Gebrauchte Mp3s und E-Books bald auch in Europa verkaufen

A man poses as he looks at music from the legendary band The Beatles on Apple's itunes music store website seen on an imac computer in New York, November 16, 2010. Apple inc. announced Tuesday that The Beatles' 13 albums would be available for downloading through the itunes music store, the world's number one digital music retailer. REUTERS/Mike Segar (UNITED STATES - Tags: ENTERTAINMENT BUSINESS)
Der US-Download-Flohmarkt ReDigi bereitet seine Expansion nach Europa vor.

„Wer etwas kauft, soll es auch weiterverkaufen können“, sagt ReDigi-Chef John Ossenmacher. „Wir sorgen dafür, dass dieses Grundprinzip des Handels auch im Zeitalter von Downloads gilt.“ Auf dem von Ossenmacher gegründeten digitalen Marktplatz können Nutzer in den USA seit fast eineinhalb Jahren „gebrauchte“ Musikfiles verkaufen.

Bis Ende Juni dieses Jahres will der Dienst auch in ausgewählten europäischen Ländern an den Start gehen. Bis Mitte 2014 will ReDigi in den meisten EU-Ländern verfügbar sein. „Nachdem wir Tausende von Anfragen von Leuten aus ganz Europa bekommen haben, freuen wir uns auf einen baldigen Start in der EU“, sagt Ossenmacher zum KURIER. Neben dem Weiterverkauf von Musikfiles sollen auf der Plattform dann auch eBooks angeboten werden können. „Second Hand“-Musikfiles sind auf ReDigi ab 0,49 Cent zu haben.

Die technologische Lösung des Start-ups ist durchdacht: Nach dem Download einer Software am PC, die anhand von digitalen Wasserzeichen überprüft, ob die Files rechtmäßig erworben wurden, können Nutzer ihre Musiksammlung zum Verkauf anbieten. Titel, die von CDs gerippt wurden oder aus anderen Quellen stammen, werden nicht zum Weiterverkauf zugelassen. Zum Verkauf freigegebene Songs werden von den Computern der Verkäufer und den damit synchronisierten Geräten, etwa MP3-Playern, gelöscht.

Klage in den USA

Rechte-Inhaber fühlen sich dennoch brüskiert. In den USA wurde ReDigi vom Musikkonzern EMI wegen Urheberrechtsvergehen geklagt. Der Ausgang des Prozesses ist offen. Auf die Expansionspläne in Europa habe der Rechtsstreit keine Auswirkungen, heißt es bei ReDigi. Europäische Richter hätten darüber hinaus bereits vorteilhaft zum Weiterverkauf digitaler Inhalte geurteilt.

So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aufsehenerregenden Urteil im Juli den Weiterverkauf von Software auch dann erlaubt, wenn sie als Download erworben wurde. Der Anwalt Axel Anderl, Partner bei der Kanzlei Dorda Brugger Jordis, sieht die Plattform dennoch in einem rechtlichen Graubereich. „Fraglich ist, ob das Urteil der europäischen Höchstrichter auch auf andere Inhalte angewandt werden kann.“ Der Weiterverkauf von digitalen Gütern sei derzeit in der EU gesetzlich nicht explizit erlaubt. Mit Klagen von Rechte-Inhabern rechnet Anderl in Europa aber nicht. Das Risiko, gegen den Weiterverkauf von Downloads vorzugehen und auf den Gerichtskosten sitzen zu bleiben, sei „relativ groß“. Er geht davon aus, dass der EuGH im Falle von Klagen auch den Weiterverkauf von eBooks und MP3s erlauben werde.

Man werde alles tun, um sicherzustellen, dass sich ReDigi mit dem europäischen Urheberrecht in Einklang befinde, heißt es bei dem Start-up. Musiker und Bands, die sich registrieren, werden am Weiterverkauf ihrer Songs beteiligt und erhalten 20 Prozent der Erlöse.

Labels befürchten, dass die Second-Hand-Verkäufe zu Einbußen im Online-Geschäft führen. Bei ReDigi verweist man darauf, dass die Möglichkeit des Weiterverkaufs den Wert der Musik steigere. „Digitale Inhalte, die nicht mehr genutzt werden, haben einen enormen Wiederverkaufswert“, so Ossenmacher. „Wir sprechen von Millionen-, wenn nicht sogar Milliardenbeträgen, die dadurch freigesetzt werden.“

Richtungsweisendes Urteil Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Juli 2012 im Rechtsstreit zwischen dem Gebrauchtsoftware-Händler usedSoft und dem US-Konzern Oracle, dass „gebrauchte“ Software-Lizenzen generell weiterverkauft werden dürfen. Ob die Software auf einer CD-Rom, einer DVD oder als Download aus dem Internet erworben wurde, sei unerheblich, so die europäischen Höchstrichter.

Erschöpfungsregel Hintergrund der Entscheidung ist die sogenannte Erschöpfungsregel. Sie besagt, dass die Rechte eines Herstellers, der seine Ware innerhalb der EU angeboten und verkauft hat, „erschöpft“ sind. Die Kontrolle liegt danach beim Käufer. Verkauft ein Nutzer „gebrauchte“ Software weiter, muss er die Kopie auf dem eigenen Rechner unbrauchbar machen – also deinstallieren und löschen.

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