Lebensmittel aus dem Müll
Matthias R. schließt die Tür zum Müllraum auf. Ein dumpfes Licht geht an. Er öffnet den schwarzen Container und fischt zwischen Plastiksäcken einen Tramezzini-Aufstrich und einen Pudding heraus. "Wir kaufen keine Desserts mehr, weil hier jeden Tag was drinnen ist. Sogar Plundergebäck und süße Striezel."
Der 27-Jährige kommt gerade von der Arbeit. Auf dem Weg zur Wohnung macht er täglich einen Abstecher in den Müllraum seines Wohnhauses. Ein nahe liegender Supermarkt entsorgt hier seinen Abfall – das meiste davon ist essbar. "Unfassbar", findet der junge Mann.
Im Abfallraum seines Wohnhauses trifft Matthias oft auf Dumpster-Gruppen. "Die meisten machen nur einen Zwischenstopp. Es gibt nicht so viel zu holen wie bei den großen Supermärkten." Bei diesen Begegnungen wird die Tonne durchsucht und die Beute unter den Anwesenden aufgeteilt.
Im Wiener Abfallwirtschaftsgesetz gibt es diesbezüglich eine klare Regelung: Laut Paragraf 9 Absatz 1 wird der „Eigentumsübergang“ der Abfälle geregelt, demnach gehen Abfälle mit dem ordnungsgemäßen Einbringen in die dafür vorgesehenen Sammelbehälter der öffentlichen Müllabfuhr und der öffentlichen Altstoffsammlung in das Eigentum der Gemeinde Wien über. Gemäß § 20 Abs. 1 ist das Entleeren der bereits im Sammelbehälter befindlichen Abfälle, welches nicht im Rahmen der öffentlichen Müllabfuhr durchgeführt wird, verboten. Wer das trotzdem tut und Schlösser von Containern oder Abfallräumen aufbricht oder beschädigt, macht sich strafbar.
Matthias fühlt sich auf der sicheren Seite. Er hat keine Bedenken, wenn er ab und zu etwas aus der Mülltonne in seinem Wohnhaus fischt. Den Pudding lässt er heute in der Tonne. "Wir haben noch einiges im Kühlschrank, das verbraucht werden muss. Wir gehen ja auch normal einkaufen. Nur gewisse Dinge finden wir hier täglich – es ist schade darum."
"Wir verstehen nicht, warum die Geschäfte die Ware nicht reduziert anbieten. Ich war eben dort, um Käse zu kaufen. Im Kühlregal war nichts herabgesetzt. Draußen in der Tonne liegen die Joghurts."
Gezielt einkaufen: Ein Blick in den Kühlschrank und eine Liste helfen dabei, nur das Nötigste zu kaufen. Vorsicht: Wer mit leerem Magen einkaufen geht, kauft automatisch mehr und oft Dinge, auf die er Gusto hat. Und: Nehmen Sie eine Kühltasche mit. Die Kühlkette wird nicht unterbrochen, Lebensmittel halten länger.
Richtig lagern: Am besten kühl, trocken und lichtgeschützt. Reinigen Sie Brotdosen, Vorrats- und Kühlschrank regelmäßig mit heißem Wasser und einem Schuss Essig. Lebensmittel mit jüngerem Haltbarkeitsdatum sollten griffbereit vorne stehen. Frische Lebensmittel sollten schnell verbraucht, geöffnete im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Verbrauchsdatum und Ablaufdatum beachten: Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist ein Richtwert, wie lange ein Lebensmittel ungeöffnet haltbar ist. Produkte müssen nach Ablauf des MHD nicht sofort entsorgt werden. Sauerrahm, Joghurt oder Nudeln sind meist weit über das MHD genießbar. Vor dem Verzehr sollte man deren Aussehen, Geruch und Geschmack der prüfen. Vorsicht gilt hingegen beim Verbrauchsdatum. Es befindet sich auf leicht verderblichen Lebensmitteln, wie Faschiertem oder gekühlten Fertigprodukten. Ist das Datum auf der Kennzeichnung "verbrauchen bis" überschritten, sollte man die Ware nicht mehr essen.
Teilen & Tauschen: Wer übrig gebliebene Lebensmittel oder einen Überfluss an Speisen von einer Party oder den Feiertagen hat, kann sie auf der Online-Plattform myfoodsharing.at anbieten – einem Tauschplatz für Lebensmittel. Eingeloggte Nutzer können die Ware auswählen, Anbieter kontaktieren und einen Abholort vereinbaren. Kooperationspartner sind die Wiener Tafel und das Lebensministerium. Die Initiative stammt von Filmemacher Valentin Thurn, der 2011 in "Taste The Waste" die globale Lebensmittelverschwendung thematisierte.
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