Die 10 Irrtümer zum PISA-Test

Die 10 Irrtümer zum PISA-Test
Serie: (Teil 3) KURIER-Vorabdruck aus dem neuen Buch Die PISA-Lüge.

LÜGE 1: PISA 2009 war für Österreich ein Desaster. Österreich belegte Platz 31 unter 34 Nationen. Nur in drei Ländern wird schlechter gelesen als in Österreich.
Falsch! In Wahrheit rangiert Österreich seit PISA 2009 in seiner schwächsten Disziplin, dem Lesen, auf Platz 38 - aber von 65. Verglichen wurden nämlich nicht 34, sondern 65 Nationen. In Österreich wurden die meisten dieser Länder aus dem Ranking gefiltert - mit dem Argument, dass es sich bei diesen ja nicht um "Kernländer" der OECD handle. Also: Beim Lesen (Österreich in Wahrheit auf Platz 38) liegen 27 Nationen hinter uns. Bei den Naturwissenschaften (Österreich auf Platz 30) sind es 35. In Mathematik, wo Österreich Platz 24 erreichte, reihen sich sogar 41 Länder hinter uns ein.

LÜGE 2: PISA zeigt, wie Österreichs Schülerinnen im internationalen Vergleich dastehen.
Falsch! PISA ruft nicht Leistungen der Schüler bzw. Schülerinnen eines Landes ab, sondern lediglich jene eines einzigen Jahrgangs. Aufgrund unseres dualen Schulsystems testet Österreich Schülerinnen, die zum Beispiel nur noch eine halbe Stunde Deutsch pro Woche haben, eben weil sie in genau diesem Alter am Beginn ihrer Berufsausbildung stehen.

LÜGE 3: PISA bezeugt ein Versagen unserer Lehrerinnen, die "zu viel und zu schlecht unterrichten".
Falsch! Dazu der Direktor von PISA-Österreich, DDr. Günter Haider: "Die Lehrerschaft kann nicht besser sein, wenn Personalauswahl, Ausbildung und Rahmenbedingungen so sind, wie sie sind. Oft leisten Lehrer - vor allem in den Pflichtschulen - Schwerstarbeit, weil wir die schlechten Leser gezielt aussortieren und in Gruppen der Schwächsten zusammenfassen.

LÜGE 4: Ein Vergleich der Leistungen heimischer Schülerinnen mit denen von Kindern "mit Migrationshintergrund" beweist: Österreichs Bildungsmisere geht quer durch alle Schichten.
Falsch! So heißt es im Kleingedruckten zum PISA-Prozedere: "Jugendliche, die zumindest einen in Österreich geborenen Elternteil haben, werden von der OECD zu den einheimischen Schülerinnen und Schülern gezählt." Dass die Analyse der PISA-Ergebnisse ganz anders ausgefallen wäre, wenn man die tatsächlich gepflogenen Muttersprachen herangezogen hätte, lässt ein Blick auf Wiens Schülerpopulation ahnen: 62,8 Prozent der Schüler in Wiens Hauptschulen (alias: KMS) sind ausländische Schüler oder inländische mit nichtdeutschen Muttersprachen.

LÜGE 5: Türkische Früchtchen bringen keine schlechteren Ergebnisse als heimische.
Falsch! Offiziell machen "Ausländer-Kinder" 15 Prozent aus. Betrachtet man sie als homogene Gruppe, liegen sie um fast zwei Lernjahre (!) hinter den "heimischen" zurück. Selbst wenn man die Schichtunterschiede statistisch ausgleicht, also heimische Kinder aus sogenannten bildungsfernen Schichten mit Ausländerinnen-Kindern aus dieser Schicht vergleicht, kommen die Ausländerinnen-Kinder auf um ein Drittel schlechtere Ergebnisse.

LÜGE 6: Her mit den verpflichtenden Deutschkursen! Wenn Ahmet, Kevin und Snezana endlich akzentfrei Käsleberkässemmel sagen können, geht es wieder aufwärts!
Falsch! Deutsch lernt ein Kind in einer deutschsprachigen Umgebung. Und: Der richtige Schlüssel zum nachhaltigen Erlernen einer Sprache ist Muttersprachenunterricht.

LÜGE 7: Lesen lernt man in der Volksschule. Die Volksschule in Österreich ist eine Gesamtschule. Also zeigt PISA ein Versagen der Gesamtschule!
Falsch! Lesen lernt man in Österreich immer noch primär im Elternhaus. Die Wohnpolitik in den Ballungsräumen und die Einkommensverhältnisse der Eltern sorgen dafür, dass es Volksschulen gibt, in denen die höheren Töchter und Söhne unter sich sind, während sich in anderen Gebäuden Klassen finden, in denen 30 Kinder drei verschiedene Muttersprachen sprechen.

LÜGE 8: Gegen die schwachen Leistungen der Schülerinnen gibt es nur ein Mittel: Die Eltern müssen stärker ins Gebet genommen werden!
Falsch! Die Bildung muss den Eltern aus den Händen genommen werden. Beim Vergleich der Mittelwerte stellt sich heraus, dass Kinder von Eltern, die selbst hohe Bildungsabschlüsse aufweisen (Akademie, Uni), bis zu 125 Punkte vor Kindern rangieren, deren Eltern nur einen tertiären Abschluss haben, also maximal Pflichtschulabschluss. Ohne Ganztagsbetreuung, durch die den Kindern aus "bildungsfernen Schichten" eine vernünftige Lernumgebung geboten werden könnte, kann die Schule diesen Auftrag nicht erfüllen.

LÜGE 9: Wien ist anders! Die schlechten Ergebnisse der Hauptstadt ziehen die anderen Bundesländer nach unten.
Falsch! Die Wiener Schüler lagen beim Lesen im Schwankungsbereich des Österreich-Schnitts, in Mathematik und den Naturwissenschaften nicht signifikant darunter. Die ausgewiesenen Leistungen der Schülerinnen im Westen des Landes sind schlechter als im österreichischen Durchschnitt. Vorarlberg: Dort können 29 Prozent der Schülerinnen des Jahrgangs 1993 nicht sinnerfassend lesen (Österreich gesamt: 28 Prozent). 35 Prozent der Burschen und 21 Prozent der Mädchen gehören zur Lese-Risikogruppe. Noch schlimmer traf es Tirol: Im Bereich Lesen lagen die Schüler mit 463 Punkten unter dem Österreich-Schnitt von 470.

LÜGE 10: PISA ist der Weisheit letzter Schluss!

Bei PISA die Nase vorne zu haben, heißt noch nichts. Österreichs "Mister PISA", Günter Haider, brachte es gut auf den Punkt: "PISA gibt keinen umfassenden Eindruck. Aber der Test liefert gute Indikatoren, was bei uns falsch läuft. Hinter uns sind nicht mehr viele. Also, packen wir's an!"

Neuerscheinung: "Die PISA-Lüge. Wie unsere Schule wirklich besser wird", Niki Glattauer, Ueberreuter Verlag,19,95 €

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