Die unpopuläre Politik des Jesus C.

ABD0044_20150330 - SALZBURG - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Palmkätzchen eines Oster-Palmbuschen am Montag, 30. März 2015. Mit dem gestrigen Palmsonnta gund der Palmweihe, hat die Karwoche begonnen. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Auf den letzten Tagen Christi basiert das Christentum. Was damals geschah, zeigt Parallelen zum Heute.

Ostern ist mehr als das höchste Fest des christlichen Glaubens – es ist die Gründungsidee. Zwischen Palm- und Ostersonntag geht es um das selbst gewählte Leid Christi zur Rettung der Menschheit. Erst durch Tod und Auferstehung wurde aus seinem Leben eine Religion, sein Verhalten in der Karwoche erzählt von Demut und Macht. Der KURIER sieht sich in einer Serie die Schritte an und fragt: Was gilt davon heute noch und in welcher Form?

Man müsse die Geschehnisse in einem Verlauf sehen, betont Dominik Orieschnig. Der Jurist und Sprecher der Diözese Eisenstadt zog zuletzt mit Bischof Ägidius Zsifkovics im Buch "Von A bis Z – Gott begegnen in der Welt von heute" (Tyrolia) Analogien zwischen theologischen Inhalten und unserer Zeit. "Jeder Tag der Karwoche dient als Vorbereitung auf den nächsten, sie interagieren miteinander." So wie die Evangelien als "Rollenspiel der Menschheit" zu verstehen seien, ist es auch diese Zeit: "In der Karwoche sind alle Archetypen dieser Menschen versammelt. Dazu alle großen Themen: Macht, Ohnmacht, das Verhalten von Männern und Frauen." Und besonders jenes von Massen.

Massen-Spektakel

Die elektrisierte Masse stand gleich am Anfang der Karwoche im Vordergrund: Jesus zog auf einem Esel nach Jerusalem und wurde wie ein König gefeiert. Die Menschen gedachten traditionell der Befreiung der Juden und erhofften den neuen Messias an diesem Tag. Christus passte nach einigen vollbrachten Wundern ins Bild. Orieschnig weist auf den Grat hin, der die ganze Osterwoche gilt: "Er erlebt einen pompösen Einzug, aber nicht auf dem Streitwagen. Wobei die weiße Eselin aus dem Gestüt Davids zugleich ein edles Tier war, aber mit dem Symbolcharakter des Lastenträgers." Jesus stellt sich mit der Ankunft nicht nur dem Konflikt mit seinen Kritikern – er wird ja von den Eliten schon angefeindet – sondern auch klar, wofür er steht: Ja, ich bin der Heilsbringer, aber in Demut. "In den folgenden Tagen wird er demnach nicht wie erwartet eine Lösung exekutieren, sondern immer wieder von seinen Anhängern verlangen: Ändert euch selbst!"

Die unpopuläre Politik des Jesus C.
Dominik Orieschnig, Diözese Eisenstadt, honorarfrei
Diese Idee der radikalen Selbstreflexion kommt in Religion und Philosophie immer wieder auf: "Frag nicht, was die Welt für dich tun kann, sondern was du für die Welt tun kannst." Und ist für Orieschnig auch aktuelles Thema: "Jesus bringt keine Lösungen. Ein Politiker wird heute nicht besonders reüssieren, wenn er sagt: Liebt, verzichtet und seid demütiger." Eine Parallele zur aktuellen Flüchtlingsdebatte drängt sich auf: Der neue Nationalismus ist auch eine Folge der Verlustangst.

Die Entwicklung

Jesus weiß aber auch, dass die jubelnde Masse Spektakel sehen will, schließlich erweckte er ja gerade Lazarus von den Toten. Am Montag wird er ziemlich zornig und vertreibt Händler und Geldwechsler aus dem Tempel. "Ihm ging es um das Heilige, das beschmutzt wird. Das Haus seines Vaters wurde für menschliche Interessen missbraucht – und die waren schon damals meist wirtschaftliche Interessen." Wieder eine Analogie zu heute.

Die weitere Karwoche wird allerdings zeigen, dass die Masse am Messias zweifelt, wenn er zur erwähnten inneren Einkehr auffordert, statt zu poltern. "Der Fall vom Heilsbringer zum schlimmsten Verbrecher, der sogar am Kreuz hingerichtet wird, passiert binnen weniger Tage", erklärt Orieschnig und betont die Dimension des Glaubens in dem Zusammenhang, siehe Johannes-Evangelium (12, 42f.): "Auch von den Oberen glaubten viele an ihn; aber um der Pharisäer willen bekannten sie es nicht, um nicht aus der Synagoge ausgestoßen zu werden. Denn sie hatten lieber Ehre bei den Menschen als Ehre bei Gott."

Dennoch lebte Jesus am Mittwoch noch im Schutz der Masse. Die politische Führung hatte Angst, mit seiner Verhaftung das Volk aufzubringen. Aber heute vor über 2000 Jahren geschah noch etwas: Judas bietet den Hohepriestern den Verrat an. Der Anfang vom Ende.

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