten Jugendlichen waren sich einig darüber, dass es für Burschen ziemlich uncool ist, online negative Gefühle anzusprechen oder gar Zuspruch dafür zu erwarten", so Bente Knoll vom Büro für nachhaltige Kompetenz.

Jugendliche kennen die unterschiedlichen Risiken, die die Nutzung digitaler Medien mit sich bringt. Ein Großteil hat bereits selbst die eine oder andere schlechte Erfahrung gemacht. Dennoch tun sich Jugendliche schwer, Online-Gefahren realistisch einzuschätzen und brauchen hier Begleitung. Um Kinder und Jugendliche noch besser bei der kompetenten Nutzung von Internet, Handy & Co. unterstützen zu können, sind die Ergebnisse des Projekts in einem Lehrenden-Handbuch zusammengefasst, das Tipps und Übungen für den Schulunterricht beinhaltet.

Hier gibt’s das Lehrer-Handbuch kostenlos zum Herunterladen.

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