Algerien: Frauen lassen sich den Bikini nicht verbieten

Symbolbild.
In Algerien kämpfen Frauen für das Recht, den Strand in der Badebekleidung ihrer Wahl besuchen zu dürfen.

Algerische Frauen wehren sich gegen das unausgesprochene Bikini-Verbot an den Stränden des nordafrikanischen Landes. Initiiert wurde der Protest von einer jungen Frau namens Sara, die vor wenigen Wochen eine geschlossene Gruppe auf Facebook gründete, in der sich Frauen über das Thema austauschen können. Das berichten unter anderem die britische Zeitung The Telegraph und die französische Zeitung Le Figaro unter Berufung auf ein Interview, das Sara (Pseudonym) der algerischen Zeitung Le Provincial gab.

Nicht verboten, aber verpönt

Im Interview wehrt sich die 27-Jährige dagegen, dass normale Badebekleidung auf algerischen Stränden sozial geächtet ist. Zwar sind Bikinis oder Badeanzüge offiziell nicht verboten, der Bikini, als Symbol westlicher Gepflogenheiten und Werte, wird jedoch von vielen Männern abgelehnt. Aus Angst vor verbalen Angriffen würden es viele Frauen nicht wagen, im Bikini baden zu gehen.

Das musste Sara auch am eigenen Leib erfahren. Als sie im Juni nach dem Ende des Ramadans mit ihrer Familie den Strand besuchte, war sie von der dort vorherrschenden Atmosphäre derart eingeschüchtert, dass sie sich nicht traute sich im Bikini zu zeigen. Daraufhin gründete sie die eingangs erwähnte Facebook-Gruppe, die mittlerweile über 3.000 Mitglieder zählt.

Am 5. Juni, jenem Tag an dem Algerien im Jahr 1962 seine Unabhängigkeit von Frankreich erklärte, trafen sich schließlich rund 40 Frauen an einem Strand in der Umgebung der abgelegenen Küstenstadt Annaba, um ihrem Anliegen im Bikini Ausdruck zu verleihen. Wenige Tage später schlossen sich am selben Ort an die 200 Frauen zu einem Protest zusammen.

"Gesellschaft sanft aber grundlegend ändern"

Im Interview mit der algerischen Zeitung erklärte Sara, dass sie mit ihrer Initiative nicht auf Schlagzeilen aus sei. Vielmehr sei es ihr ein Anliegen, "die Gesellschaft sanft, aber grundlegend zu ändern". "Das kann nur erreicht werden, wenn die Menschen sich daran gewöhnen etwas zu sehen, das noch immer als etwas Verbotenes erachtet wird. Wir wollen nicht ihre Sicht der Dinge ändern, sondern einfach nur Toleranz und Akzeptanz anderen gegenüber erwirken", so Sara.

Derzeit organisiert die junge Frau zwei Strandbesuche pro Woche und lädt Frauen via Facebook dazu ein, sich in der Badebekleidung ihrer Wahl an den Strand zu begeben. Auf Twitter verbreiten sich unterdessen Postings von Frauen, die an den Aktionen teilnehmen oder ihre Unterstützung für die Initiative zum Ausdruck bringen:

Bikini vs. Burkini

Während Frauen in Algerien dafür kämpfen, im Bikini an den Strand gehen zu dürfen, wird in Frankreich und anderen Teilen Europas nach wie vor das Thema Burkini diskutiert. Vergangenes Jahr waren es Frankreichs Strände, die zum Schauplatz eines erbittert geführten Konflikts wurden. Mehr als 30 Gemeinden verhängten damals ein Burkini-Verbot, ehe das oberste französische Verwaltungsgericht entschied, dass das Tragen des muslimischen Ganzkörper-Badeanzugs nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoße. In der südfranzösischen Küstenstadt La Ciotat ging der Konflikt kürzlich in die nächste Runde. Wie das Kollektiv gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich (CCIF) berichtet, soll eine Muslimin aus dem Swimmingpool ihres Ferienhauses geworfen worden sein, weil sie einen Burkini trug (mehr dazu hier).

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