Fußball, Film, Fliesen legen: Über Frauen, die sich trauen

Die Union Landhaus spielt neuerdings in Violett.
Erstmals stehen Fußballerinnen bei den Österreichern im Fokus. Aber nicht nur im Sport, auch im Film und im Berufsleben drängen Frauen in den Vordergrund.

Was Monika Wagner Sonntagabend machen wird? Ganz klar: der österreichischen Fußballnationalfrauschaft fest die Daumen drücken. Nicht nur, weil eine der Spielerinnen in ihrem Sportklub arbeitet, auch weil Monika Wagner selbst einmal in der Bundesliga gespielt hat.

Zum Fußball ist Monika Wagner über ihren älteren Bruder gekommen. Der musste sie als Mädchen immer zum Fußballplatz mitnehmen und irgendwann packte sie die Lust. Natürlich war sie anfangs nicht gut und wurde immer als letzte ins Team gewählt. Also übte sie. Tagelang. Passen, trippeln, schießen. Ließ nicht locker. Und dann kam der Tag – sie erinnert sich noch genau – als Monika Wagner beim Teambilden als erste aufgerufen wurde. Vor allen Burschen.

Fußball, Film, Fliesen legen: Über Frauen, die sich trauen
Besuch des Unternehmens Wagnerin, einem Chauffier-Service vorwiegend für Frauen. Wien am 24.07.2017.
"Sich einfach zutrauen." Das ist wohl eine Schlüsselphrase für Wagners gesamtes Leben. Denn die heute 44-Jährige ist immer wieder Pionierin. 2015 wurde sie die erste Feuerwehrkommandantin des Weinviertels. Seit knapp einem Jahr bietet sie einen Mietwagenservice von Frauen für Frauen an. "Ich habe einfach den Bedarf gesehen – schließlich gibt es kaum Fahrerinnen, vor allem in der Nacht – und habe reagiert." Seit September 2016 fährt "die Wagnerin" Geschäftsfrauen zum Flughafen, ältere Damen ins Theater oder Mädchen von der Disco nach Hause.

Nicht abhalten lassen

Einen Job in einer männerdominierten Branche hat auch die 36-jährige Renate Jauk. Die Akademikerin und Baumeisterin ist bei der Strabag für Immobilien-Projektsteuerung zuständig. Schon auf der FH für Bauingenieurswesen gab es mit ihr nur fünf Frauen – unter 50 Studierenden. Jauk hat damit kein Problem. Sie kommt gut mit ihren Kollegen gut zurecht und hatte wichtige männliche Mentoren. Trotzdem: "Ich glaube, dass Wissen und Kompetenz bei Frauen wichtiger ist. Sie müssen eher beweisen, dass sie hier eine Berechtigung haben." Man sollte sich den Platz aber einfach nehmen, meint Jauk. Sich reinfallen lassen, mitscherzen, den Slang annehmen.

Nicht abhalten lassen hat sich auch Johanna Jarolin. Die 30-jährige Wienerin war lange Zeit im Sicherheitsdienst tätig, hat eine Zeit lang mit einer Karriere beim Bundesheer geliebäugelt und sich nun für einen handwerklichen Beruf entschieden: Sie lässt sich von der WKO zur Fliesenlegerin ausbilden. Kolleginnen sind ihr seit Schulungsbeginn keine über den Weg gelaufen. Gibt es Probleme, weil sie eine Frau ist? "Gar nicht. Ja, beim Tragen brauch ich vielleicht noch Hilfe. Aber das wird immer besser. Sonst fühle ich mich wohl. Ich kann nur jeder Frau empfehlen, zu probieren, worauf man Lust hat."

Anderen helfen

Lust ihre eigene Website zu programmieren, hatten vor zwei Jahren Eva Krizsanits und Larisa Stanescu. Obwohl ihnen von Freunden versichert worden war, dass das doch ganz einfach sei, kamen sie bald nicht weiter. "Die Tutorials und Guides – fast ausschließlich von Männern erstellt – fangen oft auf hohem Level an", erzählt Eva Krizsanits. Wochenlang setzten sich die beiden hin und tüftelten herum. "Und dann dachten wir: Wir werden ja wohl nicht die einzigen sein, denen es so geht und haben angefangen, Videos zu machen. Mit allen Basics. Ohne Wissen vorauszusetzen." Die Nachfrage war so groß, dass sie unter dem Namen "Girls’n’Code" nun Workshops anbieten.

