EU-Parlament verlangt ACTA-Prüfung
Neben der EU-Kommission will auch das Europäische Parlament das umstrittene Handelsabkommen
ACTA vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen lassen. In Brüssel wurde am Dienstag eine Petition mit 2,4 Millionen Unterschriften gegen ACTA an das EU-Parlament übergeben.
Er begrüße, dass die EU-Kommission ACTA (kurz für Anti-Counterfeiting Trade Agreement) vom Europäischen Gerichtshof prüfen lasse, sagte David Martin, der sozialdemokratische schottische EU-Parlamentarier und Berichterstatter für ACTA im internationalen Handelausschuss (INTA), am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Er sehe aber auch die Notwendigkeit, dass das EU-Parlament, eigene Fragen stelle. Das Parlament könne - besser als die EU-Kommission - Bedenken der Bürger sammeln und an den Gerichtshof weitergeben.
Es habe "fehlende Transparenz bei den Verhandlungen gegeben", mit einigen Aspekten des nun vorliegenden Textes (PDF) gäbe es "ernsthafte Probleme", sagte Martin. Er geht davon aus, dass der EuGH zur Bewertung des umstrittenen Handelsabkommens zwölf bis 18 Monate benötigen werde. Martins Vorgänger, Kader Arif, war Ende Jänner aus Protest gegen ACTA und die fehlende Transparenz zurückgetreten.
Zwischenbericht bis zum Sommer geplant
Martin und sein Schattenberichterstatter Christofer Fjellner arbeiten an einem ACTA-Zwischenbericht. "Wir werden uns sehr genau ansehen, wie ACTA in der EU umgesetzt werden soll", so der Berichterstatter. Dazu werde in den kommenden Monaten die EU-Kommission befragt. Welche Auswirkungen die Umsetzung von ACTA in der EU auf die Rolle der Internet-Anbieter hat, werde dabei ebenso Thema sein, wie strafrechtliche Maßnahmen bei Urheberrechtsverletzungen. Der Bericht soll laut Martin bis zum Sommer, spätesten aber im September vorgelegt werden.
"Kein Interesse daran, Verbraucher unter Strafe zu stellen"
"Ich bin nicht dafür und nicht dagegen", sagte er. Er habe jedenfalls kein Interesse an daran, "einzelne Verbraucher unter Strafe zu stellen". "Ich habe den Eindruck, dass bei ACTA Einzelne kriminalisiert werden, wenn sie Dinge herunterladen. Unter diesen Umständen kann ich ACTA nicht unterstützen", erklärte Martin.
Neben der rechtlichen Debatte sei auch eine politische Bewertung des Abkommens notwendig, sagte
Fjellner. Der internationale Handelsausschuss im EU-Parlament werde sich mit den Konsequenzen von ACTA auseinanderzusetzen und wolle von der EU-Kommission wissen, welche gesetzlichen Maßnahmen in der EU und den Mitgliedsländern zur Umsetzung des Abkommens geplant seien.
2,4 Millionen Unterschriften gegen ACTA
Auch der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments befasste sich am Dienstag mit dem umstrittenen Abkommen. Die Vorsitzende des Ausschusses, Ermenia Mazzoni, nahm eine Petition gegen ACTA entgegen, die im vergangenen Monat auf der Online-Plattform Avaaz von mehr als 2,4 Millionen Menschen unterschrieben wurde.
EU-Handelskommisar Karel De Gucht hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass die EU-Kommission das Abkommen dem
EuGH zur Prüfung vorlegen werde. Das Gericht solle klären, ob der Pakt mit den europäischen Grundrechten vereinbar sei.
EU-Parlamentarier begrüßten die Weiterleitung an den EuGH. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie die deutsche Digitale Gesellschaft und die französische Bürgerrechtsgruppe La Quadratur du Net sahen darin auch eine "Hinhaltetaktik" der EU-Kommission.
Am Samstag demonstrierten neuerlich tausende Bürger in Europa gegen ACTA. Kritiker befürchten, dass das Abkommen Einschränkungen der Meinungsfreiheit und eine Überwachung des Internet mit sich bringen könnte.
Österreich hatte die Ratifizierung des Abkommens nach Bekanntgabe der EU-Kommission, ACTA überprüfen zu lassen, ausgesetzt. Sollte der EuGH dem Handelsabkommen die Kohärenz mit EU-Recht bescheinigen, bedeute das noch nicht, dass auch das Parlament "Ja sagt", betonte Martin. "Sagt der EuGH Nein, dann ist ACTA wohl tot".
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