Zwischen Tablettensucht und Bestürzung

Billie Joe Armstrong, Sänger und Songwriter von Green Day.
Green Day bringen ihr neues Album "Revolution Radio" zum Nova Rock 2017 mit

Vor zwei Jahren kam Green-Day-Sänger Billie Joe Armstrong auf der 8th Avenue in New York in einen Stau. Eine Demo gegen die Entscheidung des Geschworenengerichts, den Polizisten nicht anzuklagen, der in Ferguson den 18-Jährigen Michael Brown erschossen hatte, legte den Verkehr lahm.

„Ich stieg aus und marschierte mit“, sagt Armstrong. „Ich wollte Teil des Protestzuges sein, den auch das ist Punk-Rock für mich. Punk bedeutet, dass man das System kritisiert, hinterfragt und versucht, die Menschen aus ihrer Wohlfühlzone zu holen. Punk ist konstruktiver, als ein Slogan wie ,Fuck The System’.“
Deshalb verarbeitete der 44-Jährige diesen Vorfall im Titelsong des brandneuen Green-Day-Albums „Revolution Radio“. Damit kehren Armstrong, Bassist Mike Dirnt und Drummer Tré Cool ausufernden Konzeptalben den Rücken. Es gibt zwölf Songs mit viel Energie – schnell, direkt und so melodiös wie immer und hörbar lustvoll interpretiert.

Zwischen Tablettensucht und Bestürzung
The Rock group Green Day, Mike Dirnt, (L), Billie Joe Armstrong, (C), and Tre Cool arrive for the 2012 MTV Video Music Awards in Los Angeles, in this September 6, 2012 file photo. Green Day, rockers Nine Inch Nails and singer Sting are among the 2015 nominees announced October 9, 2014 for induction into the Rock and Roll Hall of Fame. REUTERS/Danny Moloshok/Files (UNITED STATES - Tags: ENTERTAINMENT)

Diese Spielfreude werden die Punker nächstes Jahr auch beim Nova-Rock-Festival zeigen, das von 15. bis 17. Juni in Nickelsdorf stattfindet.Denn für explosive Live-Auftritte ist der Sound von „Revolution Radio“ ein Garant.
Aber auch wenn das Album kein Konzept-Werk ist, den politischen und sozialen Themen bleibt Armstrong dabei treu: „Ich bin genauso verwundert und bestürzt wie alle anderen darüber, dass bei uns Schwarze ungestraft von der Polizei erschossen werden, dass Donald Trump als Präsident kandidieren kann und dass überall dieses Chaos herrscht.“

Amokschütze

Am beeindruckendsten ist dabei der Text von „Bang Bang“, den Armstrong aus der Sicht eines Amokschützen geschrieben hat. „Ich lebe in San Francisco, das ist eine liberale, weltoffene Metropole. New York, wo ich einen Zweitwohnsitz habe, ebenfalls. Ich stelle mir den Charakter von ,Bang Bang’ aber als jemanden vor, der irgendwo zwischen den Küsten lebt. Dort ist es oft regelrecht schauerlich. Staaten wie Utah werden von ultrareligiösen Mormonen regiert. Und in Texas sind die Leute so konservativ und fremdenfeindlich, dass sie am liebsten ihren eigenen Staat gründen und sich von den USA trennen würden. Das ist alles verrückt. Aber als Songwriter bringt es mich auf Ideen."

Vier Jahre mussten die Fans auf seine neuen Ideen warten. Das liegt vor allem an den persönlichen Problemen, mit denen Green Day seit der Veröffentlichung der Trilogie „Uno“, „Dos“ und „Tré“ 2012 zu kämpfen hatten. Armstrong ging auf Entzug, um seine Alkohol- und Tablettensucht zu heilen. Mike Dirnts Frau bekam Brustkrebs, gilt jetzt aber als geheilt. Und Tour-Gitarrist Jason White bekämpfte erfolgreich ein Rachen-Karzinom.

Auch diese Erfahrungen fließen in „Revolution Radio“ ein. Speziell „Still Breathing“ klingt nach einer Erinnerung an Armstrongs Probleme. Dem Rolling Stone erklärte er aber kürzlich: „Ich will nicht so egoistisch sein, ein Lied nur über mich alleine oder spezielle Personen zu schreiben. Ich versuche dabei immer so allgemeingültig zu sein, dass sich auch andere Leute darin wiederfinden können. Wenn so ein Song etwas in ihnen bewegen kann, ist das toll. Aber vor allem hoffe ich, dass er Spaß macht.“

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