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Eva und Larisa, Girls'n'Code
Nicht selten melden sich nach den Kursen Frauen, die das Programmieren in der Schule lustig fanden, sich dann über das Studium nicht drüber trauten und jetzt wieder richtig Spaß damit haben. Eva Krizsanits: "Wir wünschen uns ganz viele solcher Geschichten."

Am Anfang steht die Annemarie. Annemarie Leitner. Sie war eigentlich Handballerin. Doch lieber wollte sie, wie die Burschen im Wiener Stadionbad, Fußball spielen. Ihrem Zwillingsbruder blieb also nichts anderes übrig, als den ersten Frauen-Fußballklub des Landes zu gründen.

Gerhard Traxler, der Obmann des österreichischen Rekordmeisters USC Landhaus, erinnert sich an die Anfänge in den 1960er-Jahren: "Es war zach. Frauenfußball war verpönt, um nicht zu sagen verboten." Die Platzwarte räumten die Tornetze weg, wenn er mit seiner Frauschaft trainieren wollte. Die ersten Spiele organisierte er in der damaligen Tschechoslowakei, weil auch dort die Fußballerinnen schon weiter waren. Und die alten Herrschaften im Österreichischen Fußballbund? Haben ihn jahrelange nicht ernst genommen.

Immerhin fand der Vater des österreichischen Frauenfußballs in der Sportunion hilfsbereite, voraus denkende Funktionäre und auf dem Landhaus-Platz in Wien-Floridsdorf eine Heimstätte, die mit ihren beiden Spielfeldern zwischen Jochbergen- und Dragoungasse lange Zeit die erste Adresse für die heimischen Fußballerinnen war.

"G’füde renn!"

Doch nicht nur die alten Herrschaften im ÖFB konnten kickende Frauen nicht ausstehen. Wenn am Sonntagnachmittag zwei Mal elf Spielerinnen auf dem Landhaus-Platz aufliefen, versteckten sich am Spielfeldrand bierbäuchige Männer, um hinter ihrer Doppeldeckung aus Bierbecher und Zigarette die Akteurinnen bloß zu stellen, weit unterhalb der Gürtellinie.

"G’füde renn!" War noch eine der schmeichelhafteren Entwürdigungen. Dabei entging diesen Voyeuren der Vorstadt, dass bei Landhaus seit der Vereinsgründung vor 49 Jahren unzählige fußballerische Talente geformt wurden, von Dutzenden ehrenamtlich tätigen Betreuern.

Die aktuellen Erfolge der ÖFB-Auswahl in den Niederlanden registriert Obmann Gerhard Traxler mit Freude und Genugtuung. Auch sein Verein, die Alte Dame von Floridsdorf, erfährt endlich jene Wertschätzung, die sie vielleicht schon als junges Mädchen verdient hätte.

Ist es gar ein Symbol der Emanzipation? Die Spielerinnen von USC Landhaus treten seit dem Frühjahr in den violetten Trikots der Wiener Austria an. Dahinter steht eine Kooperation der beiden Vereine, die den jungen Frauen in einem ersten Schritt mehr professionelle Trainer bescheren soll.

Auch im Kino ist derzeit ein kleines Frauenwunder zu erleben, und ja, das ist auch dort keine Selbstverständlichkeit. In der Kultur ist es nämlich für Frauen sonst um nichts besser als anderswo: Sie sind zwar noch im Studium in vielen künstlerischen Berufen in der Mehrheit. Aber an der Spitze – also unter Starregisseuren, Starkünstlern, Starintendanten – muss man sie dann suchen.

Um das zu ändern, braucht es Wonder Woman. Der Superheldenfilm mit Gal Gadot räumt nämlich derzeit viele gläserne Decken gleichzeitig ab. Mit weltweit mehr als 780 Millionen Dollar ist der Film der lukrativste jemals von einer Regisseurin (Patty Jenkins) gedrehte.

Und wo die Kassa stimmt, wird Hollywood aufmerksam: Das Studio Warner Bros will im Vorfeld der Oscar-Verleihung eine intensive Kampagne für den Film starten. "Wonder Woman" soll als erste Comics-Verfilmung für den Besten Film nominiert werden – und Jenkins für den Regie-Oscar. Sie wäre erst die zweite Frau überhaupt, die den Regieoscar gewinnen würde, und erst die fünfte nominierte Frau.

Und ein weiterer Film mischt derzeit die Männerdomäne Kino auf: In "Girl’s Trip" schwelgen vier schwarze Frauen in jenem (tiefen) Humor, den man sonst nur Männern zugesteht. Und verzeichnen damit einen Überraschungserfolg.

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