Neuer Glanz für einen Klassiker: Der Shrimpscocktail erlebt ein Comeback
Die aus der Mode gekommene Vorspeise aus den 60ern feiert ein überraschendes Comeback – dank junger Generationen.
Er galt als höchst schick, ein Inbegriff von Modernität, Exotik und Weltläufigkeit – und hielt sich zudem erstaunlich lange an der Spitze der kulinarischen Beliebtheitsskala. In den 1960er- bis 1980er-Jahren war der Shrimpscocktail in Großbritannien und den USA die mit Abstand beliebteste Vorspeise. Und das nicht nur bei feinen Dinnerpartys. Auch hierzulande war er auf Speisekarten und Festmenüs ein gefragter, eleganter Menübestandteil, den man sich als etwas Besonderes gönnte.
Der Klassiker wird neu entdeckt
Warum er plötzlich völlig aus der Mode kam und in der Versenkung verschwand, ist unklar. Serviert wurde die Kombination aus gekochten Krabben und roter Mayonnaisesoße nach seinem Höhenflug meist nur noch mit einem ironischen Augenzwinkern.
Doch mit einer interessierten, jüngeren Generationen gelten eingefleischte Vorurteile nicht mehr. Sie wollen Retroflair mit zeitgemäßem (und für sie ungewöhnlichem) Genuss verbinden. Was erklärt, warum Retro-Speisen wie etwa gefüllte (Senf-)Eier oder Toast Hawaii aus der Vergessenheit geholt werden. Und damit erlebt auch der Shrimpscocktail, dieser einstige Klassiker der gehobenen Küche, eine Renaissance. Und der Blick auf das Gericht offenbart neben der Speise ebenso ein schönes Stück Kulinarikgeschichte.
Legendenumwoben
Auch wenn die delikate Speise eng mit dem Glamour der 1960er- und 1970er-Jahre verbunden ist: Seine Herkunft reicht noch weiter zurück. Aufgetaucht dürfte er bereits Ende des 19. Jahrhunderts sein, wobei sich Meeresfrüchte, etwa Austern oder Garnelen, mit pikanten Saucen in vielen Rezeptbüchern finden. Gleichzeitig ranken sich Legenden um die Entstehung. Einmal ist es ein Goldsucher, der sich Austern gönnen wollte, diese aber erst mit Tabasco und Worcestershiresoße gewürzt schlucken konnte. Ein anderes Mal ist es die Prohibitionszeit in den USA der 1930er-Jahre, die für das charakteristische Servieren im Cocktailglas verantwortlich sein soll. Da Alkoholausschank verboten war, wurden stattdessen die Shrimps samt Sauce in den Gläsern serviert.
Seinen exklusiven Status erreichte der Shrimpscocktail dennoch erst in den 1950er-Jahren, als ihn das Golden Gate Hotel & Casino in Las Vegas auf die Karte setzte. 2.000 Shrimpscocktails wurden mitunter pro Tag zubereitet. In Großbritannien war es hingegen die Restaurantkritikerin und Fernsehköchin Fanny Cradock, die dem Gericht zu seinem Siegeszug verhalf.
Die Soße ist alles
Was die Soße betrifft, scheiden sich nicht nur die Geschmäcker, sondern auch die Kulturen. „Die Sauce ist alles“, soll etwa der britische Starkoch Nigel Slater zum Shrimpscocktail gesagt haben. Nur Mayonnaise und Ketchup zu mixen, ist jedenfalls zu wenig. Zwar ist Mayonnaise eine unverzichtbare Zutat des Shirmpscocktails – aber längst nicht alles. Das Um und Auf sind die Gewürze. Nigel Slater legt es beispielsweise eher puristisch an: Neben Mayonnaise und Ketchup würzt er nur mit Tabascosoße. Im legendären Golden Hotel kam weiters Worcestershiresoße und Zitronensaft dazu. In anderen Rezepten zählt wiederum Meerrettich als essenzielle Zutat.
Soße und Salatblatt
In Großbritannien ist die typische Soße für den Shrimpscocktail die sogenannte „Marie Rose“. Bei ihr macht schwarzer Pfeffer als Würze den Unterschied. Ansonsten wird diese traditionelle Soße aus Mayonnaise, Tomatenmark oder auch Ketchup, Worcestershiresoße und Zitronensaft gemischt. Manchmal kommt auch ein Spritzer Sherry oder Brandy dazu.
Und nicht mal beim Anrichten des Shrimpscocktails geht es ohne Unterschiede. Manche mischen die Shrimps mit der Soße und füllen die Mischung ins Cocktailglas. Andere portionieren Krabben und Soße extra. Was aber auf keinen Fall fehlen sollte: Ein Blatt Eisbergsalat. Diesen Luxus fürs Auge kann man sich ruhig gönnen.
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