Die Aliens sind schon unter uns

Die Aliens sind schon unter uns
Monokulturen und der Klimawandel fördern die Ausbreitung gebietsfremder Arten. Ihre hervorragendste Eigenschaft: Sie sind Opportunisten.

Was ist denn das? Die Geschichte einer jeden neu entdeckten Art beginnt mit einer schlichten Frage. Die Voraussetzung dafür: Man muss die Tausenden bei uns heimischen Arten gut kennen, um etwas Neues überhaupt als solches identifizieren zu können. Das kann ein unscheinbares Gras sein, das dem Botaniker Franz Essl heuer in Oberösterreich aufgefallen ist und das er nicht bestimmen konnte. Vermutlich aber stammt es aus Amerika.

Oder die aus Asien stammende Stechmücke Aedes albopictus, die Virus-Erkrankungen wie Dengue und Chikungunya überträgt, und im vergangenen Mai im Burgenland erstmals nachgewiesen wurde. Übrigens eine erwartete Ankunft, nachdem sie schon in Italien aufgetaucht war. Die Weibchen der Tigermoskitos legen ihre Eier gerne in unbenutzte Autoreifen ab. Wenn sich darin nach Regen kleine Lacken bilden, können sich aus den Eiern Larven entwickeln.

Vor wenigen Tagen machte die Meldung über räuberische Schwarzmundgrundeln in der Donau die Runde. Mehr als 40 Fischarten sind bedroht, da der Neo-Räuber ihnen die Eier wegfrisst und sich selbst sehr stark vermehrt. "Im Grunde ist das ein alter Hut, die Art wurde bereits 1999 entdeckt", sagt Wolfgang Rabitsch, Österreichs führender Experte für Aliens im Tierreich.

Der mögliche Schaden für die Fischerei durch den Vielfraß ist dennoch nicht zu vernachlässigen, da der Neuankömmling mit den begradigten Ufern besser zurechtkommt als heimische Speise-Fische. Eingeschleppt wurde der Fisch von Frachtschiffen.

Was tun?

Die wirksamste Gegenmaßnahme gegen die Schwarzmundgrundel ist laut Rabitsch der Rückbau der harten Donau-Uferverbauung, wie es unterhalb von Wien schon gemacht wird. "Solche Rückbaumaßnahmen passieren zwar in der Regel aus anderen Gründen. Das Zurückdrängen gebietsfremder Arten ist aber ein wertvoller Nebeneffekt für die Artenvielfalt."

Die überwiegende Zahl der Neuankömmlinge verschwindet binnen kürzester Zeit wieder. Allen erfolgreichen Eindringlingen gemein ist ihre Anspruchslosigkeit. Gefördert wird die Alien-Ausbreitung auch durch den Klimawandel. "Die Faunen in Europa und Nordamerika gleichen sich an. Während die Spezialisten, die seltenen Arten, zurückgehen und langfristig verschwinden."

Manche Art, die ursprünglich zur Schädlingsbekämpfung eingeführt wurde, entpuppt sich als Bosnigl. Wie der asiatische Marienkäfer, der in manchen Gebieten Europas alle andere Marienkäfer-Arten verdrängt hat.

Was bedeutet fremd?

Die Aliens sind schon unter uns

Was bedeutet überhaupt fremd? Alle Arten, die bereits zur Eiszeit da waren gelten als heimisch. Um als Alien zu gelten, müssen sie durch die Mithilfe des Menschen in das neue Gebiet gelangen. Die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen der Neuen sind nur in zehn Prozent der Fälle bekannt.

Kein Eindringling, sondern ein Rückkehrer ist übrigens der Goldschakal. Die sogenannten Rohrwölfe werden seit einiger Zeit wieder im Burgenland beobachtet.

Neuseeland-Hirsch und US-Star

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Die Auslandskarriere des in Österreich heimischen Stars begann vor mehr als 100 Jahren. Im New Yorker Central Park. "Die ersten Tiere wurden bewusst ausgesetzt", sagt Alien-Experte Wolfgang Rabitsch vom Wiener Umweltbundesamt (Abteilung Biologische Vielfalt und Naturschutz). Heute ist der Star der häufigste Vogel in Nordamerika. Er verdrängt heimische Vogelarten von deren Brutplätzen und verursacht Schäden von mehreren Hundert Millionen Dollar jährlich in der US-Landwirtschaft. Stare gehören laut der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) zu den 100 größten Invasoren weltweit.

In Europa sind insgesamt rund 11.000 gebietsfremde Arten bekannt, davon rund zwei Drittel Pflanzen und ein Drittel Tiere. Rund 1300 Arten gelten als invasiv, sie schädigen die Umwelt und gegen manche werden Maßnahmen gesetzt.

Invasionsökologe Wolfgang Rabitsch vom Umweltbundesamt nennt weitere Fälle von Alien-Exporten aus Europa nach Übersee: den Rothirsch , der sich seit Beginn des vorigen Jahrhunderts in Neuseeland hält, die Kaninchen von der Iberischen Halbinsel, die in Australien immer noch eine schlimme Plage darstellen. Dazu kommen Rotfuchs, der zur Eindämmung der Kaninchenplage eingeführt wurde, und wild lebende Nachkommen von Hauskatzen sowie Wildschweine, die auch in den USA vorkommen.

INFO

Im September findet in Spanien ein Neobiota-Kongress statt, an dem 300 Invasionsökologen teilnehmen. Gesucht werden effiziente Maßnahmen gegen "alien species".

Weiterführende Links

Fakten zu den Neuen

Zahlen Aktuell sind in Österreich 650 Tierarten nicht-heimischer Herkunft anzutreffen (1,4 Prozent der in Österreich bekannten Tierarten). Der Anteil gebietsfremder Pflanzen beträgt 30 Prozent. Der Schaden durch die Invasoren: 12 Mrd. € im Jahr in Europa.

Buchtipp Einen fundierten Überblick über die Ausbreitung neuer Arten liefert Ingo Kowarik: "Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa." Ulmer Verlag. 53,87 €.

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