Das Grab von Tutanchamun: Nofretete muss warten
Eines vorweg: Wir befinden uns noch immer im Stadium der Spekulation. Ist da etwas hinter dem Grab von Tutanchamun? Wahrscheinlich. Handelt es sich um ein anderes Grab? Möglich. Ist es das der Nofretete? Reine Spekulation. So könnte man den Wissensstand rund um die angekündigte Sensation im Tal der Könige zusammenfassen.
Man benötige noch eine Woche für die Analyse der 40 neuen Radarbilder, und Ende April wird nochmals gescannt, sagte Khaled al-Anani. "Nichts wird vor der Untersuchung der Scans bekannt gegeben, um die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit sicherzustellen". Die hat zuletzt ohnedies stark gelitten. Höchste Zeit, die Hintergründe zu beleuchten.
Gibt es einen Hohlraum?
Im Sommer 2015 hatte Nicholas Reeves alles losgetreten. Der Ägyptologe hatte in seiner 16-seitigen Publikation The Burial of Nefertiti? argumentiert, das Tutanchamun-Grab sei viel zu klein und erinnere im Aufbau eher an ein Königinnen-Grab. Es müsse also weitere Kammern geben. Eine davon beinhalte das Grab der Nofretete.
Andere Experten sind bei Weitem nicht so überzeugt. So verlautet aus Forscherkreisen, dass die Bilder, was die Darstellungsqualität betreffe, an die frühen 1990er-Jahre erinnern. Up-to-date schaut anders aus.
Eldamaty weiter: Die Auswertung habe auch ergeben, dass die Kammern wahrscheinlich Metalle und organisches Material enthalten. Der KURIER hat auch diese Behauptungen einem Faktencheck unterzogen und unabhängige Experten gebeten, einen Blick auf die Aufnahmen zu werfen. Ergebnis: Man könne aus Scans keinesfalls auf die Beschaffenheit des eventuell dahinterliegenden Materials schließen. Das Einzige, worüber gute Radar-Aufnahmen Auskunft geben: Ob dahinter ein Hohlraum liegt oder nicht. Löcher entstanden aber auch, weil man nicht punktgenau viereckige Räume in einen Felsen hauen konnte. Oft wurden Wände aufgestellt, um Bau-Sünden zu kaschieren. Hohlräume wären dann einfach – Hohlräume. Auch über die Größe geben derartige Messungen üblicherweise keine Auskunft. Das wäre physikalischer Unfug.
Ein kleines Loch in die Wand bohren
Doch wozu diese Bekanntgabe von längst Bekanntem? Eldamaty wollte – weil eine Regierungsumbildung drohte – gut dastehen. Genutzt hat es ihm nichts. Der neue Antikenminister heißt Khaled al-Anani, ist ebenfalls Archäologe und hielt gestern die "Sensation" am köcheln.
Zum Schluss nochmals eine Rückkehr ins Land der Spekulationen: In einem Monat, hört man gerüchteweise, soll ein 2,5 mm großes Loch in die Wand im Tut-Grab gebohrt und eine Kamera durchgesteckt werden – vorsichtig, damit die informationsgeschwängerte mehr als 3000 Jahre alte Luft nicht einfach entweicht. Dann, ja dann, wird man es endlich genau wissen. Oder?
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