Forscher enttarnen 5-Sekunden-Regel

Die 5-Sekunden-Regel hält sich hartnäckig.
Eine großangelegte US-Studie hat die glorreiche 5-Sekunden-Regel entmystifiziert.

Fällt Essen auf den Boden, muss es schnell gehen. Schafft man es die Nahrung innerhalb von fünf Sekunden aufzuheben, ist sie vor Bakterien sicher. Dieser Regel folgen Alt und Jung seit Jahrzehnten. Ein Forscherteam rund um den US-amerikanischen Mikrobiologen Donald W. Schaffer hat nun im Zuge einer zweijährigen Studie die Wirksamkeit der 5-Sekunden-Regel widerlegt. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf die Studie.

Schnell sein schützt nicht vor Bakterien

Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschafter der Rutgers University im US-Bundesstaat New Jersey im Fachblatt Applied and Environmental Microbiology publiziert. Unter dem etwas populärwissenschaftlich anmutenden Titel "Ist die 5-Sekunden-Regel wahr?" wird propagiert, dass man den Bakterienbefall auch durch eine blitzschnelle Reaktion nicht stoppen kann. Frühere Studien, darunter eine aus dem Jahr 2014 und eine aus dem Jahr 2003, hatten ergeben, dass eine verkürzte Kontaktzeit immer auch weniger Kontamination bedeute.

Um die Validität der 5-Sekunden-Regel zu testen, nahmen die Forscher vier unterschiedliche Oberflächen (Stahl, Keramikfliesen, Holz und Teppich) und vier verschiedene Nahrungsmittel (geschnittene Wassermelone, Brot, Butterbrot und Gummibonbons mit Erdbeergeschmack) unter die Lupe. Die Nahrungsmittel wurden in weiterer Folge aus einer Höhe von rund 13 Zentimetern auf den Boden geworfen, der zuvor mit einem salmonellenähnlichen Bakterium behandelt worden war. In einem weiteren Schritt wurden vier verschiedene Kontaktzeiten in die Messung miteinbezogen: weniger als eine Sekunde, fünf Sekunden, 30 Sekunden und 300 Sekunden (fünf Minuten). Daraus ergaben sich in Summe 128 mögliche Messkombinationen aus Oberfläche, Nahrung und Kontaktzeit, die insgesamt 20 Mal wiederholt wurden. Schließlich wurden die daraus resultierenden 2.560 Messungen analysiert.

Gummibonbon schlägt Wassermelone

Im Zuge der Auswertung zeigte sich, dass an der 5-Sekunden-Regel durchaus etwas Wahres dran ist. Je länger die Lebensmittel am Boden lagen, desto höher war das Level der Kontamination. Jedoch konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Nahrungsmittel bei einer Kontaktzeit von unter fünf Sekunden frei von Bakterien beziehungsweise signifikant sauberer waren. "Bakterien kontaminieren sofort", so Schaffner über die Kernerkenntnis. Im Detail zeigte sich, dass beim Teppich die bakterielle Übertragung im Vergleich zu Stahl und Fliese relativ gering war. Bei Holz variierten die Messungen stark. Zusammenfassend stellten die Forscher fest, dass die Kombination aus der Beschaffenheit des Nahrungsmittels und des Bodens einen weitaus größeren Einfluss auf die Kontamination habe, als die Kontaktzeit. So nahm die nasse Wassermelone auf allen Oberflächen am meisten Bakterien auf. Das unbefeuchtete Gummibonbon am wenigsten.

Das große Fragezeichen

Doch warum hält sich die 5-Sekunden-Regel so hartnäckig in den Köpfen der Menschen? Die New York Times zitiert dazu den Psychologen William K. Hallman, Professor an der Rutgers University. Ihm zufolge würden Menschen Situationen nicht einer rationalen Risiko-Nutzen-Analyse unterziehen. Stattdessen würde das Handeln von sogenannten Heuristiken gesteuert. Dabei handelt es sich um Handlungsstrategien bei denen man aufgrund von begrenztem Wissen und wenig Zeit die zur Verfügung stehende Information möglichst schnell und effektiv zu einer Lösung verarbeitet.

Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Faustregel könne der Versuch sein, die Verschwendung von Essen zu vermeiden. Das sagte Douglas Powell, Professor für Nahrungsmittelsicherheit, der News York Times. Auch die Tatsache, dass Menschen nach einer Versuch-und-Irrtums-Methode ("Wenn ich beim Essen vom Boden noch nie krank geworden bin, kann es nicht ungesund sein.") vorgehen, sei ihm zufolge ein Faktor.

Zudem bestätigte Hallman, dass viele Menschen eine falsche Vorstellung von der Übertragung und Verbreitung von Bakterien hätten. Studien hätten auch ergeben, dass Männer eher zur Befolgung der 5-Sekunden-Regel tendieren als Frauen.

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