Am ersten Schultag verstand sie nur „Nachbar in Not“

Sie war 14, gut in der Schule, glücklich mit der Welt und ihrer Familie: „Meine Eltern waren Lehrer. Wir waren erst kurz zuvor in ein kleines Haus am Stadtrand von Brčko gezogen.“

Brčko, damals in Jugoslawien, heute in Bosnien. Am 1. Mai 1992 wurde die Brücke über die Save gesprengt. Wenige Tage zuvor war ihre Familie nach Wien gefahren. Wie so viele „nur für ein paar Tage“. Aus den paar Tagen wurde ein Sommer, ein ganzes Jahr. Wurden viele Jahre.

„In Wien war vieles anders“, erinnert sich die Architektin Amila Sirbegović. Die Schule, die Lehrer, die Mitschüler – sie verstand am ersten Schultag nicht viel mehr als „Nachbar in Not“.

Sirbegović ist heute das, was Sozialwissenschaftler gut integriert nennen. In den Sommerferien 1992, als sich unsereins die Sonne auf den Bauch scheinen ließ, hat sie in privaten Kursen Deutsch gelernt. „Meine Eltern wussten nur zu gut, dass die Sprache der Schlüssel zum Glück ist.“ Als Gebietsbetreuerin an der Ottakringer Straße bemüht sie sich heute um mehr gegenseitiges Verständnis.

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